Stephanus, S. (7)

Stephanus, S. (7)

7S. Stephanus, Conf. (8. al. 9., 13. Febr., 25. Juni, 30. Aug.). Der jetzt ganz erloschene Orden von Grammont (grandis mons) verehrt diesen heil. Stephan als Stifter. Wegen der außerordentlichen Strenge der Regel fand derselbe anfänglich keine weite Verbreitung, wirkte aber durch den seltenen Bußeifer seiner Mitglieder mit der Kraft einer fortdauernden und eindringlichen Predigt auf die Zeitgenossen. Der Orden selbst hatte von dem hl. Stifter keine schriftliche Regel erhalten; eine solche kam erst später zu Stande; sein dem Evangelium entnommenes Leben sollte ihre Stelle vertreten. Der heil. Stephan war zu Thiers (Tiernum) in der Auvergne von vornehmen Eltern, Stephan und Candida von Thiers, geboren. Der aufblühende Knabe war nicht bloß körperlich schön, sondern auch geistig sehr begabt, weßhalb man auf seine Ausbildung alle Mühe verwendete. Um jene Zeit machten die französischen Edeln zahlreiche Wallfahrten zum hl. Nicolaus nach Bari. Auch Stephan, Herr von Thiers, reiste dahin, und nahm seinen 12jährigen Sohn mit sich. Als dieser auf der Heimreise in Benevent erkrankte, übergab ihn der Vater dem dortigen Erzbischof Milo, seinem Verwandten, zur Herstellung und Erziehung. Er blieb hier bis zu seinem 24. Jahre. Nachdem er hierauf etwa 4 Jahre zu Rom gelebt hatte, faßte er den Vorsatz, eine geistliche Genossenschaft zu stiften, die unter Verzicht auf jedes Eigenthum, den Gehorsam Jesu, durch welchen das menschliche Geschlecht wieder hergestellt wurde, in Allem nachzuahmen und die Welt sich und sich der Welt zu kreuzigen hätte. Diesen Entschluß führte er im J. 1076 aus. Es war damals noch Sitte und Recht, dem allgemeinen Besten unbeschadet, Niemanden am gottgeweihten einsamen oder gemeinsamen Leben gewaltsam zu behindern. Er nahm also von seinen Eltern, Brüdern und Anverwandten Abschied und erbaute sich eine kleine Zelle aus Holzstämmen in einer rauhen, winterlichen Gegend, wo er zuerst als Einsiedler in größter Enthaltsamkeit lebte. Der Ort lag bei Muret unweit Limoges (Lemoviges). Er zählte 30 Jahre, als er seine Gelübde ablegte; seit dieser Zeit hörte er bis zu seinem seligen Ende, 50 Jahre lang, nicht mehr auf, mit Fasten und Beten Tag und Nacht Gott zu dienen. 30 Jahre lang trank er nur Wasser; erst von dieser Zeit nahm er etwas Wein zu sich. Ebenso genoß er nur ausnahmsweise warme Speisen. Doch verlangte er von seinen Schülern nicht die gleiche Strenge, obwohl er auch sie ermahnte, in der äußersten Armuth, allein auf Gottes Vorsehung vertrauend, zu leben. Er schien fast empfindungslos zu sein für körperliches Leiden: unter Hunger und Kälte, ein hartes Lager auf bloßen Brettern, ohne Ruhepolster und Decken, um den bloßen Leib einen Ring aus Eisen, verharrte er in seiner Bußstrenge bis zu seinem Tode. Zu den pflichtmäßigen Stundengebeten fügte er viele andere freiwillige Gebete, und zwar in der Art, daß er nicht eher aß oder trank oder schlief, bis er sie verrichtet, oder wenn er sie zur bestimmten Zeit nicht verrichten konnte, nachgeholt hatte. Seinen Schülern prägte er vorzüglich Liebe zur heiligen Armuth ein, indem Gottes Güte sie nie werde Mangel leiden lassen, wenn sie nur festes Vertrauen hätten, und alles Ueberflüssige vermieden; der Gebrauch des Nothwendigen gereiche Niemanden zur Verdammung. Er war so demüthig, daß er bei Tisch mitten unter den Seinigen auf dem Boden saß. Er gestattete nicht, daß sie, wenn er vorüberging, aufstanden, um ihn zu begrüßen. Merkwürdig ist auch sein Ausspruch, daß Stolz der Keuschheit oft gefährlicher sei, als fleischliche Versuchungen. Wohl aus dieser Ursache verfuhr er nur mit jenen seiner Untergebenen etwas strenger, die seinen Tadel nicht annehmen und ihre Fehler entschuldigen wollten. Als er sein Ende herankommen sah, nahm er von den Seinigen Abschied. indem er sie nochmal zur Armuth, zur Anhänglichkeit an Gottes Willen und Fügung ermahnte. Fünf Tage später ließ er sich in das Oratorium tragen, wo er die hl. Messe anhörte und die hl. Sacramente des Altars und der letzten Oelung empfing. Er starb am 8. Febr. 1124, indem er die Worte sprach: »Herr in deine Hände empfehle ich meinen Geist«. Er war beinahe 80 Jahre alt; seine Schüler begruben ihn in aller Stille. Vier Monate nach seinem Tode machten die Mönche von Ambazac, einem Priorate, das von der Abtei St. Augustin von Limoges Benedictinerordens abhing, Ansprüche auf Muret und forderten es zurück. Die Schüler des hl. Stephanus wollten lieber ihren Wohnort abtreten, als sich dessen Besitz auf dem Rechtswege sichern. Sie zogen sich daher in die Wüste von Grammont, eine Stunde von Muret zurück, nahmen die Ueberreste ihres hl. Stifters mit sich, am 20. Juni, und setzten sie im Presbyterium der Kirche, vor dem Hochaltare bei. Der hl. Stephanus wurde von Papst Clemens III. durch eine an den Prior Geraldus gerichtete Bulle vom 21. April l198 auf den Grund eines an den Papst Urban III. erstatteten Commissions-Berichtes über die Verdienste und den heiligen Wandel des Stifters von Grammont und nach neuerdings eingegangenen zahlreichen Zeugnissen hervorragender und glaubwürdiger Männer, z. B. des Königs Heinrich ll., des Kardinalbischofs Wilhelm von Rheims u. v. A. unter die Zahl der Heiligen gesetzt. Im Mart Rom. steht sein Name am 8. Febr., seinem Todestage. Seine Beisetzung wird am 13. Febr., die Uebertragung am 30. Aug. gefeiert. (II. 199–213.)



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