- Stratonica, S.S. (2)
2S. S. Stratonica et Seleucus11, M. M. (16. März). Die hhl. Stratonica und Seleucus litten im J. 297 zu Cyzicus in Mysien am Hellespont für den Glauben. Die Zeit ihres Leidens fällt in die Verfolgung des Kaisers Maximilianus (nicht Numerianus). Die hl. Stratonica war die Tochter eines der vornehmsten Bürger der Stadt, und wurde von dem Heldenmuthe der Christen, die für ihren Glauben so geduldig litten und starben, so ergriffen, daß sie sich bekehrte. Die über ihre Bekehrung und ihre Leiden noch vorhandenen ächten Acten erzählen näm Uch, daß die Christen, ehe sie den Todesstreich empfingen, mit großer Heiterkeit von einander Abschied nahmen, sich mit dem Kreuze bezeichneten und dann unter Aussprechung des Namens Jesu und mit dem Rufe: »Unser Herr stehe mir bei«, die Seele aushauchten. Voll Verwunderung sah und hörte sie dieß und sprach: »Welche Hoffnung haben doch diese Christen, daß sie mit Frohlocken zum Tode eilen wie Hungrige zur Mahlzeit? Wer ist dieser Jesus, den sie so dringend anrufen?« Ihre Seele brannte vor Verlangen, darüber belehrt zu werden. Als die heil. Jungfrau so redete, befand sich ein christlicher Jüngling in der Nähe, der sich aus Furcht vor der Verfolgung verborgen gehalten hatte. Er hörte ihre Fragen und trat, alle Furcht bei Seite legend, hinzu, um ihr die wahre Lehre Christi zu verkünden. »Es gibt noch ein anderes Leben«, sprach er, »und ein Königreich im Himmel. Dieß erben diejenigen, welche diese Peinen aushalten. Sie kommen nach ihrem Martertode in den Himmel und erben das unvergängliche Reich.« Kaum hatte sie diese Worte vernommen, so erglühte auch ihr Geist; sie sprach zu ihm: »O könnte auch ich die Herrlichkeit, von welcher du geredet hast, sehen!« Der Jüngling erwiederte: »Wenn du an unsern Herrn Jesus Christus glaubst, der zur Erlösung der Menschen am Kreuze gestorben ist, so wird Er alsbald sein Licht in deinem Geiste leuchten lassen, und dir die Herrlichkeit jener Welt zeigen.« Die Heilige antwortete: »Wie, wenn ich die nämlichen Worte ausspreche. welche diese Christen in der Todesstunde sagen, erscheint mir dann jene Herrlichkeit oben im Himmel?« Der Jüngling wiederholte: »Wenn du dem Götzendienste entsagst, und von deinem ganzen Herzen den Einen Gott bekennst, der Himmel und Erde erschaffen hat, so wird Er dich alsbald die unsichtbare Herrlichkeit der unsichtbaren Welt sehen lassen.« Indessen wunderte sich ihr Gefolge, daß sie mit einem Fremdlinge redete, während sie sonst wegen der Würde ihres Vaters nicht einmal die Ersten der Stadt eines Wortes würdigte. Aber ihr Geist fing bereits an, sich Christo zu nähern. Freudigen Erstaunens erhob sie sich von ihrem Stuhle, blickte zum Himmel, bezeichnete, wie sie es bei den heil. Martyrern gesehen hatte, ihre Stirne mit dem Kreuze, und sprach laut: »Unser Herr Jesus Christus! Du wahrer Gott der Christen, öffne mir doch die Augen, daß ich das herrliche Licht jener unsichtbaren Welt sehen kann! Errette mein Leben vom Verderben, zeige mir deine Wahrheit, erbarme dich meiner in dieser Stunde!« Und, o Wunder! während sie so betete, öffnete sich der Himmel und sie sah ein Licht voll großer Herrlichkeit wie eine Säule herabschweben vom Himmel und über den Leibern der Heiligen, die auf dem Gerichtsplatze lagen, stille stehen. Auch sah sie, wie die Seelen der Hingerichteten in den Himmel fuhren Bei diesem Anblicke ergriff sie freudiges Leben, Verwirrung und Erstaunen. Sie verließ ihren Platz, eilte auf die Richtstätte, drang durch die Volksmenge, warf sich auf die Leiber der heil. Martyrer und rief weinend mit lauter Stimme: »Unser Herr Jesus Christus, gib mir die Gnade, daß ich um deines Namens willen mit diesen Getödteten vereiniget werde und daß mein Blut sich mit dem ihrigen vermische.« Da eilte ihr Vater, welchem man von der unerhörten That seiner Tochter Nachricht gegeben hatte, mit zerrissenem Gewande herbei, laut klagend über die Schande, die seine Tochter ihm angethan habe. Der Richter übergab sie ihm. Der Vater führte sie mit ihrem vom Blute der Martyrer gerötheten Kleide, und fast erstickend vor Weinen, nach Hause. Die Sonne ging eben unter. Man brachte ihr das Abend essen, aber sie rührte nichts an. Die ganze Nacht hindurch flehte sie mit ausgestreckten Händen: »Herr Jesus Christus, ich bin durch deine Gnade gläubig geworden, entferne dich nicht mehr von mir!« Um Mitternacht hatte sie eine Erscheinung, welche sie also anredete: »Fürchte nicht die Peinen, welche über dich kommen werden, denn du wirst die Siegeskrone erlangen und gewürdigt werden des Antheils der Heiligen im Lichte.« Kaum war es Tag geworden, als schon der Vater weinend in ihr Gemach trat. Auch er hatte nicht geschlafen vor lauter Betr übniß. Er traf die Tochter im Gebete auf den Knieen. Meine Tochter, sprach er, ich bitte dich, bringe meine grauen Haare nicht mit Schande ins Grab. Erkläre dich, was du thun willst. Meine Seele ist deinetwegen in ein Meer von Betrübniß versunken. Sie antwortete: »Wie gerne vollzöge ich in Allem deinen Willen! Aber du mußt deinen Irrthümern entsagen und die stummen Götzen verlassen, um den Einen und lebendigen Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, anzubeten.« Der Vater: Wie? du meinst also, es sei erlaubt, den Göttern zu entsagen, welche selbst die Kaiser anbeten, und an ihre Stelle einen Menschen setzen, welchen die Juden zu Jerusalem gekreuziget haben? »Ja,« gab sie zur Antwort, »eben diesen Jesus, der sich zu Jerusalem kreuzigen ließ zum Heile unserer Seelen, bekenne ich und bete Ihn an! Nichts soll mich von seiner Liebe scheiden. Für seinen Namen ertrage ich Alles. Mit Freuden gebe ich für ihn meinen Leib dem Feuer preis und den eisernen Kämmen und allen Qualen, meine Seele aber empfehle ich in seine Hände.« Als der Vater dieß gehört hatte, knirschte er vor Wuth und überlieferte die ungehorsame Tochter dem Stadtpräfecten Julius. Auf dem Wege zum Richtplatze gelang es ihr, auch ihren Bräutigam Seleucus für den Glauben zu gewinnen. Eine siebentägige Bedenkzeit, die ihnen gelassen wurde, hatte nur die Folge, sie noch mehr in ihrem Vorsatze, für Jesus Alles zu leiden, zu kräftigen. Man darf annehmen, daß sie Gelegenheit zum christlichen Unterricht erhielt und getauft wurde. Wenigstens setzen ihre spätern actenmäßigen Antworten einen solchen Unterricht voraus. Unter Anderm sprach nämlich der Richter zu Stratonica: Du hast die Schriften der Christen nie gelesen, wie ist es möglich, daß du Stellen aus ihnen anführest? worauf sie antwortete: »In den heiligen Schriften der Christen heißt es: In den letzten Tagen werde ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch und euere Söhne und Töchter werden prophezeien.« Bald hernach führt sie Worte Christi und der Psalmen an, und zeigt überhaupt eine große Kenntniß der Heilswahrheiten. Dieselbe kann aber, wie Einige annehmen, auch eine übernatürlich eingegossene gewesen sein. Ihr Martyrium war nicht blos äußerst schmerzlich, sondern auch ebenso wunderbar. Diese Neubekehrten ertrugen alle Beinen mit unüberwindlicher Geduld. Ihre Wunden tödteten sie nicht, sondern verherrlichten nur die Macht Christi, für dessen Namen sie alle erden Uichen Qualen glorreich überstanden. Zuletzt gefiel es dem Richter, sie zum Verbrennungstode zu verurtheilen. Die »Acten« erzählen: »Die Schergen banden sie sogleich mit Ketten und stellten sie zwischen die Holzstöße. Als sie nun dieselben anzünden wollten, öffnete sich der Himmel, es erfolgte ein starkes Erdbeben, und Feuer fuhr hernieder wie bei heftigem Blitzen, entzündete das Holz und verbrannte die Schergen und alle näher Stehenden. Die Uebrigen sahen, wie das Feuer über den Häuptern der Martyrer Christi zusammenschlug und rings um sie her loberte gleich den Wogen des Meeres; die Heiligen aber waren mitten in Flammen wie die Fische im klaren Wasser, ihre Kelten waren gelöst, und sie gingen umher und sangen das Lob Gottes. Zuletzt sammelte sich das Feuer und bildete eine Art Zelt; es erschienen zwei Engel mit weißen feurigen Gewändern in den Händen, welche sie beschattend über die Martyrer ausbreiteten. Von 3 bis 9 Uhr des Tages konnte die ganze Stadt dieses außerordentliche Schauspiel erblicken. Viele wurden gläubig, da sie die Heiligen unverletzt stehen sahen, leuchtend gleich den Strahlen der Sonne und von Lichtströmen herrlich verklärt.« Der Richter selbst war voll Erstaunen und berichtete die Begebenheit dem Kaiser. Von diesem erging der Befehl, die beiden Blutzeugen Christi enthaupten zu lassen. Sie vollendeten beide mit dem Rufe: »Herr Jesus Christus, nimm meinen Geist auf!« Ihre Leichname wurden von den Christen einbalsamirt, in Seide eingewickelt und ehrfurchtsvoll in einem Sarge bestattet. (Asseman-Zingerle II. 54–109.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.