- Clara, S. (1)
1S. Clara, V. (12. Aug.). Vom Lat. clarus = hell, klar, berühmt etc. – Diese hl. Clara, frz. Ste-Claire, eine Jungfrau und die erste Schülerin des hl. Franciscus, war eine Tochter des Favorino Scisso und der Hortulana, welche beide Eltern sowohl wegen ihrer Geburt als wegen ihrer Reichthümer in ihrem Lande ein großes Ansehen genossen, und wurde etwa im Jahre 1194 zu Assisi, einer in Umbrien auf einem Berge, den man Assi nennt, gelegenen Stadt geboren. Ihre künftige Heiligkeit wurde der Mutter schon vor der Geburt geoffenbart, indem diese im Gebet um eine glückliche Niederkunft die Stimme hörte: »Fürchte dich nicht, denn du wirst ein Licht gebären, das die Welt hell (clarius) erleuchten wird.« Als nun eine Tochter zur Welt kam, erhielt sie, in Hinblick auf diese Verheißung, in der heil. Taufe den Namen Clara Diese zeigte schon von ihrer Kindheit an eine große Liebe zu den Armen und eine ungemeine Anlage zur Frömmigkeit. Ihre Eltern wollten sie in der Welt versorgen und trugen ihr deßhalb eine vortheilhafte Heirath an; allein sie empfand darüber einen lebhaftem Schmerz, weil sie entschlossen war, nur Jesum als ihren Bräutigam zu erkennen, ließ sich daher von einer gottesfürchtigen Frau zum hl. Franciscus, der damals schon in einem hohen Rufe der Heiligkeit stand, führen, und flehte ihn in dieser wichtigen Angelegenheit um seinen Rath an. Die Worte des Heiligen, der von der Verachtung der Welt sprach, machten einen solchen Eindruck auf ihr Gemüth, daß die zarte Jungfrau auf der Stelle den Entschluß faßte, der Welt ganz zu entsagen. Am Montag nach Palmsonntag, den 18. März 1212, entfloh sie nun, in ihre schönsten Kleider gehüllt, aus dem väterlichen Hause, vereinigte sich mit andern Jungfrauen, die ebenfalls durch Frömmigkeit ausgezeichnet waren, und eilte in das Kloster Portiuncula, welches eine (italienische) Meile von der Stadt entfernt lag und wo der hl. Franciscus mit seinen Schülern lebte. Der Heilige empfing sie mit seinen Ordensbrüdern an der Kirchthüre, das »Veni, Creator Spiritus« singend, führte die hl. Clara vor den Altar, schnitt ihr die Haare ab und gab ihr statt der reichen Kleider, die sie auszog, ein Bußkleid, welches in nichts Anderm bestand, als in einer Art Sack, den sie mit einem Stricke um den Leib band. Da der hl. Franciscus damals noch keine Nonnenklöster seines Ordens errichtet hatte, brachte er sie in das Kloster der Benedictinerinen zu St. Paul, wo sie liebreich aufgenommen wurde, und von wo sie später in das Kloster St. Angelus von Panso kam, das in der Nähe von Assisi lag und ebenfalls dem Orden des hl. Benedictus gehörte. Von dem Tage dieser Einkleidung der hl. Clara schreiben die »armen Clarissen« die Jahre der Stiftung ihres Ordens. Die Entweichung der hl. Clara aus ihrem elterlichen Hause machte großes Aufsehen in der Stadt und rief allerlei Beurtheilungen hervor. Allein was auch immer ihre Eltern und die Freunde ihres Hauses unternehmen mochten, sie erklärte standhaft, der höhern Berufung treu zu verbleiben und keinen Schritt mehr in die Welt zurückzuthun. Ihre Standhaftigkeit errang den Sieg, und zwar so sehr, daß sie die Freude hatte, nicht nur ihre Schwester Agnes, sondern auch ihre Mutter Hortulana in dem kleinen an die Kirche von St. Damian stoßenden Hause, das ihr bald darauf der hl. Franciscus angewiesen hatte, zu sehen, um mit ihr der Vollkommenheit nachzutrachten. Bald bestand aufgestellt war, aus dreizehn Personen, wovon drei aus dem berühmten Hause der Ubaldini zu Florenz waren, und in wenigen Jahren erhielt der neue Orden so beträchtlichen Zuwachs, daß er in den verschiedensten Städten Italiens Klöster errichten konnte. Es würde zu weit führen, wollten wir die Lebensweise der hl. Clara in ihrem klösterlichen Asyl des Nähern beschreiben; wir geben nur noch an, daß sie sich wie ihr großer Meister mit der hl. Armuth verlobte und den Geist derselben so sehr zu ihrem eigenen machte, daß, als Papst Gregor IX. (1227–1241) den Artikel der Regel in Betreff der Armuth mildern wollte und den Vorschlag machte, dem Kloster von St. Damian bestimmte Einkünfte anzuweisen, sie ihn hoch und theuer beschwur, doch nichts in dem bisher Beobachteten ändern zu wollen, welche Bitte ihr denn auch gewährt wurde. Dieselbe Bitte wiederholte sie später bei Papst Innocenz IV. (1243 bis 1254), der ihr Begehren im Jahre 1251 durch eine eigenhändig geschriebene Bulle, die er voll der Rührung oft mit seinen Thränen befeuchtete, erfüllte.27 Mehr als einmal bezeugte Gott sichtlich, wie wohlgefällig ihm seine Dienerin sei. Als das Kriegsheer, welches Kaiser Friedrich II. in Italien zurückließ und das großentheils aus Saracenen bestand, auch Assisi belagerte, dabei zuerst auf das außerhalb der Stadt gelegene Kloster St. Damian losging und schon die Mauern erstiegen hatte, ließ sich die hl. Clara, obgleich krank, mit einem Speisekelch (cum capsa argentea), enthaltend das hl. Sacrament, an die Pforte des Klosters tragen, stellte diesen im Angesichte der Feinde auf, warf sich vor demselben auf die Erde nieder und verrichtete unter einem Strom von Thränen folgendes Gebet: »Sollte es möglich seyn, o mein Gott, daß deine Mägde, die du hier versammelt und mit deiner Liebe ernährt hast, in die Hände dieser Ungläubigen fallen9 Errette sie, o Herr, und mich mit ihnen.« Nach beendigtem Gebete hörte sie eine Stimme wie die eines Knaben, die ihr sagte: »Ich werde dich allzeit beschützen.« Zu gleicher Zeit aber bemächtigte sich ein plötzlicher Schrecken der Belagerer und diese ergriffen mit einer solchen Uebereilung die Flucht, daß mehrere aus ihnen gefährlich verwundet wurden. Endlich kam die Zeit, wo die Heilige diese Welt verlassen sollte. Sie ermahnte daher vor ihrem Ende ihre Mitschwestern zur Beharrlichkeit in der Uebung der Armuth, ließ sich die Leidensgeschichte Jesu vorlesen und starb dann ruhig den 11. Aug. 1253, in ihrem 60. Lebensjahre und im 40. nach Ablegung der Ordensgelübde. Den folgenden Tag wurde sie beerdigt, an welchem Tage auch ihr Fest in der Kirche gefeiert wird. Papst Alexander IV. (1254–1261), der als Cardinalbischof von Ostia ihre Leichenrede gehalten hatte, setzte sie nach zwei Jahren (1255) unter die »Heiligen« der Kirche Christi auf Erden; fünf Jahre nachher wurde ihr Leib feierlich von St. Damian in das neue Kloster, welches man auf Befehl des Papstes innerhalb der Stadt erbaut hatte, übertragen, und im J. 1265 eine neue Kirche aufgeführt, welche ihren Namen trägt. Ihrer wird sowohl im allgemeinen Mart. Rom., als im besondern für die Conventualen, die drei Orden und die Capuciner gedacht. Im römischen Brevier steht ihr Fest ebenfalls am 12. August, und zwar sub ritu dupl. Was ihre Darstellung auf Kirchenbildern betrifft, so hat die hl. Clara als Attribut eine Monstranz (Speisekelch) in der Hand, weil sie, wie oben erwähnt, die feindlichen Schaaren damit vertrieb. Was den Abtstab, den sie bisweilen trägt, anbelangt, so kommt er ihr wohl insoferne nicht zu, als sie eine eigentliche Abtissin nicht war und es dahin steht, ob es je Abtissinen des Clara-Ordens gegeben. Nach Radowiz wird sie als Schutzpatronin der Augen verehrt.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.