- Georgius, S. (12)
12S. Georgius, M. (23. al. 24. April). Dieser hl. Martyrer Georgius wird in den Kirchen des Morgen-und Abendlandes als einer der größten und ruhmreichsten Blutzeugen verehrt. Er führt bei den Griechen den Beinamen Μεγαλόμαρτυρ d. i. »Erzmartyrer«, wörtlich »großer Martyrer«. Nach Butler (V. 254) standen ehemals in Constantinopel 5 bis 6 Kirchen seines Namens; eine derselben stieß an ein zur Seite der Propontis gelegenes Kloster, und daher bekam der Hellespont oder die Meerenge der Dardanellen den Namen »Arm des hl. Georgius«. Besonders ist sein Name in Rußland hoch gefeiert, wo sein Bild als Herzschild im kaiserlichen Wappen sich findet. Vom äußersten Norden bis zum tiefsten Süden im ganzen Umfange der christlichen Welt verherrlichen Kirchen, Klöster, Altäre, Statuen, Bilder und Lieder sein glorreiches Zeugniß für den Herrn; ja sogar einem ganzen Lande (Georgien) hat er den Namen gegeben. Vom Volke wird er als Helfer in aller Noth angerufen, und viele Wunder, besonders Siege in Schlachten gegen die Ungläubigen, werden seiner Fürbitte zugeschrieben. Vorzüglich war dieses in den Kreuzzügen der Fall, wo er gegen die Saracenen wohl selbst in den Lüften kämpfend gesehen wurde. Er ist Hauptpatron von Genua und Schutzpatron von England. Das im J. 1222 zu Oxford gehaltene Concilium verordnete, daß sein Fest in ganz England ein gebotener Feiertag seyn solle. Unter seinem Schutz hat König Eduard III. den im J. 1330 errichteten Orden des Hosenbandes (Garter) gesetzt, und auch in Bayern steht der Orden zur Vertheidigung der unbefleckten Empfängniß Mariä unter seinem Schutze. Bei all dem ist von seinem Leben wenig Sicheres bekannt. Die sogenannten »Acten«, die wir von ihm haben, sind unächt und verdienen, weil von Arianern geschmiedet, keinen Glauben; sie wurden deßwegen auch auf einem Concil zu Rom unter Papst Gelasius II. im J. 494 verworfen. Hieraus haben Einige den voreiligen Schluß gezogen, es habe nie ein hl. Georg existirt. Diese Annahme widerspricht jedoch aller vernünftigen Forschung. Oder wie könnte auf diese Art seine allgemeine und ununterbrochene Verehrung und das große, im Laufe der Zeiten stets zunehmende Vernauen, das in allen Theilen der christlichen Welt seit dem Kaiser Constantinus auf seine Fürbitte gesetzt wurde39, erklärt werden? Muß nicht vielmehr die Aufgabe einer ächt wissenschaftlichen Kritik darin bestehen, das unzweifelhaft Historische von dem Sagenhaften abzuschälen und auf diese Art der Wahrheit möglichst nahe zu kommen? Dahin sind in der That auch die Bemühungen aller rechtgläubigen Forscher von jeher gerichtet gewesen. Sicher ist hienach, daß der hl. Georg unter dem Kaiser Diocletian, wahrscheinlich beim Anfange der letzten blutigen Verfolgung im Jahr 303, zu Nikomedia40 litt. Nach dem Metaphrastes stammte er aus einer angesehenen Familie in Kappadocien und zog dann nach dem Tode seines Vaters mit seiner Muter nach Palästina, wo diese gebürtig war und bei Lydda (zwischen Joppe und Jerusalem) viele Besitzungen hatte. Dann nahm er Keiegsdienste und wurde vom Kaiser Diocletian zu hohen Ehrenstellen erhoben, später aber, da er sich als Christen erklärte, auf Befehl desselben zuvor grausam gemartert und dann enthauptet, was, wie schon bemerkt, nach Einigen zu Nikomedia, nach Andern zu Lydda geschah.) – Einige führen die Berühmtheit seines Namens auf die Erzählung des Eusebius zurück, worin er berichtet, ein vornehmer christlicher Jüngling habe die an den öffentlichen Plätzen der Stadt angeschlagenen Verfolgungs-Edicte abgerissen und sei der Erste der christlichen Helden geworden, die für den Glauben starben. Daß er vor seiner Enthauptung verschiedene schwere Martern erduldete, ist auch dann noch sicher, wenn wir alle von ihm vorhandenen »Acten« für Dichtungen erklären;41 denn die Liturgien, vor allen das Sacramentarium Gregors des Großen, wovon unten, sind unumstößliche historische Beweise für sein Martyrthum. Hiemit freilich müssen die Leser sich begnügen. Berühmt ist die Sage von dem erlegten Drachen und der hiedurch erfolgten Befreiung einer königlichen Jungfrau, welche nach Einigen Aja genannt wird, von der Todesgefahr. Sie entstand vermuthlich, indem man ältere vorhandene Sagen des Heidenthums an seinen Namen knüpfte, um ihnen hiedurch ein christliches Gepräge zu geben. Als Schauplatz des Kampfes wird bald Lydien, bald Kappadocien, bald die Umgebung von Berytus in Syrien genannt. Vor dem 12. Jahrhundert ist die Sage ganz unbekannt, während sie im 14. bereits allgemein verbreitet war. Namentlich in Deutschland fand sie überall bereitwillige Aufnahme; denn hier war die Sage »vom gehörnten Sigfrid« ihr natürlicher Boden. Sie fand in der Legende vom hl. Georg ihre christliche Bearbeitung. Anfänglich hatten auch die Bildnisse des Heiligen den Drachen nicht bei sich. Die Künstler wollten aber den Kampf dieses christlichen Helden symbolisiren, und was lag diesem Zwecke näher als die Ueberwindung des Drachen? Die Frauensperson bedeutet nach der Legende die Kaiserin Alexandra, welche durch das Beispiel und die Fürbitte des Heiligen bekehrt wurde.42 Daß er, wie bemerkt, um des Namens Christi willen schwere Martern erduldet habe, geht aus dem Sacramentarium des hl. Papstes Gregorius I. hervor, worin es unter Anderm hieß: »Gott, für dessen Namens ehrwürdiges Bekenntniß der selige Martyr Georgius verschiedene Peinen ertragen und durch deren Besiegung die Krone der Ewigkeit verdient hat ...« Aus diesem Grunde wurde er früh schon, wie der alte Ordo Romanus bestätigt, in Kriegsgefahr zugleich mit den hhl. Mauritius und Sebastianus angerufen. Ebenso alt ist die Verehrung seiner Reliquien, von welchen einige bereits durch die hl. Kaiserin Helena nach Rom gekommen sind. Daß so viele Städte sich rühmen, solche zu besitzen, darf uns nicht abhalten, die Aechtheit vieler von ihnen anzuerkennen; »denn,« sagt der hl. Gregorius von Nazianz, »die Gläubigen ehren mit Frömmigkeit und heiliger Gesinnung den ganzen Leib, wo nur ein auch noch so geringes Stäubchen eines Heiligen sich befindet, da es ja dieselbe Kraft besitzt, wie der ganze Leib.« Dabei kann vielleicht zugegeben werden, daß die betreffende Kirche nicht eben von diesem hl. Georg Reliquien hat, sondern, weil sie überhaupt solche von irgend einem hl. Georg besitzt, diesen Erzmartyrer in denselben verehrt. – Im röm. Brevier findet sich sein Fest sub ritu dupl. am 23. April und am nämlichen Tage auch im Mart. Rom, wo es ausdrücklich heißt, daß die Kirche Gottes sein hochberühmtes Martyrium unter den Kronen der Martyrer verehre. In manchen Gegenden43 wird sein Fest am 24. April gefeiert, wie z. B. in der Diöcese Augsburg, wo auf den 23. April das Fest des hl. Fidelis von Sigmaringen fällt. – Auf Bildern wird er gewöhnlich als Ritter zu Pferd dargestellt, wie er einen Drachen erlegt und dadurch eine Jungfrau befreit, die dem blutgierigen Drachen vorgeworfen werden sollte, um ihn von weiteren Landesverwüstungen abzuhalten etc. – Auf die Fürbitte des hl. Georg geschahen in allen Ländern unzählige Wunder, wie solche von den Bollandisten aus den sichersten Quellen erzählt werden. (III. 100–163.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.