Theodorus, S. (74)

Theodorus, S. (74)

74S. Theodorus, Abb. Conf. (12. al. 11. Nov.). Dieser hl. Abt und Bekenner, welcher im Mart. Rom. zum 12. Nov. genannt wird, steht in den griechischen Kalendern am Tage vorher. Er war im J. 789 zu Constantinopel geboren. Das Kloster Saccudion, in welches er als 22jähriger Jüngling eintrat, war von seiner Mutter Theoctista, einer Schwester des hl. Plato1 gestiftet worden. Ueber seinen wissenschaftlichen Bildungsgang wissen wir nichts Näheres, ersehen aber aus seinem spätern Leben, daß er in der Philosophie wohl bewandert, und auch in der Dichtkunst geübt war. Seine Erziehung und Bildung stand anfänglich unter Leitung seines heil. Onkels. Schon als Jüngling hätte er lieber sein Leben geopfert, als daß er sich eine Uebung hätte verbieten lassen, welche der kathol. Glauben als gut und gottfällig bezeichnet. Auf diese Weise wurde aus ihm einer der größten Glaubenshelden. Einiges hierauf Bezügliche ist (H.-L. IV. 944 und 955) schon hervorgehoben. Als sein Onkel im J. 794 sein Amt niederlegte, lenkte er die Wahl auf seinen jetzt 35jährigen Neffen. Bald darauf begannen seine Leiden. Als er sich weigerte, die ehebrecherische Ehe des Kaisers Constantinus VII. Porphyrogenitus als rechtmäßige Ehe anzuerkennen, wurde er und seine Mönche schwer mißhandelt. Im J. 796 folgte seine erste Verweisung nach Thessalonich. Er blieb dessenungeachtet standhaft auf seiner Weigerung und machte dem Papste Hadrian I., welcher damals bereits gestorben war, ausführliche Mittheilung; von seinem Nachfolger Leo III. erhielt er Geschenke und ein Trost- und Aufmunterungsschreiben. Nach dem Tode des Kaisers im J. 797 kehrte der hl. Abt im Triumphe über Constantinopel in sein Kloster Saccudion zurück, um seine gewohnte, dem Dienste Gottes und der eigenen Vervollkommnung gewidmete Lebensweise fortzusetzen. Neue Mönche sammelten sich um den großen Meister. Außerhalb des Klosters dauerten die kirchlichen Kämpfe unter beständiger Einmischung der Regierung fort. Dieß hatte zur Folge, daß das Reich innerlich immer mehr zersplitterte, und die Feinde von außen ein Stück um das andere davon abrissen. Schon konnten die Mönche in Saccudium sich nicht mehr halten, weil die Saracenen bis vor die Thore von Constantinopel streiften, und nahmen daher auf Einladung der Kaiserin Irene im J. 798 das Studitenkloster (von seinem Gründer sogenannt) in Besitz. Von da erhielt er den Beinamen »der Studite«. Der Ruf seiner Thätigkeit wuchs täglich mehr an, so daß sein Kloster in kurzer Zeit 1000 Mönche zählte. Die schweren Leiden und Bedrängnisse, welche für das Kloster nach dem J. 806 eintraten, wolle man unter S. Plato1 nachlesen. Der hl. Theodor ertrug dieselben mit heldenmüthiger Geduld und tröstete durch zahlreiche Briefe, die er aus dem Gefängnisse schrieb, seine Leidensgenossen. Im J. 809 mußte eine Synode auf den Befehl des Kaisers beschließen: 1) daß die Bischöfe von allen Kirchengesetzen ohne Einschränkung disspensiren können; 2) daß der Kaiser über denselben stehe. Dagegen machte der hl. Theodor geltend, daß die Kirchengesetze auf den Grund des göttlichen Gesetzes erlassen, und daher unabänderlich seien. Insbesondere sei es rühmlich und verdienstvoll, für das evangelische Ehegesetz verfolgt zu werden. Die Großen der Welt von diesen Gesetzen ausnehmen heiße die Anarchie predigen. Wenn man dem Fürsten die Ehebrüche und die Ketzerei nicht verwehre, wie wolle man den Untergebenen verbieten, dem Beispiele des Fürsten zu folgen. Ist etwa der Kaiser größer als der Engel, welchem der heil. Paulus das Anathem verkündet, wenn er dem Evangelium widerspricht? Sobald die Kirchengesetze nichts mehr gelten, höre auch das Priesterthum, das Opfer und überhaupt jedes Heilmittel für die kranken Seelen auf. Die Folge dieser Erklärungen war die Erneuerung seiner Verbannung. Längere Auszüge aus seinen Schriften sind hier nicht am Orte; sie sind alle beredte Zeugen seiner Kenntnisse und seines Muthes. Die höchste Bedeutung hat für ihn den römische Stuhl. Seine Lehre hierüber lautet (Ep I. 33): »Christus unser Gott hat dem großen Apostel Petrus die Würde des obersten Hirtenamtes verliehen; daher muß Alles, was von den Neuerern von der überlieferten Wahrheit Abweichendes eingeführt wird, an Petrus oder seinen Nachfolger gebracht und von ihm entschieden werden.« Kaiser Nicephorus, welcher sogar die Paulicianer und Manichäer schützte und vertheidigte, schien nur einen Feind, die katholische Kirche, zu kennen, indem er Bischöfe und Priester verfolgte, die Klöster unterdrückte, Aebte und Mönche in die Verbannung schickte. Er fiel am 25. Juli d. J. 811 gegen die Bulgaren. Unter seinem Nachfolger Michael Rhangabe wurde der hl. Theodor wieder zurückberufen. Aber auch der neue Kaiser focht unglücklich gegen die Bulgaren und war deßhalb schon im J. 813 zur Abdankung genöthigt. Als Leo der Armenier den Thron bestieg, wollte er den Militärdespotismus, das Hauptprincip seiner Regierung, auch auf die Kirche ausdehnen. Die Schismatiker und Bilderfeinde schlossen sich ihm an. Es begann eine so wilde Zerstörung der Heiligenbilder, wie sie erst die sogenannte Reformationszeit wieder gesehen hat. Der rechtmäßige Patriarch wurde entsetzt und vertrieben, und eine dem Kaiser gefügige Creatur, dessen Stallmeister, an seine Stelle gesetzt. Auf einer Versammlung von Bischöfen, Aebten und kaiserlichen Beamten, die unter dem Vorsitze des Kaisers stattfand, sprach der hl. Theodorus: »Versuche nicht, o Kaiser, die kirchliche Verfassung zu stürzen. Der Apostel sagt, daß Gott in seiner Kirche Apostel, Propheten, Hirten und Lehrer aufgestellt hat; von Königen sagt er nichts. Dir ist der Staat und das Heer übertragen; sorge für diese, und überlasse den Hirten und Lehrern für die Kirche zu sorgen.« Darauf kam die Verordnung, daß die protestirenden Aebte und Mönche für die Zukunft in dieser Sache vollständiges Stillschweigen zu beobachten, und aller Schriften, Reden und Zusammenkünfte darüber sich zu enthalten hätten. Aber der heil. Abt erwiderte dem Ueberbringer des Auftrags: »Urtheilet selbst, ob es erlaubt sei, den Menschen mehr zu gehorchen, als Gott!« Nach der Verbannung des Patriarchen und erneuerten Angriffen auf die Bilderverehrung hielt er am Palmsonntage d. J. 815 mit seinen Mönchen eine feierliche Procession außerhalb der Mauern des Klosters, bei welcher die Mönche Heiligenbilder trugen und Hymnen sangen. Als dieß dem Kaiser hinterbracht wurde, ließ er Abt und Mönche mit den schwersten Strafen bedrohen. Der hl. Theodor ließ sich nicht einschüchtern; mit der Verfolgung wuchs auch sein Muth und seine Glaubenstreue. Nach Ostern kam ein Concil von Hofbischöfen zusammen, zu welchem auch er gerufen wurde; er gab, zugleich im Namen aller andern Aebte, zur Antwort (Ep. II. 1.), er könne nicht kommen, weil ein wahres Concil nur unter dem Vorsitze des Patriarchen möglich sei; ohne seine Zustimmung könne kein kirchlich gültiger Beschluß gefaßt werden. Demungeachtet nahm das verbrecherische Concil seinen Fortgang; die Bilderstürmerei erreichte den Gipfelpunkt. Die rechtgläubigen Bischöfe, Priester, Aebte, Mönche und Laien wurden bis auf den Tod verfolgt. (Man vgl. hieher die Artikel Nicephorus8, Michael3, Theophylactus von Nicomedia, Euthymius2, Georgius10, Nicetas3, Macarius12, Aemilianus etc.) Der hl. Theodorus wurde in der Festung Metopa gefangen gehalten (vita. n. 81), hörte aber auch hier nicht auf, mündlich und schriftlich die Verfolgten zur Festigkeit und Ausdauer zu ermahnen. Man brachte den Halsstarrigen nach Bonita in Natolien, wo er in strengster Abgeschlossenheit gehalten werden sollte, er aber erklärte schon bei der Wegführung (vita, n. 84.), daß es ihm gleichgültig sei, wohin man ihn bringe, daß er aber niemals seiner Zunge in Glaubenssachen Schweigen auferlegen werde, denn nur aus Liebe zur Wahrheit habe er sich allen diesen Leiden freiwillig unterzogen. Auch sein neues Gefängniß war nicht so eng verschlossen, daß er nicht hätte mit seinen Anhängern verkehren und Briefe wechseln können. Auch dem Papste Paschalis I. machte er seine und der morgenländischen Kirche gedrückte Lage bekannt, und bat ihn (Ep. II. 12.), »das apostolische Haupt,« »den von Gott über die ganze Heerde Jesu Christi gesetzten Hirten,« »den Fels, auf welchen die katholische Kirche erbaut ist«, »in welchem er den Petrus selbst erkenne, weil er auf seinem Stuhle sitze, dem der Herr befohlen habe, seine Brüder zu stärken,« er möge den so schwer bedrängten Brüdern des Morgenlandes seine helfende und schützende Hand reichen. In der That geschah von Rom aus Alles, was möglich war, um die Rechtgläubigen des Morgenlandes zu trösten und aufzurichten. Eine Synode bannte den eingedrungenen Patriarchen und nahm die Verehrung der Bilder in Schutz. Der heil. Theodor dankte in einem neuen Schreiben (Ep. II. 15.) dem Papste, in welchem er ihn als »die von Anbeginn hell und lauter fließende Quelle der Wahrheit,« »den sichern Hafen gegen jeden Wogenandrang der Ketzerei,« »die von Gott erwählte Stätte des Zuflucht und des Heiles« begrüßt. Was die Kirche unter den damaligen Kämpfen zu leiden hatte, sieht man aus einem andern Schreiben Ep. II. 14.) des hl. Abtes: »Die Altäre sind umgestürzt, die Tempel des Herrn bis in die Klöster hinein verwüstet. Sogar der Araber, der euch jetzt auf den Nacken tritt, verfährt nicht so grausam gegen Christus. Bischöfe, Priester, Mönche, Weltleute, jedes Geschlecht, jedes Alter, was immer rechtgläubig ist, wird zu Boden gedrückt. Einige haben bereits im Glauben Schiffbruch gelitten, Andere sind im Innern rechtgläubig, pflegen aber aus Furcht Gemeinschaft mit Ketzern. Viele haben aber doch nicht vor Baal ihre Kniee gebeugt, und unter ihnen ist unser Patriarch, welcher Allen wie im Range, so auch im Beispiele vorangeht. Diese werden verhöhnt und geschlagen, fristen in den Gefängnissen das traurige Leben bei Brod und Wasser, oder weilen in der Verbannung, in den Wüsteneien, auf dem Gebirge und in Erdhöhlen. Einige sind an den empfangenen Schlägen gestorben und als Martyrer zum Herrn gegangen, Andere wurden in Säcke gesteckt und ins Meer geworfen. Auch die Schulbücher sind ketzerisch und stecken die Kinder mit verkehrten Lehren an. Das Bekenntniß der Wahrheit hat augenblickliche Nachstellungen zur Folge. Der Mann ist nicht sicher, daß ihn seine Frau angibt; tausend Kundschafter lauern und bringen dem Kaiser zu, wenn Einer gegen ihn spricht, mit den Ketzern keine Gemeinschaft pflegt, ein heiliges Bild oder ein Buch, das von den Heiligenbildern handelt, im Laden hat, einem armen Verbannten eine Zuflucht gewährt oder einem Gefangenen um der Liebe Christi willen Dienste leistet. Ein solcher wird sofort ergriffen, geschlagen und ausgewiesen.« Hiemit hat der Heilige auch seine eigene Leiden beschrieben. Was er körperlich duldete, schien ihm gering; viel ärger war ihm der Ruin so vieler gottgeweihter Stätten, und der Untergang so vieler unsterblichen Seelen. Was er für sich litt, schrieb er seinen Sünden zu, und meinte, daß er wohl Schwereres verdient hätte. Außer dem Troste, welchen die Verfolgung um der Wahrheit willen durch sich schon gewährt, hatten er und die mit ihm Verfolgten die Freude, sogar im Gefängnisse Bekehrungen zu machen, wie die Briefe zeigen, welche er über die Wiederaufnahme und Buße der Gefallenen schrieb. Diese Briefe trugen aber ihm und den Schreibern jedesmal neue Schläge und härtere Behandlung ein, so daß er öfter dem Tode nahe kam. Am meisten litt er ohne Zweifel, als er im J. 819 nach Smyrna gebracht wurde, wo der abgefallene Erzbischof sein Kerkermeister wurde. Dieser wollte sich des auf ihn gesetzten Zutrauens würdig beweisen und sperrte den hl. Abt in ein dunkles Loch unter der Erde und sorgte reichlich für heftige Schläge. Alle diese Gewaltthätigkeiten waren erfolglos. Da sagte der Erzbischof, er werde den Kaiser bitten, daß er ihm den Kopf abschlage, oder wenigstens die Zunge ausschneiden lasse. Aber dem Tyrannen schlug jetzt seine Stunde; er wurde in der hl. Weihnacht des J. 820 ermordet. Es folgte ihm Michael, zugenannt der Stammler, der seinen Sohn Theophilus zum Mitregenten annahm. »Er wollte Anfangs«, sagt Leo, Gesch. des M.-A. S. 247, in kirchlichen Sachen mit voller Gleichgültigkeit handeln, aber die Bilderfreunde benahmen sich bald so leidenschaftlich, daß sie ihn zur Verfolgung zwangen. Worin bestand aber diese »Leidenschaftlichkeit?« Sie verließen ihre Gefängnisse und Verbannungsorte und kehrten zu den Ihrigen wieder zurück, in dem guten Glauben, daß ihnen ihre Kirchen, ihre Klöster und Altäre zurückgegeben und daß sie in der freien Ausübung der Religion nicht ferner gehindert sein würden. Der hl. Theodor insbesondere rieth dem Kaiser als stehersten Weg zu einem dauernden Frieden eine Gesandtschaft zu dem Oberhaupte der Kirche. Alles dies wurde den Rechtgläubigen abgeschlagen. Der Kaiser erklärte geradezu, er werde die Wiederherstellung der zerstörten Bilder einfach nicht dulden. Aber die »Bilderfreunde« hörten nicht auf zu bitten, und ihre Rechte geltend zu machen, und »zwangen ihn zur Verfolgung.« Allerdings wollte der Kaiser einen Versuch machen, ob nicht auf dem Wege einer Disputation, bei welcher er sich das Urtheil vorbehielt, eine Einigung zu erzielen wäre. Die Rechtgläubigen, an der Spitze der hl. Theodor, weigerten sich dessen. »Es handelt sich hier nicht«, sprach der große Bekenner, »um weltliche Händel, um Fleisch und Blut, worüber die Richtergewalt dem Kaiser zusteht, sondern um überirdische Wahrheiten, welche den Aposteln und ihren Nachfolgern zur Entscheidung übertragen sind.« Man sieht deutlich, daß die Ehrfurcht von der kaiserlichen Autorität diese entschiedene Sprache veranlaßte, um den Kaiser zu warnen, daß er dieselbe nicht auf ein ihm fremdes Gebiet, die Dogmen und den Cult der Kirche verlege, wo sie nur verlieren konnte. Dennoch wurde der Heilige auch politisch verdächtigt und wegen angeblichen Einverständnisses mit dem Prätendenten Thomas zum vierten Male in die Verbannung geschickt. Er starb in Chalcis, nach dem Empfang der heil. Wegzehrung und letzten Oelung am 11. Nov. d. J. 826. Die Hauptausgabe seiner Werke ist von Sirmond. Sie enthalten außer seinem »Testamente«, einer Art Regel für seine Mönche, größtentheils polemische Abhandlungen wider die Bilderstürmer, und zwei Bücher Briefe nebst einigen Gedichten.



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