- Maria, B. (45)
45B. Maria, Vid. (18. April). Diese sel. Maria, zugenannt von der Menschwerdung, eine Carmelitin von Pontoise (Pontaesia), ist von Pius VI. im J. 1791 selig gesprochen worden. Sie war am 1. Februar 1565 zu Paris geboren und Barbara getauft worden, als die einzige Tochter tugendhafter und angesehener Eheleute, des ehrsamen Nicolaus Avrillot und seiner Gattin Maria geb. Lhuillier. Von der Wiege an zeigte sich die fromme Barbara als ein Kind der Gnade. Seit ihrem eilften Jahre gewöhnte sie sich an eine fast ununterbrochene Erhebung ihres Herzens zu Gott. So hatte ihre Tante, die Klosterfrau zu Longchamps war, und unter deren Leitung sie aufwuchs, es sie gelehrt. Seit dieser Zeit bemerkte man an ihr eine große Furcht Gott zu beleidigen, eine peinliche Aufmerksamkeit, Niemanden Mühe zu machen, und eine tiefe Demuth, wenn man über sie einen Tadel aussprach. Auf ihre erste hl. Communion bereitete sie sich durch Abtödtungen und Bußwerke vor, welche die abgetödtetsten Klosterfrauen erschreckt hätten. Als sie nach Ablauf von drei Jahren wieder nach Hause gerufen wurde, setzte sie so viel ihr möglich war die in Longchamps begonnenen frommen Uebungen fort. Sie wollte ins Hôtel de Dieu eintreten, aber ihre Mutter gab die Einwilligung nicht dazu. Die fromme Barbara beruhigte sich schnell und sprach: »Ich bin nicht würdig, eine Braut Christi zu seyn, ich muß wohl zufrieden seyn, wenn ich seine Magd seyn darf«. Aus Gehorsam willigte sie ein, sich mit einem frommen Manne, Namens Acarie zu verheirathen, einem beider k. Rechnungskammer angestellten Beamten, der einen großen Theil seines Vermögens auf Unterstützung der armen, glaubenstreuen Katholiken verwendet hatte, die unter der Regierung der Königin Elisabeth aus England waren vertrieben worden. In dieser Ehe hatte sie aber so viel Noth und Elend, Verläumdung und Armuth zu ertragen, daß sie öfter nichts mehr zu essen hatte. Dazu kam die äußerste Verachtung von Seite ihrer Anverwandten. Aber sie liebte demungeachtet ihren Mann mit inniger Zärtlichkeit. Sie erhielt von ihm sechs Kinder, drei Töchter, welche Carmelitinnen wurden, und drei Söhne, die in verschiedenen Berufsarten in der Welt ehrbar lebten. Für ihre Untergebenen hatte sie eine mütterliche Sorgfalt und Zuneigung. Einige aus ihnen wurden durch das Beispiel ihrer Frömmigkeit so ergriffen, daß sie der Welt Abschied sagten, und ins Kloster gingen. Ihre Liebe zu allen Bedrängten und Unglücklichen war in ganz Paris so bekannt, daß Heinrich IV., Maria von Medicis und andere Personen höchsten Ranges ihre Almosen durch sie vertheilen ließen. Im Trostgeben war sie besonders ausgezeichnet: so oft sie die Gefängnisse oder die Spitäler besuchte, nahm man sie auf wie einen Engel vom Himmel. Am berühmtesten ist aber die Selige durch die Einführung der Carmelitinnen in Frankreich, deren Reform die hl. Theresia (s.d.) in Spanien durchgeführt hatte. Sie ließ diese Frauen nach Paris, in die Vorstadt St. Jacob, kommen. Auch an der Einführung der Ursulinerinnen nahm sie thätigen Antheil. Ebenso an dem Institute der Oratorianer. Alles dieß that sie ohne die Sorge für ihren Gatten und ihre Kinder zu beeinträchtigen, und zugleich übte sie ohne Aufhören die Betrachtung und das beschauliche Gebet. Als sie im J. 1613 ihren Gatten durch den Tod verlor, wurde sie selbst Carmelitin in Amiens. Am 7. April 1615 legte sie die Gelübde ab, und erhielt den Namen Schwester Maria von der Menschwerdung. Um diese Zeit war sie krank, weßhalb man sie die Profeß in einem Zimmer ablegen ließ, von welchem aus die Aussicht auf den Altar in der Kirche offen stand. Nachdem ihr der liebe Gott die Gesundheit wieder gegeben hatte, sollte sie Priorin werden, aber ihre Demuth gestattete ihr nicht diese Wahl anzunehmen. Man sendete sie nach Pontoise, um die zeitlichen Verhältnisse des dortigen Klosters, die sehr herabgekommen waren, wieder zu ordnen. Sie that es mit dem besten Erfolge, ohne die gewohnten Geschäfte in der Küche und wo es sonst etwas Niedriges zu thun gab, aufzugeben. In diesem Kloster starb sie. Vor ihrem Ende sollte sie den Schwestern auf Ansuchen der Priorin den Segen ertheilen. Da erhob sie ihre Hände gen Himmel und sprach: »O Herr, ich beschwöre dich, verzeihe mir alle bösen Beispiele, die ich gegeben habe«. Dann sprach sie zu den versammelten Schwestern: »Wenn es Gott gefällt, mich zur ewigen Seligkeit aufzunehmen, so werde ich Ihn um die Gnade bitten, daß an euch die Absichten seines Sohnes erfüllt werden«. So schloß sie ihr heiliges Leben am 18. April 1618. Ihre Reliquien befinden sich seit dem J. 1822 wieder in der Capelle der Carmelitinnen von Pontoise. (II. 522. App. 962. Mg.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.