Johannes Colobus seu Parvus, S. (141)

Johannes Colobus seu Parvus, S. (141)

141S. Johannes Colobus seu Parvus, Abb. (17. Oct.). Dieser hl. Johannes der Kurze oder Kleine, einer der ausgezeichnetsten Altväter der scetischen Wüste, welcher auch Jahnas heißt und den Beinamen Κολοβός, d.i. Mutilus, Curtus, Nanus, Exiguus (abgekürzt, kurz, Zwerg, klein) von seiner kleinen Statur hatte, wird von dem Neo-Bollandisten Eduard Carpentieram 17. Oct. (VIII. 39–48) ziemlich ausführlich behandelt, und zwar hat er zuerst Mehreres über die oft vorkommende Wüste Scete, wovon wir auch Einiges hier anführen wollen. Scete, auch Scitis, Scythis, bei Ptolemäus Sciathis und Scethiaca regio, ist eine Wüste zwischen Aegypten und Libyen. Der Name Scete, oder wie die Aegypter schreiben, Schihet, bedeutet »Wage des Herzens« (trutina cordis). Obwohl der Name Schihet eigentlich nur den Berg jener Einöde bezeichnet, wo das Kloster des hl. Makarius gebaut war, so wurde doch die ganze Umgegend im Koptischen Scythes oder Scythis genannt. Im 4. Jahrhundert und weiter wurden besonders drei von einander verschiedene Orte von den Anachoreten bewohnt, nämlich die Wüste Scete, der Berg von Nitria und Cellia oder Ort der Zellenbewohner (locus Celliorum). Die berühmtesten Anachoreten, welche dort wohnten, sind neben unserm hl. Johannes die hhl. Ammon14, Arsenius4, Makarius (15. Jan.), Pömen, Serapion etc. Von so vielen Klöstern, die dort bestanden, fanden die Franzosen im J. 1799 nur mehr vier mit zusammen 59 Mönchen. Das Kloster, in welchem der hl. Johannes lebte, war nach den Bollandisten nicht weit von dem des hl. Makarius. Die Zeit seiner Wirksamkeit ist nicht genau zu bestimmen; sicherlich lebte er vor dem J. 450, wahrscheinlich bald nach dem Anfange des 5. Jahrhunderts. Jedenfalls muß er unterschieden werden vom hl. Johannes38, der zu Lykopolis in der Thebais war, und von dem Johannes851, dem Oekonomus in Scete, welcher vor dem J. 400 starb. Unser hl. Johannes findet sich in vielen orientalischen Martyrologien und Meßbüchern; bei den Griechen wird er als der fünfte unter den großen Anachoreten (nach dem hl. Antonius, dem hl. Paulus und den beiden hhl. Makarius) angerufen; auch einige lateinische Martyrologien haben ihn, nur nicht das römische, wohl aber steht er in einem zu Rom gedruckten katholischen Meßbuche der Kopten, ein Beweis, daß auch die koptischen Katholiken ihn unter ihre vorzuglicheren Heiligen zählen, und das ist auch der Hauptgrund, warum die Bollandisten ihn aufgenommen haben. – Von seinem Leben ist weiter sonst nichts bekannt, als was in den Sinnsprüchen etc. steht, die von den alten Vätern auf uns gekommen sind, und von welchen die Bollandisten (VIII. 44–48) vorzüglich aus Cotelerius mehrere aufgenommen haben. Wir wollen auch einige davon hier anführen: Als er in die scetische Wüste sich zurückzog. wollte ihn sein Führer auf der geistlichen Laufbahn (wahrscheinlich der hl. Pömen) vor Allem in der Abtödtung und im Gehorsame üben. Er nahm daher einen dürren Stab, steckte ihn in die Erde und befahl ihm, daß er ihn jeden Tag begieße, bis er Früchte trage. Und unser hl. Johannes, der das Wasser hiezu weit herholen mußte, that es wirklich, und sieh da, nach drei Jahren trug der Stab wirklich Früchte, welche dann der alte Abt seinen Brüdern zeigte mit den Worten: »Nehmet und esset die Frucht des Gehorsams.« Dieser »Baum des Gehorsams« soll dann noch viele Jahre nachher gegrünt haben. – Einmal sagte Johannes zu seinem ältern Bruder, mit welchem er zusammenwohnte: »Ich möchte sorgenfrei seyn, wie die Engel sind, welche nichts arbeiten, sondern ohne Unterlaß Gott dienen.« Er warf daher seinen Mantel weg und ging in die Einsamkeit. Nach einer Woche kehrte er zu seinem Bruder zurück und klopfte an der Thüre. Dieser erkannte ihn gleich, öffnete aber nicht, sondern fragte nur, wer er sei. Der Andere antwortete: »Ich bin dein Bruder Johannes.« Doch der Bruder sagte: »Johannes ist ein Engel geworden und lebt nicht mehr unter den Menschen,« und er ließ ihn vor der Thüre stehen bis zum andern Morgen. Da öffnete er ihm endlich mit den Worten: »Du bist ein Mensch und mußt daher arbeiten, um dich zu ernähren,« worauf dann Johannes seinen Bruder um Verzeihung bat. – Ein anderes Mal sagte der Abt Johannes: »Wenn ein Feldherr eine feindliche Stadt erobern will, fängt er die Belagerung damit an, daß er ihr Wasser und Lebensmittel abschneidet. Ebenso ist es auch mit den Leidenschaften des Herzens. Wenn der Mensch durch Fasten seinen Körper bezähmt, werden die Feinde seiner Seele geschwächt« etc. – Wieder einmal sagte er: »Ich bin wie ein Mensch, der unter einem großen Baume sitzt und wilde Thiere auf sich zukommen sieht; wenn ich ihnen nicht widerstehen kann, flüchte ich mich auf den Baum, um mich zu retten. So mache ich es auch, wenn ich in meiner Zelle sitze, und böse Gedanken in mir aufsteigen fühle; ich flüchte mich zu Gott im Gebete und werde so vom Feinde befreit« etc. etc. (VIII. 39.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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