- Marina (23)
23Marina, V. (9. Juni). Diese ehrwürdige Marina führt den Zunamen Escobar. Ihr Leben ist von ihrem frommen Seelenführer Ludwig de Ponte herausgegeben worden. Sie ist die Stifterin einer besondern (strengern) Congregation der Brigittinerinnen. Ihr seliger Tod erfolgte zu Valladolid (Vallisoletum) im Jahre 1633. (II. 149). Dieser kurzen Notiz aus den Boll. fügen wir (nach Stolz, Legende: III. Juli. S. 33, W. W. K.-L. VI. 889 und 90 u. A.) die Hauptzüge ihres Lebens bei. Geboren zu Valladolid als die Tochter eines Rechtsgelehrten Namens Jacob Escobar im J. 1554, suchte sie, übernatürlich erleuchtet und geführt, schon als dreijähriges Kind in Allem nur Gott allein zu gefallen. Vom 10. bis 14. Jahre war es anders; sie wurde eitel und gefallsüchtig. Durch die Ermahnungen eines frommen Priesters wieder zurückgebracht, schlug ihre Gemüthsstimmung ins Gegentheil um; es erwachten in ihr solche Aengstlichkeiten, daß es schien, sie werde von Sinnen kommen. Dieses Kreuz währte bis in ihr 28. Jahr, obwohl sie das innerliche Gebet und die Betrachtung, welchen Uebungen man ihre beständige Aufregung zuschrieb, so zu sagen ganz vernachlässigt hatte. Aber im 33. Jahre aufs Neue durch die Gnade Gottes gerufen, kehrte sie zur alten Lebensweise zurück und fing nun erst recht und fest in Christo zu leben an. Vom J. 1599 angefangen, begnügte sie sich nicht mehr, selbst nach der Liebe ihres Heilandes immer mehr zu verlangen, sondern suchte auch Andere mit den gleichen Gefühlen zu entzünden. Geistliche und Weltliche, Erwachsene und Kinder, Bekannte und Unbekannte redete sie bittend an, selbst auf offener Straße, daß sie Gott recht innig lieben möchten, und fand hiebei bereitwilliges Gehör. Folgendes Bekenntniß zeugt nicht blos hiefür, sondern auch für ihre Demuth: »Es ist nichts, was mich tiefer in den Abgrund meines Elends versenkt, als wenn ich sehe, wie liebreich Gott gegen mich handelt. Denn wenn ich mir zu Gemüthe führe den Unrath und Gestank meiner Sünden und Gebrechen, so werde ich schamroth und meine, ich müsse Gott als eine elende, abscheuliche Bettlerin vorkommen. Dafür aber tröstet und stärkt mich Gott. Wer kann wohl zwei so widrige Dinge, Feuer und und Wasser, vereinigen. Unser großer Gott vermag dieses, ich finde es in mir selbst. Er gibt mir die Erkenntniß, daß ich die schwächste, elendeste Kreatur bin, voll Fehler und Jammer, und nicht im Stande das geringste seinen Augen wohlgefällige Gute zu verrichten. Und doch schenkt mir Gott aus unendlicher Erbarmung zugleich das Vertrauen und eine so vertrauensvolle Liebe, wie wenn ich Verdienste erworben und seine Ehre befördert hätte«. Einmal betete sie also zu Gott: »Mein Herr, ich wünsche dich aus meinem ganzen Herzen zu lieben, und wenn ich gleich wüßte, daß du mich in die Hölle stürzen und verdammen würdest, so wollte ich dich dennoch lieben und dir aus allen Kräften dienen bloß deßwegen, weil du bist der du bist und deiner Gutheit wegen unendliche Liebe verdienst«. Im Glutofen der Leiden geprüft, er kannte sie die Tiefen der Seelen und ihre Geheimnisse. So konnte sie in ihrem Vaterlande als Stifterin und Reformatorin des Brigittenordens, obwohl fast beständig krank, auftreten und erhielt für ihre Reform die Bestätigung des Papstes Urban VIII. Die Genossenschaft wurde »von der Recollection« genannt. Gleichwohl soll sie, was unwahrscheinlich ist, nie das Ordenskleid getragen haben. Jedenfalls war ihr Haus wie ein Kloster. Sie hatte Schülerinnen um sich, die sie mit großer Weisheit leitete, und lebte in beständiger Armuth. Niemand hat sie je zornig oder auch nur erregt gesehen. Ihre Demuth ließ solches nicht zu. Sie hatte sich tief in ihre Seele eingeschrieben, was der Herr einst zu ihr gesagt hatte: »Die Fehler derer, die mich wahrhaft lieben, werden im Feuer der Liebe verzehrt, wie Spreu in einer unendlichen Flamme, und es bleibt davon nur übrig die Asche der Demuth und Selbsterkenntniß, unter welchen die glühenden Kohlen der göttlichen Liebe bewahrt werden«. Die letzten 30 Jahre ihres Lebens blieb sie immer unter großen Schmerzen an ihr Bett gefesselt. Ungemein lieblich sind die Bilder, die sie in ihren Gesichten schaute. Bald erscheint sie als arme Pilgerin vor dem Herrn, um von ihm ein Almosen zu heischen, und da wählt sie unter den ihr zur Auswahl vorgelegten Perlen und Edelsteinen nicht die Gaben der Weissagung, Wunder und Sprachen, sondern die Gabe der Gleichförmigkeit mit dem göttlichen Willen; bald ergießt sich ein himmlischer Regen von Gnaden auf sie, während die Engel Loblieder anstimmen etc. Sie pflegte auch öfter zu sagen, ihre Seele gleiche einem mit einem Faden am Fuße angebundenen Vögelein; immer flattere sie im Verlangen nach dem ewigen Gott. Ihre letzten Stunden waren sehr schwer; sie litt so heftig, daß sie zuletzt laut zu jammern anfing. Endlich hörten diese unausstehlichen Schmerzen völlig auf und sie gerieth in eine Entzückung. Der Geistliche fragte sie, ob sie an Gott denke. Da gab sie holdselig zur Antwort: »Was dieses betrifft, steht es gar wohl mit mir«. So verschied sie, 80 Jahre alt, am 9. Juli 1633. Ihr Begräbniß wurde glänzend mit allgemeiner Theilnahme gefeiert. Bei Stolz führt sie den Titel »heilig«.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.