- Dorothea, SS. (1)
1SS. Dorothea, Theophilus, Christe et Calliste, MM. (6. Febr.). Vom Griech. δῶρον (Geschenk) und ϑεός (Gott) = Gottesgabe, Geschenk Gottes. – Die hl. Dorothea, Jungfrau und Martyrin zu Cäsarea in Kappadocien, wird in der katholischen Kirche sehr hoch verehrt, und kommt ihr Name nicht blos im Mart. Rom., sondern auch im römischen Brevier vor, wo ihr Fest eine 9. lectio hat. In sehr vielen Kirchen, wie z.B. in der Domkirche von Augsburg, ist ihr Fest semiduplex. Von der hl. Dorothea sind Acten auf uns gekommen, welche ziemlich ausführlich ihre Leidensgeschichte enthalten; außerdem aber wird viel Unverbürgtes von ihr erzählt, namentlich seit dem Erscheinen der Legenda aurea von Jakobus de Voragine, Bischof von Genua, der manches Apokryphe in die Lebensbeschreibungen der Heiligen aufnahm. Nach dieser hieß der Vater unserer Heiligen Dorus, war Einer der römischen Senatoren, sehr reich an Aeckern und Heerden, an Palästen, Landhäusern und Weinbergen. Als aber eine Verfolgung über die Bekenner Christi ausbrach, verließ er Alles um Christi willen, und folgte mit seiner Gattin Thea und mit zwei Töchtern, Christe und Calliste, über das Meer in die Landschaft Kappadocien, in deren Hauptstadt Cäsarea er seinen Wohnsitz aufschlug. Hier wurde ihm eine dritte Tochter geboren, welche der Bischof des Ortes heimlich taufte und zugleich ihr einen Namen gab, der aus denen des Vaters und der Mutter zusammengesetzt war – Dorothea (Dorus und Thea). Dorothea ward schon als zartes Mägdlein mit dem hl. Geiste erfüllt, und übertraf, als sie herangewachsen war, alle Jungfrauen der Hauptstadt wie an leiblicher Schönheit, so auch an Zucht, Weisheit und Frömmigkeit. Dieß verdroß den Erbfeind alles Guten, und er beschloß, nicht zu ruhen, bis er die hl. Jungfrau entweder leiblich oder geistig verderbt hätte. Zu dem Ende entzündete er das Herz des Landpflegers Sapricius gegen die Jungfrau und gab ihm ein, mit Darbringung aller Schätze, die er besaß, um sie zu werben. Doch der hl. Dorothea däuchten alle Schätze der Erde verächtlicher als Spreu, und sie erklärte auf das Bestimmteste, wie sie keines andern Bräutigams begehre als dessen, der mit seinem Blute sie zu seinem Eigenthum erworben habe. – Wir wollten diese Nachrichten über ihre Eltern, ihren Namen etc. nur der Vollständigkeit wegen aus jener Legende anführen. Was die hhl. Christe und Caliste betrifft, so waren sie zwar Schwestern unter sich, aber nicht Schwestern der hl. Dorothea, wie Manche annehmen; vielmehr lassen die Acten erkennen, daß sie mit dieser gar nicht verwandt waren, wie dieß auch aus dem römischen Brevier hervorgeht, wo die hhl. Christe und Caliste nur Schwestern unter sich genannt werden. Derselben Ansicht ist auch But ler. – Ebenso unverbürgt ist es, was von der sündhaften Liebe des Statthalters Sapricius, der auch manchmal Apricius, Fabricius etc. heißt, erzählt wird. Nur so viel ist sicher, daß die hl. Dorothea durch Tugend, Weisheit und Glaubenseifer sich hervorgethan habe, und in Folge dessen bei dem Statthalter Sapricius angeklagt worden sei, der sie bei seiner Anwesenheit in Cäsarea vor sich kommen ließ. Hier vor seinem Richterstuhle entspann sich ein längeres Zwiegespräch zwischen ihr und dem Statthalter, der auf alle mögliche Weise sie von ihrem Glauben abwendig machen wollte; allein alles war vergeblich. Die hl. Jungfrau blied standhaft, zeigte die Nichtigkeit der Götzen und suchte den Statthalter eines Bessern zu belehren. »Glaub' es mir, Sapricius,« sprach sie, »daß mich nichts bewegen wird, den unseligen Geistern zu opfern, welche in diesen eitlen Menschen (den sogenannten Heroen und andern nach ihrem Tode vergötterten Menschen) gewohnt haben. Diese lebten so, daß es eine Schande ist, davon zu reden; sie sie im Leben den nicht erkannt haben, der Himmel und Erde, das Meer und Alles was darin ist, erschaffen hat. Die Seelen derer, die ihr unter verschiedenen Bildern anbetet, brennen in einem ewigen Feuer, und zu ihnen werden Alle verstoßen, welche ihren Schöpfer verläugnen und solche Götzen verehren.« Auf diese Worte hin konnte der verblendete Statthalter seiner Wuth nicht länger mehr Einhalt thun; er ließ daher die hl. Jungfrau auf die Folter legen (in catasta sistere). Aber dadurch wurde sie in ihrer Standhaftigkeit so wenig erschüttert, daß sie ihn vielmehr aufforderte, mit den Qualen nicht zu zögern, sondern sie schnell zu vollenden, damit sie bald zur Anschauung desjenigen gelangen möge, dem zu Lieb sie keine Qual, auch den Tod nicht scheue. Hierauf gefragt, wer derjenige sei, dem sie sich ergegeben und wo er wohne, sprach sie von Christus Jesus und der Herrlichkeit des Paradieses. »Er ladet uns ein,« sprach sie, »zum Paradiese seiner Wonne, wo die Gärten immerdar von köstlichen Früchten prangen, wo die Lilien allzeit in blendendem Schmucke erscheinen (albescunt), wo Rosen blühen, die Fluren grünen, die Berge lieblich zu schauen sind, die Hügel glänzen (ornantur), süße Quellen erquicken und die Seelen der Heiligen in Christo selige Wonne genießen.« Hierauf ließ sie der Statthalter den zwei Schwestern Christe und Calliste übergeben, die kurz zuvor vom Glauben abgefallen waren. Er glaubte, durch diese könnte vielleicht die hl. Dorothea am sichersten zum Abfall beredet werden, und verhieß ihnen noch größere Belohnung, wenn sie seine Absicht erreichen würden. Wirklich redeten diese der Heiligen zu, sie sollte dem Richter gehorchen, indem es ja besser sei, das Leben zu erhalten, als in so jungen Jahren in den Tod zu gehen. Dorothea aber sprach dagegen mit so einnehmender Freundlichkeit, pries die Süssigkeiten der göttlichen Liebe mit solcher Begeisterung, schilderte die Freuden des ewigen Lebens in so glühenden Farben, daß Christe und Calliste bald von der schmerzlichsten Reue durchdrungen vor ihr standen, schluchzend sich ihr zu Füßen warfen und sie um ihre Fürbitte baten, daß Gott ihre Reue und Buße gnädig aufnehmen wolle. Bald ließ der Statthalter die hl. Dorothea und mit ihr auch die beiden Schwestern zu sich rufen und fragte die Letztern mit hastiger Neugierde, ob sie Dorothea auf andere Gesinnung gebracht hätten. »Wir haben gefehlt,« riefen sie nun freimüthig, »und sehr übel gethan, daß wir aus Furcht vor der Strafe und schnell vorübergehenden Schmerzen den nichtigen Götzen zu opfern uns bewegen ließen. Dorothea hat uns zur Reue gebracht; sie bittet für uns, und Jesus Christus wird uns gnädig seyn.« Darüber zerriß der Statthalter vor Wuth seine Kleider und drohte ihnen, er wolle sie Beide rücklings aneinander binden und in einen Kessel werfen lassen, wenn sie nicht augenblicklich den Göttern opfern würden; allein die hhl. Bekennerinnen beharrten auf ihrem Bekenntnisse, und der Statthalter ließ seine grausame Drohung vollziehen. Sie wurden in einem Kessel verbrannt. Jetzt kam die Reihe an die hl. Dorothea, welche Zeugin des Heldenmuthes der beiden Schwestern gewesen war und ihnen Muth zugesprochen hatte. Der unmenschliche Statthalter ließ sie abermals auf die Folter legen und dann, als mitten in der Qual, die sie leiden mußte, eine unaussprechliche Freude aus ihrem Angesicht leuchtete, ihre Seiten mit brennenden Fackeln verzehren und sie mit Fäusten ins Angesicht schlagen. Endlich sprach er das Urtheil der Enthauptung über sie aus. Als Dorothea es vernommen hatte, rief sie mit lauter Stimme: »Du Liebhaber der Seelen, ich danke dir, daß du des Paradieses und deiner seligen Gemeinschaft mich würdigest.« Als sie nun zum Thore der Stadt hinausgeführt wurde, und viel Volk ihr folgte, gedachte Theophilus, ein Sachwalter oder Anwalt (Advocatus, Scholasticus36), der Worte, welche sie zum Landpfleger bezüglich des Paradieses gesprochen, und bat verhöhnend, ihm doch auch von den schönen Rosen und Aepfeln zu schicken, die sie im Garten ihres Liebsten pflücken würde. Das versprach auch die hl. Jungfrau, und Theophilus lachte des eitlen Versprechens. Als aber die hl. Dorothea, auf der Richtstätte angekommen, niederkniete und betete, sieh', da stand ein Knabe vor ihr und trug in einem Körbchen – eigentlich in einem Schweißtuche (in orario) – drei Rosen und drei Aepfel, die er der frommen Jungfrau darreichte. Dorothea aber sprach zu ihm: »Thue mir den Gefallen, und bringe diese Rosen und Aepfel dem Theophilus.« Hierauf empfahl sie sich Gott, empfing den Schwertstreich und gelangte selig zur Anschauung des himmlischen Bräutigams. Dieß geschah am 6. Febr. 288 oder 300. Die Bollandisten setzen die Zeit ihres Martyrtodes überhaupt unter Diokletian. Theophilus, der Anwalt des Statthalters, erzählte eben seinen Freunden oder Amtsgenossen (Sodalibus) das sonderbare Versprechen, welches er von Dorothea erhalten hatte. Sieh', da trat ein Knabe zu ihm herein, winkte ihm bei Seite und sprach: »Diese Rosen und diese Aepfel schickt dir Dorothea aus dem Paradiese ihres Bräutigams.« Als er dieß gesprochen, war der Knabe nicht mehr zu sehen. Betroffen stand Theophilus da, und staunte die ungewöhnliche Schönheit der Aepfel und Rosen an; endlich rief er mit bewegter Stimme: »Christus ist der wahre Gott; der Glaube an Ihn ist keine Täuschung.« Die Freunde wollten ihm zureden, doch bei Besinnung zu bleiben; allein er beharrte auf seinem Bekenntnisse. »In ganz Kappadocien,« sprach er, »herrscht jetzt eine strenge Kälte. Nicht ein einziges grünes Zweig ist im ganzen Lande zu finden; was meint ihr, woher sollen diese Rosen und Aepfel gegenwärtig kommen?! Ich spottete der Dorothea als einer Thörin und verlangte Rosen aus dem Garten ihres Bräutigams, und sehet, ein kleiner Knabe (infantulus brevissimus), von dem ich glaubte, daß er kaum werde reden können, kommt zu mir, redet mit holden Worten mich an, übergibt mir Rosen und Aepfel, und ist auf einmal meinen Augen entrückt. Wer kann der Knabe anders als ein Engel Gottes gewesen seyn?« Dem Statthalter wurde nun angezeigt, was mit Theophilus vorgegangen sei. Er rief ihn zu sich und warf ihm als sinnlose Thorheit vor, daß er den christlichen Namen, dem er bisher doch so feind gewesen, auch nur nennen möge. Es entspann sich eine längere Besprechung, indem Theophilus sehr nachdrücklich die Nichtigkeit der leblosen Götzen dem Statthalter vor Augen stellte. Endlich drohte dieser ihm mit den schmerzlichsten Martern, wenn er nicht von dem Bekenntnisse des Gekreuzigten ablassen würde. Theophilus beharrte auf dem Bekenntnisse und der Statthalter brachte seine Drohung in Erfüllung. Er ließ ihn auf die Folter spannen, seine Seiten mit eisernen Krallen zerreißen und mit Fackeln brennen. Der Bekenner aber blieb so heitern Angesichtes, als wenn er nichts zu leiden hätte, und rief mehrmal laut aus: »Christus, Sohn Gottes, dich bekenne ich. Führe mich in die Zahl deiner Heiligen.« Die Marter wurde bis zur Ermüdung der Schergen fortgesetzt. Endlich sprach der Statthalter das Urtheil, daß er enthauptet werden solle. Frohlockend ging der eben so neue als starke Kämpfer Christi der Krone des ewigen Lebens entgegen. – Die Gebeine der hl. Dorothea wurden in der Folge nach Rom gebracht, und werden daselbst in einer prachtvollen Kirche aufbewahrt, welche ihren Namen führt und jenseits der Tiber liegt. Die Namen der hl. Dorothea und des hl. Theophilus,37 der darin ein Scholasticus genannt wird, kommen am 6. Febr. auch im Mart. Rom. vor. – Das Attribut unserer Heiligen ist ein Korb mit Rosen und Aepfeln, und wird sie selbst dargestellt als blühende Jungfrau, mit Schwert und Palmzweig; bisweilen hat sie einen Knaben neben sich, der ihr Aepfel und Rosen bringt; bisweilen auch sind es drei Rosen und drei Aepfel; und manchmal ist ihr Haupt mit einem Kranze von Rosen umwunden, oder sie hält einen Rosenzweig in der Hand.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.