- Anatolius, S. (5)
5S. Anatolius, Patriarcha. (3. Juli). Der hl. Anatolius war aus Alexandria gebürtig und Patriarch von Konstantinopel. Er gelangte zu dieser Würde unter dem Kaiser Theodosius dem Jüngern, und zwar zu einer Zeit, wo eine große Spaltung zu Konstantinopel ausgebrochen war, der zufolge im J. 449 die »Räubersynode« zu Ephesus abgehalten ward, auf welcher Eutyches freigesprochen, der Patriarch Flavian von Konstantinopel aber ermordet wurde. Da nämlich der eutychianisch gesinnte Patriarch Dioskorus von Alexandria, der der Räubersynode vorstand, und nicht nur an der Absetzung Flavians, sondern auch an seinem Tode Schuld war, der Hoffnung lebte, Eutyches werde wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen und Alles, was er (Dioskor) an Flavian gethan, vergessen werden, wenn Anatolius, der wahrscheinlich eine hohe Skellung an der Kirche zu Alexandria einnahm, an Flavians Stelle käme, so verhalf er ihm auf den Patriarchalstuhl, sah sich aber sehr getäuscht; denn der hl. Anatolius war der Erste, der Eutyches' Lehre auf der Synode zu Chalcedon (451) verurtheilte und den Namen Flavians, der auf diesem Concil als Martyrer erklärt worden war, in die Diptychen aufnahm, sowie er für die Absetzung Dioskors stimmte. Die Bollandisten suchen unsern Heiligen gegen die Anschuldigungen des Cäsar Baronius zu vertheidigen, was ihnen nach unserm Urtheile vollständig gelingt, und worin ihnen Pagi in seinen kritischen Bemerkungen über Baronius beistimmt. Die bedeutendste Beschuldigung, welche Baronius anführt, betrifft seinen Glauben; nun geht schon aus seinem Verhalten gegen Eutyches und Dioskorus auf dem Concil zu Chalcedon hervor, wie sehr er der Orthodoxie zugethan war, und was sein früheres Verhalten betrifft, so liegt gegen ihn so wenig etwas Heterodoxes vor, daß er alsogleich von Leo dem Großen als Patriarch anerkannt wurde, als er sich von dem Verdachte, der auf ihm wegen seiner freundlichen Beziehungen zu Dioskor lag, gereinigt hatte. Was sein Lebensende betrifft, so glauben Einige, er sei von den Ketzern im J. 459, nachdem er beinahe 9 Jahre seiner Kirche vorgestanden war, getödtet worden. Die Bollandisten lassen dieß dahingestellt und fügen dem nur bei, daß es dann sicher nicht aus Haß gegen den Glauben geschehen sei, da er sonst gewiß in den griech. Menäen als »Martyrer« gepriesen würde. Uebrigens in der Vita, die von einem Unbekannten herrührt, lesen wir davon nichts, vielmehr heißt es darin, daß er in hohem Alter aus dem Leben geschieden sei (ἐν βαϑεία τῇ πολιᾷ καὶ πλήρης ἡμερῶν τῶν κατα ϑεὸν καταλύει τὸν βίον), nachdem er zuvor den Gennadius als seinen Nachfolger bestimmt hatte.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.