- Henricus Amandus, B. (9)
9B. Henricus Amandus (Suso), Ord. Praed. Conf. (25. Jan. al. 11. März). Dieser apostolische Mann ist zwar nicht auf feierliche Weise canonisirt, aber dennoch ist sein Name in der ganzen Kirche hoch gefeiert. Sein Leichnam wurde im J. 1613 noch unverfehrt angetroffen. Wenn die dem Protestantismus zugeneigte Stadt Ulm daraus wenig Aufhebens machte, sondern sogleich dessen neue Einscharrung anordnete, so erklärt sich dieses hinreichend aus ihrem Standpuncte; für uns Katholiken muß diese dritthalbhundertjährige Unversehrtheit ein Beweis der hohen Gnade seyn, in welcher Suso bei Gott stand. Der sel. Heinrich Suso, von der göttlichen Weisheit Amandus zugenannt, wurde am 21. März geboren und zwar im J. 1280, nach Andern im J. 1295, nach Echard im J. 1300. Er stammte aus den damals in Constanz und Ueberlingen blühenden alten und vornehmen Geschlechtern derer vom Berg oder Berger väterlicherseits und Säussen, woher sein Beiname Suso, mütterlicherseits. In seiner Jugend sorgfältig erzogen, trat er, 13 Jahre alt, zu Constanz in den Convent des hl. Dominicus. Von Kindheit an zeigte er große Neigung zum frommen Leben, litt aber bis in sein 18. Jahr an einer gewissen Unruhe und Heftigkeit des Gemüthes. Obschon er schwere Sünden sorgfältig mied, schien er sich doch aus den geringern weniger zu machen. Plötzlich fiel ein Strahl göttlicher Gnade in sein Herz, welcher es von allem Sinnlichen und Irdischen vollkommen abwendete. Der Teufel verfehlte nicht, seine Einwendungen zu machen und verschiedene Mittel in Anwendung zu bringen, um diese bessern Vorsätze zu vereiteln. Er setzte ihm in den Sinn, so wichtige Vorsätze dürfe man nicht mit so viel Eile ins Werk setzen, langsam müsse man voranschreiten, damit man nicht mit Schande wieder umzukehren genöthigt sei, nachdem man allzu kühn vorgeschritten wäre; auch dürfe man sich die göttliche Beihilfe nur versprechen, wenn man überzeugt sei, daß die Betretung des Wegs der Vollkommenheit in der That Gottes Wille, nicht aber etwa nur eine versteckte teuflische Versuchung zur Eitelkeit oder ein Ergebniß des eigenen Willens sei. Als Heinrich diese Gedanken durch die Erwägung, daß gute Entschließungen nur von Gott kommen könnten, und daß er seiner Hilfe sich versichert halten dürfe, überwunden hatte, schlug die Versuchung andere Wege ein: »Gut, strebe nach der Vollkommenheit, aber übertreib nichts! Gott hat keine Freude an Bußübungen; du sollst vielmehr deinen Leib, um die Liebe Gottes und des Nächsten recht üben zu können, besser nähren und ihm mehr Ruhe gönnen. Ehrbare Vergnügungen sind nicht verboten, gebrauche sie also und du wirst zur Vollkommenheit gelangen, ohne deinem Leib wehe zu thun.« Die himmlische Weisheit ließ ihn aber nicht mehr fallen. »Wie kannst du,« entgegnete sie jenen Versuchungen, »den engen Weg zum Himmel einschlagen und zugleich den sinnlichen Anmuthungen dich hingeben? Ein weichliches Leben ohne Zucht und Abtödtung des Leibes führen und dabei heilig werden wollen, heißt einen schlüpfrigen Aal an seinem Schweif in den Händen festhalten wollen. Ist nicht der Leib mit seinen Neigungen den höhern Bestrebungen des Geistes entgegen? Du willst Gott vollkommen dienen und zugleich an der Welt Gefallen finden? Nein, das ist leere Einbildung. Auf dem Weg der Buße, der Zurückgezogenheit, des Gebetes geht man in den Himmel. Muth, Muth, heinrich! fasse den Entschluß, die Welt in Allem und gänzlich zu verlassen, in Allem und gänzlich dich Gott hinzugeben.« So errang er den Sieg über alle höllischen Eingebungen und blieb standhaft in dem Vorhaben, die sinnlichen Neigungen Gott zu lieb ganz zu unterdrücken. Am schwersten kam es ihn an, die Unterredungen mit seinen Mitbrüdern zu lassen. Und doch empfand er bei und nach denselben jedesmal eine große Unruhe des Geistes und einen unüberwindlichen Eckel. Die Gnade wollte ihn ganz und ausschließlich für Gott haben. Einst nach dem Mittagessen ging er in den Chor, febte sich auf den letzten Stuhl zur rechten Seite desselben und kam unversehens in Ekstase, in welcher Gott, um ihn zu trösten, ihn Dinge hören und sehen ließ, welche die menschliche Zunge nicht aussprechen kann. Während dieses Gesichtes wußte er nicht, ob er lebendig oder todt sei, ob es Nacht oder Tag war, od er im Leibe oder außer dem Leibe sich befand. Später sagte er öfter, daß alle Qualen der Martyrer mit den grausamsten Todespeinen zu wenig seien, um nur für einen Augenblick jene süßen Genüsse zu erkaufen, deren er sib damals erfreute. Die Ekstase mochte eine Stunde, vielleicht auch nur eine halbe gedauert haben, und als er wieder zu sich kam, war es ihm, als käme er aus der andern Welt, und empfand er viele körperliche Schmerzen. Er konnte nicht mehr stehen und unaufhörlich seufzte er: »O mein Herr, wo war ich und wo bin ich?« Von nun an war es sein steter Bemühen, Gott zu gefallen und in seiner Gegenwart zu verweilen. Was er immer that, redete oder unternahm, geschah in freundlicher Unterredung mit Gott. Immer dachte er an die göttliche Weisheit, seine Geliebte, mochte er nun essen, gehen oder sprechen; ja sogar im Schlafe beschäftigte er sich mit ihrer Schönheit und ihren Liebreizen. Als man einst ihr Let aus dem Buche der Weisheit vorlas, fing er an zu seufzen und zu beten: »O wie wahr ist dieß Alles! o meine Seele möchte es dir gegeben werden, ihre Schönheit zu schauen! O mein Herz, warum brennest du nicht in Liebe zu ihr? Nie will ich eine andere Braut erwählen, nie eine andere Neigung als diese keusche und göttliche in mir hegen. Mein Jesus, wahre Weisheit des Vaters, ich bine dich, zeige mir deine Schönheit, befriedige mein Verlangen, ich brenne, ich bin entflammt von deiner Liebe!« Eine besondere Andacht trug der Selige gegen die unbefleckte Gottesmutter Maria. Je öfter man sie grüße, verehre und anrufe, sagte er, desto größere Frucht des innern Lebens werde man empfangen. Auch für die armen Seelen betete er gern und oft und empfahl diese fromme Fürbitte denen. die sich bei ihm Raths erholten. Ueber alles aber ging ihm der heiligste Name unseres Erlösers, den er sich ins Herz eingeschrieben hatte. Von ihm rührt das mit Ablässen begnädigte Gebet: »Gebenedeit sei der süße Name unseres Herrn Jesu Christi und der Name der seligsten Jungfrau Maria, seiner Mutter, jetzt und immer und in alle Ewigkeit. Amen.« Für die ganze Kirche pflegte er folgendes Gebet zu sprechen und Andern zu empfehlen: »Gnädigster, allmächtiger Vater, durch deine mit dir gleich ewige Weisheit, unsern Herrn Jesus Christus, bitte ich, du mögest deiner bedrängten Kirche zu Hilfe kommen und sie zum Frieden, zur Einigkeit und Ruhe zurückführen, gemäß deiner höchsten Ehre und nach deinem Wohlgefallen.« Auf der Universität zu Köln absolvirte er die höhern Studien, konnte aber nicht bewogen werden, den Grad eines Magisters der Theologie, zu welchem der Orden ihn befördern lassen wollte, anzunehmen. Man ließ ihn also, seiner Neigung gemäß, sich der Seelsorge widmen. Der sel. Heinrich war einer der ersten Prediger seiner Zeit. Er hatte aber Vieles zu leiden, indem man alle Gattungen ren Verleumdung über ihn ausgoß. Bald wurde er als Kirchenräuber, bald als frommer Betrüger, bald als Giftmischer, bald als Häretiker ausgeschrieen. Letztere Anklage ward von den Dominicanern in Flandern gegen ihn erhoben. Er wurde zwar für unschuldig erklärt, aber der Verdacht blieb lange schwer auf ihm liegen. Dazu kam ein Herzleiden und ein brennendes Fieber, von welchem er lange Zeit heimgesucht war. Anfänglich bat er in schweren Leiden, Gott möge sie bald von ihm nehmen. Aber er wurde belehrt, daß diese Art zu leiden nicht die rechte sei. Er müsse vielmehr, wenn ihm ein Kreuz recht schwer dünke, sich auf ein noch schwereres gefaßt machen, wie einer, welcher einen Blumenstrauß bindet, nicht mit einer oder der andern Blume sich begnügt, sondern so lange nach noch schönern Blumen sucht, bis der Strauß fertig ist. Mitten in diesen schweren Beängstigungen erschien ihm sein Heiland, und um ihn her ein zahlreicher Chor heiliger Engel, welche fangen und musicirten und ihn einluden, mit ihnen zu singen. »Wie kann ich,« gab er zur Antwort, »in so großen Schmerzen und in Todesängsten singen und auf die Musik hören?« Darauf trösteten ihn die himmlischen Geister, und als das Gesicht, vorüber war, fühlte er sich vollkommen gesund. Ein andermal gerieth er auf dem Wege in große Todesgefahr, indem ein berüchtigter Straßenräuber und Mörder mitten in einem dunkeln Walde nahe am Rhein ihm zu beichten verlangte. Er hörte seine Beicht, und betete für den Unglücklichen, welcher sich nun bekehrte, nachdem er früher einen Priester unter dem Vorwande der Beicht in den Strom geworfen hatte. Seine Schwester, die gleich ihm ins Kloster getreten war, machte ihm Kummer, weil sie der Verführung Gehör schenkte und aus dem Kloster entwich, um ein sündhaftes Leben zu führen. Wie einst der Liebesjünger seinen unter die Straßenräuber gerathenen Schüler, so suchte Heinrich Suso seine Schwester und brachte sie wieder zu Gott und zur Tugend zurück. Unter die heroischen Thaten göttlicher Liebe, welche der Selige übte, gehört die Einzeichnung des Namens Jesu auf sein Herz, den er mit eisernem Griffel so tief in das Fleisch eingrub, daß das Blut in der Zelle herumfloß. »Die Liebhaber der Welt,« sagte er, »tragen das Bildniß ihrer Geliebten in Gemälden oder Zeichnungen mit sich; ich, der ich Dich inniger liebe, habe Dich mit meinem Blute ins Herz selber eingegraben.« Die Veranlassung hiezu war folgende Erscheinung. Er sah die ewige Weisheit, deren Liebe er sich geweiht hatte, auf einem Throne von Elfenbein, eine königliche Frau, aus deren Angesicht Strahlen ausliefen wie von der Sonne; ihr Diadem schien die Ewigkeit selbst zu seyn, ihr Kleid die Glückseligkeit. Sie stand ihm nahe auf einer Wolkensäule, und doch schien sie wieder äußerst fern zu seyn. Da öffnete sie den Mund und sprach: »Mein Sohn, gib mir dein Herz.« Ein andermal erschien ihm sein Schutzengel. Der sel. Heinrich bat ihn, nie von seiner Seite zu weichen; sein Engel aber antwortete: »Vertraue auf den Herrn, welchem du dienest, und fürchte dich nicht, daß Er, der dich von Ewigkeit her mit so großer Güte geliebt hat, dich je einmal verlassen werde.« Auch mit den Seelen der Verstorbenen stand der fromme heinrich in innigem Verkehr. Einst erschien ihm ein Ordensgenosse, den er fragte, welche Beschäftigung der Seele Gott am meisten gefiele, worauf er die Antwort erhielt: »Die Verläugnung seiner selbst.« Auf die Frage aber, welches Leiden für eine Seele, die Jesum liebe, das schmerzlichste sei, ward ihm geantwortet: »Die Dürre des Geistes.« Bei der heil. Messe rührten ihn vorzüglich die Worte: »Sursum corda!« während welcher drei Gedanken seinen Geist beschäftigten, nämlich daß alle Geschöpfe in ihrer Art und natürlichen Ordnung, auch die stummen, Gott loben möchten; dann wie freuden- und genußreich die heilige Liebe Gottes für diejenigen sei, welche sie besitzen; endlich wie erbarmungswürdig jene Seelen seien, die dem göttlichen Willen sich nicht beugen und den Herrn nicht lieben, weßhalb er Aller Herzen einlud, in den Himmel sich zu erheben und Gott zu lieben und zu loben. Um den innern Frieden der Seele zu erlangen, legte er sich das strengste Stillschweigen auf. Was er sprach, war kurz und höflich, aber nie mehr als das Nothwendige. Seine Bußübungen waren äußerst streng. Er trug lange Zeit ein rauhes Cilicium und eine eiserne Kette um die Lenden; dazu fügte er oft blutige Geißelung, hartes Lager, mit allerlei Verschärfungen, so daß er diese Selbstpeinigung einen langsamen, für Jesus unternommenen bittern Tod nannte. Indessen ist hierin sein Eifer mehr der Bewunderung als der Nachahmung würdig, weßhalb wir in dieser Sache mit diesen allgemeinen Andeutungen uns begnügen. Er bediente sich 25 Jahre lang keines gewärmten Zimmers und keines Ofens, und ebenso lang aß er nur einmal des Tages und zwar nichts anderes als Brod, Gemüse und Früchte, indem er nicht blos des Fleisches, wie die Regel es verlangt, sondern auch der Fische und Eier sich enthielt etc. Auch die ärgste körperliche Qual, nämlich die des Durftes, nahm er einmal auf sich; doch ward ihm bald hernach geoffenbart, daß die ächte Vollkommenheit nicht in äußerlichen Leiden, sondern in gänzlicher Entsagung des Gemüthes bestehe, in welcher der Mensch in der Art sich selbst verläugne, daß er in Allem sich wie ein Gestorbener verhalte; möge Gott ihm glückliche oder unglückliche Tage schicken, immer solle er heitern und ruhigen Gemüthes seyn und keine Sache an sich, sondern in allen Dingen einzig die Ehre Gottes suchen. Deßhalb aber dürfe er nicht ohne Leiden seyn. Eines Tages nach der heil. Messe hörte er in der Zelle zu sich sagen: »Oeffne das Fenster!« Er tha'ts und sah auf der Straße einen Hund gegen das Kloster herlaufen, der einen Lumpen zwischen den Zähnen hatte, mit welchem er scherzte, indem er ihn bald mit den Klauen festhielt, bald in die Höhe warf, bald wieder mit den Zähnen zerriß. Und die Stimme sagte ihm: »So werden dich die Menschen behandeln, und so sollst du tugendhaft seyn, daß du darüber schweigst, als fühltest du nichts, wie dieser Lumpen.« Und wirklich kamen auch große Leiden über ihn, indem er nicht blos von seinen Mitmenschen, sondern sogar von seinen Obern verkannt wurde. Doch ertrug er Alles in Geduld aus Liebe zu Gott. Durch solch christlich geduldiges Leiden erwarb er sich in hohem Grade die Gabe, den Betrübten Trost zu bringen. Ein Mitbruder, welcher von vielen schweren Versuchungen geplagt war, ersuchte ihn einst, für ihn zu beten. Er that es. Eines Morgens sah er den Teufel in Gestalt eines häßlichen Mohren, mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Der Selige fragte ihn, wer er sei und was er wolle. Die Antwort war, er sei der Geist der Gotteslästerung; warum er aber komme, könne er sogleich sehen. Mit diesen Worten zog er einen giftigen Pfeil aus dem Köcher und schoß ihn in die Brust jenes Unglücklichen mit so großer Kraft, daß er zu Boden fiel. Da schalt der Selige den Dämon, der sich aber nicht wehren ließ, sondern nochmal auf den armen Mönch zielte. Hierauf rief der Selige den Namen Maria an und sprach: »Es segne uns mit dem gnadenvollen Kinde die Jungfrau Maria!« Bei diesem Worten verlor der böse Geist seine Kraft und verschwand. Heinrich erzählte darauf seinem Mitbruder das Gesicht und gab ihm Lebten und Vorschriften, den bösen Geist zu besiegen. Auf eine von ihm gehaltene Predigt verließen einst zwölf unehrbare Frauenspersonen ihr schlechtes Handwerk, gingen in sich und beichteten; doch blieben nur zwei von ihnen standhaft. Unter Andern bekehrte der sel. Heinrich auch einen Mann, welcher 18 Jahre lang nicht mehr gebeichtet und sich in allen Lastern gewälzt hatte. Eine angesehene Frau, die einen schweren Fehltritt begangen und deßhalb ihre Ehre verloren hatte, ward durch die hl. Jungfrau an diesen »ihren Kaplan« gewiesen und von ihm getröstet und geheilt. Aber auch Scheinbekehrungen begaben sich. Auch davon ein Beispiel. Ein Frauenzimmer beichtete dem Seligen öfter, erhielt von ihm Unterstützung, setzte aber deßungeachtet ihr ausgelassenes Leben fort. Als Heinrich dieses erfuhr, stellte er seine Almosen ein. Darüber entrüstet, drohte ihm jene, ihn als Kindesvater zu benennen. Er wollte aber lieber der Gefahr sich aussetzen, seine Ehre zu verlieren, als wissentlich ihren schlechten Wandel durch Almosen unterstützen. Als diese Gewitter vorbei waren, widmete der Diener Gottes seine Kräfte neuerdings dem Heile der Seelen und führte viele Klöster, sowohl Manns- als Frauenklöster, zu größerer Strenge zurück. Einst hatte er an einer Nonne, die ein unregelmäßiges Leben führte, alle Mühe verschwendet; denn sie war äußerst unbeständig md wollte die gemachten Versprechungen nie länger als höchstens einige Tage halten. Da Sprach Heinrich: »Weil Sie also aus Liebe zu Gott und mit freiem Willen sich nicht bessern wollen, so sollen Sie dazu gezwungen werden.« Er betete zu Gott um die Rettung dieser Seele, und schon nach einigen Tagen wurde sie von einer Krankheit befallen, die es ihr unmöglich machte, ferner ihren sündhaften Gewohnheiten nachzugehen. Bald darauf sah er in einer Erscheinung Christus den Herrn als Seraph mit sechs Flügeln am Kreuze hangen. Auf den zwei untern Flügeln las er die Worte: Affectionem sponte suscipe, d. h. nimm das Leiden freiwillig an; auf den mittlern stand geschrieben: Feras crucem aequanimiter, d. h. trage das Kreuz mit Gleichmuth; auf den obern: Disce pati Christiformiter, d. h. lerne leiden wie Christus gelitten hat! Bald kamen neue Bedrängnisse. Er wurde zum Prior des Convents enwählt, ein Amt, das er nur aus Gehorsam annahm. Im Zeitlichen, sagte er, verlasse er sich einzig auf die väterliche Obsorge des hl. Dominicus für die Seinigen. Als einmal eas Kloster an den nöthigen Bedürfnissen Mangel litt, befahl er im Chor die Messe zu Ehren dieses heil. Ordensstifters zu lesen. Noch war sie nicht zu Ende, als man an der Pforte schellte, und ein Kanoniker der Stadt dem Kloster reichliches Almosen zubrachte. Von den vielen Wundern, welche Gott durch seinen Diener wirkte, sind wenige aufgeschrieben worden, da er dieselben vor den Augen der Menschen sorgfältig verbarg. Als er noch Prediger in Köln war, strahlte sein Angesicht einmal wie eine brennende Sonne in hellem glanze. Ein andermal vermehrte er ein wenig Wein, den er als Almosen bekommen hatte, durch seinen Segen in der Art, daß er für 20 Personen genügte. Ein Maler, welchen er gebeten hatte, die alten heil. Väter und ihre Aussprüche an die Wand seiner Zelle zu malen, bekam plötzlich so heftiges Augenweh, daß er weggehen mußte. Der sel. Heinrich legte ihm die Hände auf und beschwor im Namen Gottes und unter Anrufung der Heiligen, die er darstellen wollte, die Krankheit keiner Augen. Am andern Morgen fand derselbe sich plötzlich geheilt, so daß er in seiner Arbeit fortfahren konnte. Eine kurze, aber treffende Charakteristik des Seligen finden wir bei W. W. (K.-L. X. 534): »Sein minnereiches Herz, das ihm Gott gegeben, machte ihn mitleidig mit allen Trauernden und Weinenden, weise zum Rathgeben, väterlich gegen die Armen, eifrig zur Bekehrung der Sünder, liebetraut gegen alle Freunde Gottes, versöhnlich gegen alle seine Feinde, gnädig und milde selbst gegen jedes Thierlein.« Nach einem Leben voll von Arbeiten, Leiden, Kümmernissen und Verfolgungen wurde er endlich zum Lohne seiner Mühseligkeiten ins ewige Leben abgerufen. Er starb zu Ulm am 25. Jan. 1365, nachdem er die heil. Sacramente mit ausgestreckten Armen empfangen, in die er seine Braut, die ewige Weisheit, einschloß, beweint von ganz Deutschland, das ihn als Vater und Tröster verehrte. Er wurde in der Conventkirche vor dem Altar des hl. Petrus des Martyrers (bei W. W. a. a. O. heißt es, im Kreuzgange des Klosters) bestattet, wo so viele Wunder geschahen, daß der Orden ihn zugleich mit dem hl. Thomas von Aquin dem Papste zur Canonisation empfahl. aber nicht durchdrang. Papst Gregor XVI. bestätigte nach Information über dessen Verehrung dieselbe im J. 1831 und gestattete am 11. März die Feier seines Festes im Orden des hl. Dominicus. Seine Schriften sind, nach dem Urtheile Görres', unter die blühendsten und lieblichsten Erzeugnisse christlicher Mystik zu zählen; sie sind ein »Epos der Gottesliebe«. Eine neue Ausgabe derselben erschien zu Augsburg im J. 1829, dann 1837 und 1854, betitelt: »Heinrich Suso's, genannt Amandus, Leben und Schriften. Von M. Diepenbrock. Mit einer Einleitung von J. Görres.« An der Spitze steht Suso's Biographie, nach Einigen von einer Nonne, nach Andern von ihm selbst verfaßt; dieser folgen das Buch von der ewigen Weisheit, das Buch von der Wahrheit, das Briefbüchlein, die Bruderschaft der ewigen Weisheit, das Büchlein von den neun Felsen, Predigten. Die beste lat. Uebersetzung ist die von Surius. Bei den Bollandisten wird Suso als »heiliger und gotterleuchteter Schriftsteller« eingeführt. (II. 652.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.