Clemens I, S. (20)

Clemens I, S. (20)

20S. Clemens I., Papa. (23. Nov. al. 26. April, 27. Mai, 27. Juli). Dieser hl. Clemens, gewöhnlich Clemens Romanus genannt, zum Unterschiede von Clemens von Alexandria, war römischer Papst, und zwar der Erste dieses Namens; auch wird er zu den »apostolischen Vätern« gerechnet. So gewiß dieses ist, so wenig Sicheres weiß man über die wichtigsten Umstände seines Lebens, deren kaum Einer namhaft gemacht werden kann, ohne in ein Labyrinth von verschiedenen Angaben zu gerathen. Nach der gewöhnlichen Annahme, die auch ins römische Brevier überging, war er der Sohn eines gewissen Faustinus (Faustus), ein geborner Römer aus der Gegend des Cölischen Berges. Nach Andern war er seinem Geschlechte nach ein Jude, weil er in seinem ersten Briefe an die Korinther sage, er stamme von Jakob ab, obwohl dieses auch in geistiger Beziehung genommen werden kann. Dem entgegen hält ihn wieder eine andere Meinung für einen Eingebornen von Philippi, und zwar für einen Heidenchristen, weil aus der Stelle im Briefe Pauli an die Philipper 4,3 f., wo unser Clemens als Mitarbeiter Pauli erwähnt wird, hervorgehe, daß er dieser Stadt angehört haben müsse. Damit steht in Verbindung die verschiedene Darstellung seines Verhältnisses zu den hhl. Aposteln Petrus und Paulus. Während die Einen behaupten, seine Bekehrung dürfe nur dem hl. Petrus zugeeignet werden, sprechen sich Andere auf Grund des Philipperbriefes für die Jüngerschaft des hl. Paulus aus und nehmen an, er sei erst später mit dem hl. Petrus in Rom bekannt geworden. Es sei dem, wie ihm wolle, alle Schriftsteller der ersteren Jahrhunderte, die auf ihn zu reden kommen, sprechen von ihm mit der vollsten Hochachtung, und nennen ihn bald »einen apostolischen Mann«, bald »einen Apostel«, bald sagen sie, er sei »beinahe ein Apostel«. Daß er einer der ersten Nachfolger des hl. Petrus in der Regierung der Kirche gewesen, ist über allen Zweifel erhaben; wann er aber auf den hl. Petrus gefolgt sei, und der wievielte Nachfolger desselben er gewesen, darüber herrscht unter den Gelehrten großer Streit, und war schon das christliche Alterthum nicht im Reinen. Für den unmittelbaren Nachfolger Petri, d.h. für den ersten Bischof von Rom nach Petrus, scheint ihn Tertullian zu halten, wenn er sagt, Petrus habe ihn zum Bischof geweiht. Dieß soll auch nach dem hl. Hieronymus die Ansicht der meisten Lateiner gewesen seyn. Andere, wie Augustinus, Optatus von Mileve, der alte Katalog der Päpste, den die Bollandisten im Propyleum zum Monat Mai mittheilen, lassen auf den hl. Petrus unmittelbar den hl. Linus und auf Linus unsern hl. Clemens folgen. Eine dritte Meinung wird hauptsächlich von Irenäus vertreten, dem sich Eusebius in seiner Kirchengeschichte anschließt. Nach diesen gingen die hhl. Linus und Anacletus (Cletus) voraus, und folgte ihnen der hl. Clemens in dritter Stelle nach dem hl. Petrus in der Weise, daß nach Eusebius (H. E. III. 13,15,34) Linus von 68–80, Anacletus von 80–92 und Clemens von 92–101 n. Chr. regierte. Bei dem Mangel an bestimmten äußern Zeugnissen in dieser Sache machen sich die Kritiker der neuern Zeit an die innern Momente, die in dem Briefe des hl. Clemens an die Korinther zur Lösung obiger Frage zu liegen scheinen und sagen, es sei Thatsache, daß der hl. Clemens diesen seinen Brief als Bischof von Rom an jene Gemeinde geschrieben habe; nun aber gehe aus einigen Stellen desselben deutlich hervor, daß er bald nach dem Tode der hhl. Apostel Petrus und Paulus, noch vor der Zerstörung Jerusalems, etwa im Jahre 68 abgefaßt worden; mithin müsse das Pontificat unsers Clemens unmittelbar nach dem Tode der Apostelfürsten seinen Ansang genommen haben. Dabei suchen sie diese Annahme mit der beständigen Ueberlieferung von der Reihenfolge der Bischöfe Roms nach Petrus, die auch im Meßkanon beibehalten ist, nach welchem der hl. Clemens als der Dritten ach dem hl. Petrus vorkommt, dadurch zu vereinigen, daß sie mit Rufin die hhl. Linus und Anacletus zu Lebzeiten des hl. Petrus, etwa während seiner Abwesenheit auf seinen apostolischen Reisen, das Episcopat zu Rom, gleichsam als dessen Stellvertreter, versehen lassen, und schließen, der hl. Clemens habe wohl jene zu seinen Vorgängern gehabt, sei aber doch unmittelbar dem hl. Petrus in der Regierung der Kirche gefolgt.30 Nicht mindere Schwierigkeit bietet die weitere Frage, wie lange der hl. Clemens die römische Gemeinde geleitet habe und wann er gestorben sei. Nach dem römischen Brevier, das vermuthlich die ältere Ansicht vertritt, starb der Heilige im 3. Jahre der Regierung Trajans, d.h. im Jahre 101, und hätte sonach, wenn sein Regierungsantritt in das J. 68 fiele, mehr als 30 Jahre die Kirche regiert; allein dem steht die Ueberlieferung entgegen, daß er nur 9 Jahre 11 Monate und 12 Tage regierte. Für die Annahme, daß sein Tod im Jahre 77 n. Chr. erfolgte, spricht auch der oben erwähnte alte Katalog der Päpste, nach welchem der hl. Clemens bis zum 7. Jahre des Kaisers Vespasian (69–79) regierte. Wohl sucht Papebroch diese Zeitangabe mit jener ältern, wahrscheinlich aus Eusebius entnommenen, dadurch auszugleichen, daß er eine Resignation des apostolischen Amtes annimmt und die Meinung ausspricht, Clemens habe die übrige Zeit seines Lebens bis zum J. 101 der Verbreitung des Evangeliums unter heidnischen Völkern gewidmet; allein die Gründe, die er anführt, sind nicht stichhaltig und basiren auf Aussprüchen, denen man ansieht, daß sie eben nur Erklärungsversuche seyn wollen, weßhalb angenommen werden kann, daß unser Heiliger unter Vespasian gestorben sei. Was den Eusebius aber selbst betrifft, so gibt er nicht an, daß er diese Nachricht aus ältern Geschichtschreibern geschöpft habe, und es möchte sehr zu bezweifeln seyn, ob man in seiner Gegend so genau die Jahre der ersten römischen Bischöfe kannte. An die Frage des Todesjahres des hl. Clemens schließt sich die nach der Todesart desselben an. Wenn der hl. Irenäus die römischen Bischöfe bis Eleutherus († 177) aufzählt, so erwähnt er nur des hl. Telesphorus als eines Martyrers, nicht aber des hl. Clemens; ebenso auch andere Schriftsteller. Dagegen wird Clemens bei Rufin, Zosimus und in allen Martyrologien als Martyrer bezeichnet. Nach den Acta martyrii Clementis (von Simon Metaphrastes bei Surius 23. Nov.) wird sein Martyrium in folgender Weise erzählt: Torquilianus, der Comes officiorum, soll die Verfolgung der Christen durch Bestechung der Präfecten hervorgerufen haben, und sofort zu Rom ein Volksaufstand gegen den hl. Bischof Clemens ausgebrochen seyn. Letzterer ward vor den Stadtpräfecten Mamertinus geführt, der ihn aber schonen wollte und darum mit Zustimmung Trajans in den taurischen Chersones (Krimm) verbannte. Hier traf Clemens schon mehr als 2000 Christen zu den Marmorbrüchen verurtheilt, deren größte Plage war, daß sie das Wasser sechs Meilen weit auf den Schultern herbeitragen mußten. Diesem Ungemach machte der hl. Clemens dadurch ein Ende, daß er auf wunderbare Weise eine Quelle öffnete, die zu einem Flusse ward. (Nach dem Brevier stieg er, nachdem er gebetet, auf einen nahen Hügel, auf dessen Gipfel er ein Lamm sah, welches mit dem rechten Fuße eine dort hervor sprudelnde Quelle süßen Wassers berührte.) Die ganze Gegend staunte darüber, und ihre Einwohner nahmen die christliche Predigt auf, ließen sich taufen, bauten binnen Jahresfrist 75 Kirchen und vernichteten alle Götzenbilder. Auf die Nachricht davon befahl Trajan eine Christenverfolgung, und Clemens wurde mit einem Anker am Hals ins Meer geworfen. Doch auf das Gebet der Gläubigen um die Ueberreste des hl. Mannes wich das Meer 3000 Schritte vom Ufer zurück, und an der Stelle, wo Clemens in die Tiefe versenkt worden war, fand man einen Marmortempel mit dem Leichnam des Heiligen, den Anker zur Seite. Jährlich erneuerte sich das Zurückweichen des Meeres und rief zu neuer Verehrung des hl. Clemens in den Meerestempel; ja, einmal blieb ein Kind daselbst zurück und wurde am nächsten Jahrestage lebend wiedergefunden. Im Mart. Rom. ist zwar von diesen Wundern keine Erwähnung gemacht, wohl aber im römischen Brevier, wo das erstere in Kürze erzählt wird. Das Ganze ist, wie bemerkt, den Acta martyrii Clementis entnommen, welche von Surius mitgetheilt werden, deren Aechtheit aber von einigen Kritikern angezweifelt wird, da man vor dem 9. Jahrhundert von ihrem Vorhandenseyn nichts gewußt habe. Die irdischen Ueberreste des hl. Clemens wurden nach dem Mart. Rom., wie auch nach dem Brevier, im 9. Jahrhundert unter Papst Nikolaus I. (und zwar von Cyrillus und Methodius) nach Rom gebracht und in der St. Clemenskirche beigesetzt. Als Ludwig der Fromme im Jahre 872 die Abtei Cava in den Abruzzen, vier Meilen von Salerno, stiftete, bereicherte er sie mit Reliquien des hl. Clemens, die ihm von Papst Hadrian II. geschenkt worden waren. Außer dem, daß er Mehreres geschrieben hat, wovon noch zwei Briefe als ächt vorhanden sind, ist als bemerkenswerth noch zu erwähnen, daß er Rom in sieben Districte theilte und sieben Notare bestellte, welche, jeder in seinem Bezirke, die Thaten und das Leiden der hhl. Martyrer erforschen und aufschreiben sollten. Seine bildliche Darstellung betreffend, so wird er als Papst abgebild et mit einem Anker, als dem Werkzeuge seines Martyriums. Der Verfasser der »Attribute« (Hanover 1843) meint zwar, er habe einen Anker, weil in einem angeblichen Briefe des Apostels Petrus dem Heiligen aufgetragen wurde, das Schiff der Kirche in den Hafen zu steuern; allein dagegen ist zu bemerken, daß dieß nicht als Grund gelten kann, weil durchgehends die Attribute der Heiligen und besonders der Martyrer auf wirklichen Thatsachen oder allgemeinen Sagen in ihrem Leben beruhen. (El., But., Hl.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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