Carolus Magnus, S. (1)

Carolus Magnus, S. (1)

1S. Carolus Magnus, Imperat. Conf. (28. Jan.). Vom Altd. Kerl = Mann, mannhaft, tüchtig, tapfer etc. Franz. St-Charlemagne. – Der hl. Karl, erster römisch-christlicher Kaiser des Abendlandes – wegen seiner herrlichen Thaten der Große (Magnus), wegen seiner Verdienste um die christliche Religion von einer Mainzer Synode der Allerchristlichste (Christianissimus) und um des Schutzes willen, den er der Kirche Christi angedeihen ließ, der Vertheidiger der kathol Kirche (Defensor Ecclesiae Catholicae) beigenannt – war der Sohn des Frankenkönigs Pipin (des Kleinen oder Kurzen) und der Bertrada (oder Berta), einer griechischen Prinzessin, und erblickte das Licht der Welt am 2. April 742. Ueber seinen Geburtsort sind die Gelehrten noch nicht einig. Nach Einigen wurde er zu Aachen geboren, nach Andern zu Ingelheim bei Aachen; nach Andern in einer Mühle bei dem Wallfahrtsorte »Maria Eich« oberhalb München; nach Andern im Wirzburgischen oder zu Salzburg etc. Frühzeitig verrieth der hl. Karl treffliche Anlagen des Geistes und des Gemüthes, und verlegte sich nach dem Wunsche seines Vaters in seinem 15. Lebensjahre auf die Erlernung der Kriegswissenschaften, in denen er solche Fortschritte machte, daß er später, wo er zur Regierung kam, in den Stand gesetzt war, die herrlichsten Siege über die verschiedensten Völkerschaften zu erringen. Auf den Wunsch seiner Mutter, welcher er bis an ihr Lebensende mit kindlicher Liebe zugethan war, vermählte er sich mit einer longobardischen Königstochter, von der er sich aber aus unbekannten Ursachen nach einem Jahre trennte, und sich dann mit einer Deutschen aus dem schwäbischen Adel, Namens Hildegard, verheirathete, die ihm drei Söhne und drei Töchter gab. Im Jahr 768 nach dem Tode seines Vaters zum Könige gekrönt, beherrschte er anfangs eine Zeitlang mit seinem Bruder Karlmann,7 wiewohl in gesonderten Theilen, das fränkische Reich, gelangte aber nach des Letztern Tod im Jahre 771 in seinem 29. Lebensjahre zur Alleinherrschaft. Es ist hier nicht der Ort, alle die glänzenden Siege aufzuzählen, die er über verschiedene Völker Europa's erfocht, und durch die er sein Reich nach allen Seiten erweiterte; es sei nur bemerkt, daß er vor Gott noch Größeres dadurch erwirkte, daß er sich als Beschützer und Vertheidiger der Kirche Gottes bewährte, das Christenthum unter den besiegten Völkern verbreitete, zur Herstellung der Kirchenzucht und zur Erhaltung der reinen Lehre viele Kirchenversammlungen berief, die heilsamsten Anordnungen zur Förderung kirchlicher Zwecke machte, Bisthümer und Klöster gründete, Kirchen erbaute und verschönerte, Schulen und gelehrte Anstalten8 errichtete, und daß er als Christ, besonders in seinen letzten Lebensjahren, durch das gute Beispiel eines bußfertigen und ächtchristlichen Wandels allgemein vorleuchtete. »Man kann zwar nicht in Abrede stellen,« sagt Butler (II. 146), »daß Karl der Große seine ersten Jahre durch Weiberliebe befleckt habe; allein diese Unordnungen seiner Jugend suchte er in der Folge durch aufrichtige Buße zu sühnen. Er kaufte nach der Sprache der heil. Schrift (Dan. 4, 24; Luc. 11,41) seine Sünden durch reichliche Almosen los, die er aller Orten, wo arme Christen waren, spendete.« In gleicher Weise spricht sich auch das (wahrscheinlich von Saussay) verfaßte gallicanische Officium aus. Es entschuldigt die Mackeln seines Lebens nicht, hebt aber ausdrücklich hervor, daß der Heilige die letzten zehn Jahre seines Lebens aufrichtige Buße gethan und auf ungewöhnliche Weise seine Sünden gebüßt habe. Nie versäumte er in gesunden Tagen die kanonischen Tagzeiten, sie mochten bei Tag oder bei Nacht abgehalten werden; viermal wallfahrtete er andachtshalber in die Hauptstadt der Christenheit und bereicherte die Kirche des hl. Petrus; auch für den Gottesdienst traf er mit Bewilligung des Papstes Hadrian, dem er mit aufrichtiger Freundschaft zugethan war, heilsame Anordnungen, indem er nicht nur das Leben der hhl. Martyrer kurz zusammenfassen, sondern auch die Homilien der Väter auf die Sonn- und Festtags-Evangelien sammeln und das Jahr über zur Belehrung des Volkes vorlesen ließ. Schwerlich hat je ein Regent gelebt, der größere Verdienste um das Christenthum und die Kirche sich gesammelt hätte, als Karl der Große, weßhalb auch Papst Leo III. in Anerkennung derselben ihn am Weihnachtsfeste des Jahres 800 in Rom, wo er eben anwesend war, als ersten abendländischen römischen christlichen Kaiser ausrief und krönte, obgleich er nach dieser Würde so wenig gegeizt hatte, daß er vielmehr feierlich versicherte, er würde an jenem Tage, obgleich es für ihn einer der festlichsten gewesen, nicht in die Kirche gegangen seyn, wenn er nur im Geringsten geahnt hätte, was daselbst mit ihm geschehen würde. Die griechischen Kaiser zu Constantinopel fühlten sich anfänglich durch diese Weise der Wiederherstellung des abendländischen Kaiserthums, welches mit dem Romulus Augustulus im Jahre 476 erloschen war, nicht wenig verletzt; allein durch die Großmuth, womit der neue Kaiser sie behandelte, gelang es diesem, daß Kaiser Nicephorus I. (802–811) ihn ausdrücklich als Kaiser des Abendlandes anerkannte. Karl machte sich auch dieser Erhebung würdig; denn nicht nur nahm er sich überall der Kirche mit Nachdruck an, sondern schloß auch Bündnisse mit fremden Fürsten, um den Christen ihrer Länder ein besseres Loos zu verschaffen. Wie sein Biograph Eginhard erzählt, trat er sogar mit dem Könige Aaron von Persien in Verbindung und brachte es durch sein Ansehen bei diesem Fürsten dahin, daß die heil. Stätten in Palästina, besonders das heil. Grab in Jerusalem, unter seine Macht oder Jurisdiction gestellt wurde,9woher es wohl kommen mag, daß die fränkischen Herrscher heute noch das Patronat der Katholiken an den heil. Stätten haben. Vorzügliche Verdienste erwarb sich der hl. Karl durch die Einführung des Christenthums in Norddeutschland, besonders unter den Sachsen. Zwar fehlt es nicht an Solchen, welche die Art der Einführung des Christenthums in jenen Theilen mißbilligen; allein sie bedenken nicht, daß er und sein Land ohne dieses Mittel nie vor den Einfällen dieser rohen Krieger würde gesichert gewesen seyn. Sie sondern also zu wenig das rein Politische von dem Christlichen, bezüglich dessen die Freiheit der Annahme möglichst gewahrt wurde. Wir sehen dieß an der Bekehrung des Sachsen-Herzogs Wittekind (7. Jan.). Obwohl allenthalben geschlagen und gedrängt, verstand er sich doch erst dann zur Annahme des Christenthums, als er beim Oster-Gottesdienste im fränkischen Lager, wohin er in der Verkleidung als Bettler zur Spähe gegangen war, durch die demuthsvolle Haltung des gewaltigen Kaisers Karl auf andere Gedanken gebracht und dann von diesem freundlich belehrt und so bekehrt wurde. Nach Andern soll er, als er dem Gottesdienste beiwohnte, bei der Austheilung der heil. Communion gesehen haben, wie aus den Händen des Priesters bei jedem Empfänger ein wunderschönes Knäblein durch den Mund einging. Ueber dieses Geheimniß später genauer belehrt, nahm er mit seinem Gefolge aus freien Stücken das Christenthum an und hielt dann die dem Kaiser geschworene Treue. – Endlich nahte das Ende des ruhmreichen Lebens unsers Heiligen; er starb den 28. Jan. 814 in einem Alter von 72 Jahren, im 47. seiner Regierung, im 14. seiner Kaiserwürde, und zwar zu Aachen, wo er in dem von ihm erbauten prachtvollen Dom, auf einem goldenen Throne sitzend, mit der Krone auf dem Haupte, das Schwert an der Seite, in der Hand den Kelch, beigesetzt ward. Auf den Knien lag das Evangelienbuch, zu den Füßen Scepter und Schild. Die Gruft ward versiegelt und darüber eine Art Triumphbogen errichtet. Kaiser Otto III. ließ zwar die Gruft wieder öffnen, das Evangelienbuch mit Schwert und Krone herausnehmen und das Grab wieder schließen; aber Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) ließ im Jahre 1165 seine Gebeine erheben und in ein prächtiges Grab, über dessen vermuthlicher Stelle noch jetzt eine Steinplatte mit der Inschriift »Carolus Magnus« ist, legen. Auch bewog er den Papst Paschal III., ihn unter die »Heiligen« aufzunehmen. Diese Canonisation wird zwar, weil sie von einem Gegenpapste ausging, von Einigen als ungültig angesehen; allein da die spätern rechtmäßigen Päpste keine Einsprache dagegen erhoben, vielmehr seine kirchliche Verehrung noch heute an mehreren Orten – z.B. in Aachen, wo sein Fest als dupl. I. Classis gefeiert wird, sowie in andern Kirchen Deutschlands, Frankreichs und Belgiens – gestatten; so trugen wir kein Bedenken, dem Bollandus zu folgen und Karl den Großen unter die »Heiligen« zu zählen, während Andere (z.B. Butler, II. 141) ihn nur zu den »Seligen« rechnen. – Was endlich seine bildliche Darstellung betrifft, so wird der hl. Karl der Große gewöhnlich abgebildet im kaiserlichen Mantel mit Schwert, Scepter und Krone; auch mit einem Buche und dem Modell einer Kirche. Schwert und Buch hat er zum Zeichen seiner für die Ausbreitung des Christenthums geführten Kriege, und das Kirchenmodell, weil er viele Kirchen erbaut hat. Dazu gehört besonders die Frauenkirche in Aachen, die er auch mit vielen kostbaren Reliquien beschenkte, welche zuletzt im Jahre 1846 feierlich zur Verehrung ausgestellt wurden. Die Stadt Aachen verehrt ihn nicht blos als ihren Gründer auf Erden, sondern auch als ihren Patron im Himmel. Im Mart. Rom. kommt übrigens sein Name nicht vor.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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