Josephus Benedictus Labre, B. (32)

Josephus Benedictus Labre, B. (32)

32B. Josephus Benedictus Labre, (16. April). Dieser Selige ist bereits im I. Bande S. 436 als Benedictus31 behandelt. Da er aber dort noch als Venerabilis steht und bei Gelegenheit seiner inzwischen erfolgten Beatification manche Notizen über ihn erschienen sind, so wollen wir hier sein Leben nochmal geben, um Einzelnes ergänzend beizufügen. Benedict Joseph Labre wurde geboren am 26. März 1748 zu Amettes, einem Dorfe in der Diöcese Boulogne-sur-Mer in Frankreich. Er war das älteste von 15 Kindern, welche den ehelichen Segen seiner Eltern, nämlich des Krämers und Landmannes Johannes Baptist Labre und der Anna Barbara Grandfire, ausmachten. Die frommen Eltern waren nach Auer (S. 5) eben nicht unbemittelt, so daß seine spätere äußerste Armuth als eine selbstgewählte erscheint. Nachdem Benedict Joseph bis ins 16. Lebensjahr die Wissenschaften mit vielem Fleiße getrieben, immer die Andacht damit verbindend, verflog auf einmal all sein Eifer für das Lernen und konnte durch alle Ermahnungen nicht wieder hervorgerufen werden. Er äußerte setzt das Verlangen, sich ganz in irgend einem Orden dem geistlichen Leben zu widmen. Nach Butler (XIX. 411) und Andern ist ein guter Theil dieser Umstimmung der Lesung der Predigten des Johannes736 Lejeune zuzuschreiben, eines Oratorianers, welcher, weil er das Augenlicht verloren hatte, der »blinde Vater« hieß. Sein Oheim, ein Pfarrer zu Erin, Franz Joseph Labre, unter dessen Leitung und in dessen Orte er seit seinem 12. Jahre seinen Unterricht genossen hatte, war im J. 1766 gestorben, und nun kehrte Benedict Joseph, welcher besonders die letzten Jahre bei seinem Oheime in der Frömmigkeit immer mehr zugenommen hatte, wieder zu seinen Eltern zurück. Joseph bat sie so lange, ins Kloster la-Trappe (bei dem Flecken Soligny, Dep. Orne) eintreten zu dürfen, bis sie es ihm endlich verwilligten. Aber wegen seiner Jugend und des schwächlichen Aeußern bekam er die Aufnahme nicht. Er war zu Fuß den langen Weg in der rauhesten Jahreszeit hingewandert. Auch sein Ansuchen ein Jahr später hatte keinen andern Erfolg. Hierauf begehrte er im nämlichen Jahre 1767 bei den Carthäusern in Neuville bei Montreville die Aufnahme und erhielt dieselbe. Er mußte aber zuerst Logik studiren und den Gesang der Carthäuser lernen, ehe er eintreten durfte. Er entsprach auch dieser Forderung, die vom Kloster an ihn gestellt war. Aber er war nur 6 Wochen Noviz. Die vielen Gemüthsleiden, welche ihn dort befielen, bestimmten den Prior, ihm den Austritt anzurathen. Mit sehr guten Zeugnissen, die er vom Kloster erhielt, reiste er also am 2. Oct. 1769 nach Empfang der heil. Sacramente ab. Nachdem er zum 3. Male eine Bitte in la-Trappe gestellt, aber aus den nämlichen Gründen, wie die vorigen Male, eine Abweisung erhalten hatte, meldete er sich in Septfontaines, einem Cistercienserkloster von strenger Zucht. Schon am 11. Nov. 1769 wurde ihm die Bitte gewährt. Bald war er eingekleidet und hatte den Namen Urban. Aberbald erkrankte er so sehr, daß die Aerzte ihm riethen, das Kloster zu verlassen, da er bei seiner schwachen Leibesbeschaffenheit im Orden doch nicht bleiben könne – eine Ueberzeugung, welche auch seine Oberen aussprachen. So ergriff er also wieder den Wanderstab, wollte aber nicht nach Hause. Am 31. Aug. 1770 schrieb er aus dem Piemontesischen an seine Eltern und theilte ihnen seine neuen Schicksale und seinen Entschluß mit, nie wieder nach Hause zu kommen. Er hatte jetzt eine ganz andere Absicht. Mit Billigung seiner Beichtväter, deren die meisten seinen Vorsatz nicht verwarfen, wollte er nun die heiligen Orte der katholischen Kirche als Pilger besuchen. Noch im J. 1770 besuchte er Loretto, dann Assisi und Rom. Schlechte Wege, schlechte Kleidung, schlechte Jahreszeit kümmerten ihn wenig; um die Nahrung war er ohne Sorge. Immer ging er zu Fuß. Im J. 1771 (nach Auer im Mai, nach Burgener aber im Sept.) ging er von Rom aus, wo er bis dahin geblieben war, wieder nach Loretto, welches er von da an alle Jahre (im Ganzen 11 Mal) besuchte, und das seine Lieblingsstätte wurde. Auf dem Wege nach Loretto besuchte er Fabriano, wo er den Leib des hl. Abtes Romuald, des Gründers der Camaldulenser, verehrte. Zu Ende des Jahres 1771 ging der Selige nach Bari im Neapolitanischen, zu dem berühmten Heiligthume des hl. Nikolaus. Von da begab er sich nach Neapel, um dort an der Ruhestätte des hl. Januarius79 seine Andacht zu verrichten. Hernach wendete er sich ins Toscanische auf den Berg Alverno, wo der hl. Franciscus12 mit den Wundmalen begnadigt worden. Von da wanderte er in die Schweiz zu der berühmten Wallfahrt Mariä Einsiedeln, welche er innerhalb weniger Jahre 5 Mal besuchte. – In Einsiedeln war er das letzte Mal im J. 1776. Auch nach Constanz und Luzern kam er. – Er besuchte dann dieangesehensten Wallfahrtsorte in Deutschland und Frankreich. Im J. 1775 ging er des Jubiläums wegen nach Rom, wo er vom Sept. bis zum Ende des Jahres blieb. Auch nach dem Berge Gargano im Neapolitanischen pilgerte der Selige seiner Zeit, wie uns bei Butler angegeben wird. Die Analecta Juris Pontificii (II. 2385), welche gleichfalls, jedoch sehr kurz, sein Leben beschreiben, geben auch Spanien an, wohin Benedict Joseph gepilgert sei. Nachdem derselbe nun im Juli 1776 von Einsiedeln fortgegangen war und wieder in Rom sich eingefunden hatte, machte er keine andern Pilgerfahrten mehr, als seine gewöhnliche alljährliche nach Loretto. Im 3. Kap. der Lebensbeschreibung schildert Auer die Tugenden des Seligen, namentlich seine Liebe zur Armuth (S. 27), welche die vorzüglichste seiner Tugenden bildet, in deren Bethätigung er die zerlumpteste Kleidung, das erbärmlichste Lager etc. gerne duldete und zur Nahrung oft nur Weggeworfenes, z.B. Orangenschaalen, Stengel von Broccoli, an. gefaulte Früchte etc. gebrauchte (S. 29), von geschenktem Essen nur Weniges genoß, das Uebrige andern Armen gab; nur Wasser an den öffentlichen Brunnen trank, deren es in Rom überall gibt, Geld nie mehr behielt, als er zu seinem elenden Unterhalte bedurfte, und wenn er mehr empfangen hatte, es an Arme vertheilte oder in einen für die Armen bestimmten Opferkasten warf, wie sie an deu Kirchenthüren stehen. Dann wird seine Demuth geschildert, und sein Gehorsam, namentlich gegen seine Gewissensführer und gegen den Aufseher im Armenspitale zu Rom, als der Selige in demselben wohnte. Weiter wird dann geschildert seine Tugend der Reinigkeit, seine Gottesliebe, der zu Folge er ängstlich jede Sünde mied und aller Andacht freund war, so wie seine Nächstenliebe auch auf die leidenden Seelen im Fegfeuer erstreckte. Seine Aufopferung war z.B. so groß, daß er oft die Suppe, die er zuweilen an einer Klosterpforte erhielt, sich entzog, um sie einem andern Armen zu geben, der sie, wie er glaubte, noch nothwendiger habe. Sein Glaube wird auf S. 46 beschrieben, und groß muß er bei einem Solchen gewesen seyn, der sich ganz von dieser Welt entfernt hatte und nothwendig an die andere jenseitige sein Herz heftete. Nicht minder groß muß sein Hoffen und sein Vertrauen (S. 49) gewesen seyn. Uebrigens erreichte der Selige nicht viele Jahre. Im J. 1783 zu Anfang der Fasten hatte sich Benedict Joseph eine Verkältung mit heftigem Husten zugezogen. Er setzte gleichwohl seine Andachtsübungen in gewohnter Weise fort. Nach und nach aber wurde er in einen Zustand von solcher Schwäche versetzt, daß er einem wandernden Gerippe glich. Zwei Tage vor seinem Tode, nämlich am Montage in der Charwoche, communicirte er in der Kirche des hl. Ignatius mit innigster Andacht und Zerknirschung. Nach der hl. Messe blieb er noch zur Danksagung bei einer andern darauffolgenden hl. Messe in der Kirche. Nachmittags sah man ihn in der Kirche der hhl. Apostel in Andacht vertieft. Am Dienstag brachte er den größten Theil des Tages in der Kirche der hl. Praxedis vor dem hl. Sacramente zu. Am Mittwoch war er, als er sein Zimmer im Hospital verließ, so entkräftet, daß er sich kaum mehr fortzuschleppen wußte. Als ihn der Aufseher bat, er möchte doch nicht ausgehen, er könnte auf der Straße todt hinfallen, erwiederte er, er habe keine Sorge und brauche blos einen Stab zur Unterstützung. Mit Hilfe des Stockes schleppte er sich zur Kirche Maria dei Monti, wo er die hl. Messe hörte und bis gegen 9 Uhr betete. Da verließen ihn seine Kräfte; eine Ohnmacht nöthigte ihn, die Kirche zu verlassen. Matt und erschöpft, setzte er sich auf den äußern Stufen nieder. Hier umringten ihn mitleidige Menschen und erboten sich, ihn heimzuführen. Zaccarelli, ein Fleischer, hob ihn mit Hilfe einiger anderer Leute auf und ließ ihn zu sich in sein Haus tragen das nicht weit entfernt war. Benedict Joseph ward aber während des Tages so schwach, daß er nicht mehr wußte, wo er war, und daher fragte, wohin sie ihn brächten. Als er hörte, man bringe ihn ins Bett, gab er ein Zeichen des Mißfallens und bat, man möchte ihn auf den bloßen Boden legen, was ihm aber nicht gewährt wurde. Man hob ihn von den Armen seiner Träger, legte ihn in seinen Lumpen auf das Bett hin und breitete eine Decke darauf. Zaccarelli hatte indessen nach einem Priester geschickt und dem Benedict Joseph eine stärkende Labung bereiten lassen, die er aber ebenso wenig mehr genießen konnte, als die letzte Wegzehrung. Man reichte ihm also das heil. Sacrament der letzten Oelung. So lag er denn in unbeweglicher Ruhe, die Augen geschlossen, die Hände über die Brust gekreuzt, wie er sie stets auch auf den Straßen trug, den ganzen Tag bis zur Nacht auf seinem Lager da. Viele Leute von der Stadt kamen ihn zu sehen. Zwei Priester beteten abwechselnd mit ihnen die Sterbegebete. Einige Augenblicke vor 8 Uhr Abends hatte man die Litanei der allerseligsten Jungfrau zu beten angefangen, indem Alles auf den Knieen lag. Als die Uhr schlug, und der Priester eben sagte: »Heilige Maria!« die Andern aber anworteten: »Bitt für ihn,« hauchte Benedict Joseph ruhig sein Leben aus, indem er kein anderes Zeichen seines Hintritts gab, als das Aufhören seines schwachen Athems. Es war der 16. April 1783, der Mittwoch in der Charwoche. Benedict Joseph hatte 35 Jahre erreicht. Kaum war er gestorben, als man auf den öffentlichen Plätzen Rom's den allgemeinen Ruf hörte: »Der Heilige ist gestorben.« Am andern Tage strömten eine Menge Leute, Hohe wie Niedere, zum Hause Zaccarelli's und begehrten Einlaß, und das Gedränge nahm in der Art zu, daß Zaccarelli den Leichnam wegzubringen gedachte und um Erlaubniß, ihn in der Kirche St. Maria dei Monti beizusetzen, anhielt, die ihm auch gegeben wurde. Am Abende des Gründonnerstages wurde die Leiche in Procession in diese Kirche getragen. Bis zum Ostersonntage Abends blieb dieselbe in der Kirche ausgesetzt. Es fand ein ungeheurer Zudrang des Volkes statt, so daß man am Charfreitag nicht die hl. Ceremonien dieses Tages hätte halten können, wenn man den Leichnam nicht wieder von den Augen des Volkes weggebracht hätte. Am Ostersonntag geschah die gerichtliche Untersuchung des Leichnams. Am Abende dieses Tages (20. April) wurde er mit Erlaubniß des Cardinalvicars Marco Antonio Colonna an der Epistelseite des Hochaltars in der genannten Kirche St. Maria dei Monti zu den Füßen des Bildes der seligsten Jungfrau bestattet. Am Grabe war nun ein solches Zusammenströmen, daß Militär aufgestellt werden mußte, welches dann dort zwei Monate lang diesen seinen Dienst zu versehen hatte. Seine Lumpen suchte man wie einen Schatz begierig sich anzueignen. Sein Bild fand allgemeine Nachfrage durch die ganze katholische Welt. Bezüglich dieses Bildes berichtet Burgener (II. 483), daß schon bei Lebzeiten desselben ein solches gefertigt wurde. Als nämlich Benedict Joseph im J. 1777 zu Rom vor dem Bilde des Gekreuzigten in Betrachtung tief versunken stand, nahte sich ein geübter Maler, der ihn genau abzeichnete. Bald verherrlichten große Wunder, auf seine Fürbitte gewirkt, den Zeugen des Herrn. Auch Bekehrungen von verstockten Sündern, um die in des sel. Benedict Joseph's Namen gebetet wurde, erfolgten. Nach Butler (XIX. 420) erzählten mehr als 50 Städte plötzlich bewirkte Heilungen, welche durch seine Fürbitte erlangt und so vollkommen bewiesen worden sind, daß auch der anglicanische Prediger Thayer, welcher damals in Rom sich aufhielt, diese Wunder als erwiesen erkannte und in Folge dessen zur katholischen Kirche zurückkehrte. Sogleich nach seinem Hinscheiden wurde der Beatificationsproceß des Dieners Gottes eingeleitet. Am 2. April 1792 bezeichnete Papst Pius VI. die Commission zur Einführung dieser Sache; am 23. Sept. 1807 approbirte die hl. Riten-Congregation die ersten Processe über seine Tugenden und Wunder; am 22. Mai 1842 erließ Papst Gregor XVI. das Decret über den Heroismus seiner Tugenden; am 26. Mai 1859 approbirte Papst Pius IX. die von den Postulatoren proponirten drei Wunder; am 15. Aug. 1859 gab er die definitive Erklärung, daß man zur feierlichen Beatification schreiten könne, und am 20. Mai 1860 d.i. am 6. Sonntag nach Ostern wurde in der St. Peterskirche die feierliche Beatification in ähnlicher Weise wie bei B. Johannes189 Sarcander und B. Johannes199 de Rossi vorgenommen, wie dieß in den Anal. jur. Pontif. (II. 2386 f.) weiter ausgeführt ist. Die Reliquien ruhen in der Kirche St. Maria dei Monti. Den obern Theil des Hauptes ließen Seine Heiligkeit an den Bischof von Arras für dessen Kirche ab, zwei andere Reliquien an die Kirchen zu Boulogne-sur-Mer und Amettes. In dem von uns öfter citirten Büchlein: »Der Bettler von Rom oder Leben des armen Genediet Joseph Labre von M. v. Auer« (Stuttgart 1862), ist er abgebildet mit entblößtem geneigtem Haupte, einen Rosenkranz um den Hals, einen etwas zerrissenen Rock um den Leib, mit auf der Brust gekreuzten Händen und mit der St. Peterskirche im Hintergrunde. †



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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