- Gregorius, S. (6)
6S. Gregorius II., Papa. (13. Febr.) Der hl. Papst Gregor II. wurde im J. 669 zu Rom (nicht in Syrien) geboren als der Sohn reicher und vornehmer Eltern, welche Marcellus und Honesta hießen. Das Haus, in welchem sie wohnten, verwandelte der Sohn in ein Kloster, das gegenwärtig die Brüder der christlichen Lehre bewohnen. Als Jüngling besuchte er die Lehr-und Erziehungs-Anstalt, die Papst Sergius eröffnet hatte, und wurde unter den Päpsten Johann VI. und VII., also in den ersten Jahren des 8. Jahrhunderts, Sacellarius (Schatzmeister) und Bibliothekar. Er muß sich frühzeitig durch besondern Muth und große Gewandtheit in den Geschäften ausgezeichnet haben; denn er wurde bald hernach als Begleiter des Papstes Constantin beigezogen, als dieser nach Constantinopel und Nikomedia ging, um die wegen der sog. Trullanischen Synode noch bestehenden Schwierigkeiten mit dem Kaiser Justinian persönlich zu beseitigen. Bald nach seiner Rückkehr starb Papst Constantin, und am 28. April 71587 bestieg Gregor den Stuhl des hl. Petrus und lenkte das Steuerruder der Kirche mit so vieler Kraft und Entschiedenheit, daß Baronius behauptet, Gregor II. sei dem Ersten an Größe nicht nachgestanden. Vor Allem mußte er den Wirren und Drangsalen der griechischen Kirche seine Sorgfalt zuwenden. Kaiser Justinian war im J. 711 ermordet, sein Nachfolger Philippicus entsetzt und geblendet, Anastasius im J. 716 verdrängt worden, und Theodosius III. hatte kaum die Herrschaft angetreten, als er im J. 717 dem Isaurier Leo Platz machen mußte. Wie auf dem kaiserlichen Throne, so herrschte auch auf dem Patriarchenstuhle zu Constantinopel ein beständiger Wechsel von rechtgläubigen und ketzerischen Patriarchen. Nach dem Tode des Justinian war der hl. Cyrus1 verdrängt, und der häretische Johannes an seine Stelle gesetzt worden. Durch Gregors II. Bemühungen übernahm unter Leo dem Isaurier, der anfänglich dem Papste die besten Versicherungen seiner Rechtgläubigkeit gab, der hl. Germanus das Patriarchat von Constantinopel. Während Gregor II. auf diese Art im Orient der Kirche den Frieden zu geben bemüht war, beschäftigte er sich im Abendlande mit Ausführung verschiedener Maßnahmen zur Verbreitung des Evangeliums. Zunächst leuchtete er den Römern durch sein heil. Beispiel vor Augen. Er stellte einen großen Theil der Stadtmauern wieder her, erbaute neue, restaurirte verfallene oder dem Verfalle nahe Kirchen, und sorgte durch fromme Stiftungen für die Armen und Alten. Auch der Kirche des heil. Kreuzes zu Jerusalem, welche durch die Plünderungen der Saracenen großen Schaden gelitten hatte, wendete er reiche Gaben zu. Das Kloster auf Monte Cassino wurde durch ihn wieder mit Mönchen besetzt, das Kloster St. Paul von Grund aus erneuert. Besonders ist Deutschland und Bayern dem hl. Gregor verpflichtet. Er sendete dahin die hhl. Bonifacius7 und Corbinian; unter ihm bereitete sich der hl. Willibald im Kloster zu Cassino auf seine Missionsthätigkeit vor; auf seinen Rath war der hl. Petronax, ein Bürger von Brixen, ebendaselbst eingetreten und hatte die Vorstandschaft des Klosters übernommen; er weihte den hl. Bonifacius persönlich zum Bischofe und übertrug ihm apostolische Vollmacht »über alle germanischen Völker«; an ihn wendete sich der hl. Bonifacius in seinen Zweifeln; von ihm erholte er sich Muth und Trost in Bedrängnissen. »Er redete mit ihm Vieles über das geistliche und fromme Leben, daß sie oft den ganzen Tag in solchen Gesprächen zubrachten,« und übergab ihm eine geschriebene Anleitung über das kirchliche Recht, Briefe an Karl Martell und die Fürsten Deutschlands, alles zu dem Zwecke, die Bekehrungen, welche Bonifacius gewirkt, und die Kirchen, die er gegründet hatte, zu erhalten, zu befestigen und zu erweitern. Auch das ferne England brachte unter Gregor zahlreiche Pilger, die zu den Gräbern der Apostel wallfahrteten; der berühmteste unter ihnen ist der hl. Inas, der Stifter einer Schule und einer eigenen Kirche mit Begräbnißplatz für Engländer, im J. 727. Nicht minder thätig war der hl. Gregor für die Reinerhaltung der evangelischen Lehre und Zucht innerhalb der Kirche. Er hielt mehrere Synoden in Rom, z. B. im J. 721, wo weise Canones gegen die blutschänderischen und gottesräuberischen Ehen, gegen den Gebrauch von Zauberkünsten und Magie und gegen weltlichen Haarschmuck der Priester erlassen wurden. Ebenso später gegen die Bilderstürmer und ihren kaiserlichen Anführer, den er in ernsten und kräftigen Ausdrücken ermahnte, dieses sacrilegische Beginnen zu lassen, indem er ihn auch erinnerte, wie die grausame Begünstigung häretischer Umtriebe der römischen Herrschaft im Abendlande den letzten Druck geben müsse. Mit welchem Muthe er hiebei auftrat, möge folgende Stelle aus seinem zweite Schreiben an den Kaiser beweisen: »Du schreibst in deinem letzten Briefe: Ich bin Kaiser und Hoherpriester. Fürwahr, deine Vorgänger, Constantin der Große, Theodorius der Große, waren wirklich Kaiser und Priester zugleich; denn sie bethätigten ihr Priesterthum dadurch, daß sie im Verein mit den Bischöfen für das Wohl der Kirche arbeiteten, Synoden versammelten und die Sache der Wahrheit sich angelegen seyn ließen. Du aber hast seit deiner Erhebung ganz andere Wege eingeschlagen; du trittst die altherkömmenliche Religion mit Füßen, du beraubst die Kirchen ihres Schmuckes und verhöhnst die Religion« u. s. f. Bisher war Gregor bemüht gewesen, den Abfall Italiens zu verhindern. Durch ihn wurden die Longobarden genöthigt, die Stadt und das Gebiet von Ravenna, dessen sie sich bemächtigt hatten, wieder herauszugeben. Als die feindlichen Heere sich nach W. W. (K. -L. IV. 690) bereits zwischen der Tiber und dem Vatikan gelagert hatten, begab sich Papst Gregor mit einigen Begleitern in dgs Lager des Königs Luitprand, wo er diesen durch die Macht seiner Beredsamkeit so überwältigte, daß er sich dem Papste zu Füßen warf, die Römer seines Schutzes versicherte und große Geschenke auf das Grab des hl. Petrus niederlegte. – Noch immer gingen die Anordnungen des Kaisers durch die Vermittlung des Papstes an die abendländischen Fürsten. So lang möglich, wurde diese Oberhoheit des Kaisers Leo geschützt und vertheidigt. Nun aber, seit dem J. 726, machte dieser die widerrechtlichsten Eingriffe ins kirchliche Gebiet, in die Dogmen und Satzungen, die dem Papste und den Bischöfen allein zur Entscheidung obliegen. Gregor waltete seines Amtes. Er lobte den hl. Germanus, nannte ihn »den gesegneten, von Gott geliebten Bruder, einen ausgezeichneten Vorkämpfer der Kirche«, und hieß ihn auf den Schutz der hl. Jungfrau sein Vertrauen setzen. An den Kaiser schrieb er unter Anderm: »Wir müssen dir ungelehrt und einfältig schreiben, da du ungelehrt und einfältig bist. Du solltest wissen, daß die Dogmen der heil. Kirche den Bischöfen, nicht den Kaisern zur Entscheidung zustehen.« Die Entheiligung der Bilder und die dabei vorgekommenen Grausamkeiten nennt er »Bubenstreiche« (puerilia et juvenilia facta), die um so weniger zu entschuldigen seien, als sie den Abfall von ganz Italien zur Folge haben würden. »Die Städte Italiens werden sich eigene Magistrate aufstellen,« schreibt er, »da du nicht im Stande bist, uns zu schützen.« In einem andern apostolischen Schreiben sagt der Papst unter Anderm: »Wie der Bischof nicht die Befugniß hat, den Palast zu beaufsichtigen und die königlichen Aemter zu verleihen, so hat auch der Kaiser kein Recht, weder die Kirchen zu beaufsichtigen, noch die Wahlen im Klerus vorzunehmen, noch zu weihen, noch die Sacramente auszutheilen, noch selbst ohne orlesterliche Mitwirkung daran Theil zu nehmen. Jeder bleibe also in dem Berufe, in welchen Gott ihn gesetzt hat.« Der Kaiser geß sich aber durch keine vernünftige Vorstellung von seiner Wuth gegen die Bilder abbringen. Die Legaten des Papstes schickte er in die Verbannung, den hl. Germanus zwang er im J. 730, seine Stelle niederzulegen, und setzte ein williges Werkzeug seiner Pläne, Namens Anastasius, auf den Patriarchenstuhl; dem Papste selbst drohte er mit Kerker und Tod. Da er diese Absicht durch Meuchelmörder und Anzettelung von Verschwörungen erreichen wollte, so schaarten sich die Römer um ihren Hirten und Vater. Da schrieb ihm der hl. Gregor nach einer zu diesem Zwecke gehaltenen Synode: »Du verfolgst und ängstiegst uns wie ein Tyrann mit Waffen und und Gewaltthat. Wir sind unbewaffnet. Wir haben keine Heeresmacht; darum rufen wir den Fürsten und Herrn der Heerschaaren an, Christum, der im Himmel über alle Heere überirdischer Kräfte gesetzt ist, daß er uns beschütze« etc. Mit diesem Schritte war es um die Herrschaft Leo's in Italien geschehen; man sagte sich offen von ihm los und verweigerte auch den Tribut, welchen man bis dahin entrichtet hatte. Wie aber auf diese Weise die Häretiker im Osten, so fühlten die Ungläubigen im Westen den mächtigen Einfluß des Papstes. Er brachte ein Bündniß des Herzogs Eudo von Aquitanien mit Karl Martell zu Stande, dessen nächste Folge die gänzliche Niederlage der Saracenen und deren Vertreibung aus Gallien war. Auch Drangsale und Leiden in nächster Nähe traten oft genug ein. In diesen vertraute der hl. Gregor lediglich auf den Herrn, und veranstaltete öffentliche Gebete und Litaneien. Endlich starb dieser große Papst nach einem an glorreichen Thaten und Verdiensten überaus reichen Leben am 13. Febr. 731. Ob seine Abbildung, wie sie im Propylaeum ad Acta Sanctorum Maji mit denen der übrigen Päpste vom hl. Petrus bis zu Papst Innocenz XI. († 1676) nach alten Denkmälern enthalten ist, wirklich ächt sei, können wir nicht entscheiden. Jedenfalls macht sie den Eindruck eines wohlwollenden Mannes. Das Mart. Rom. enthält seinen Namen mit besonderer Hervorhebung der Sendung des hl. Bonifacius nach Deutschland und seiner kraftvollen Haltung gegen den bilderstürmerischen Kaiser Leo den Isaurier. Unkirchliche Schriftsteller betonen, daß unter diesem Papste König Offa von Mercia den Peterspfennig einführte. Man kann hierin allerdings ein Zeichen besonderer Pietät gegen den heil. Stuhl erkennen. (II. 692.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.