- Hormisdas, S. (2)
2S. Hormisdas (Ormisdas), Papa. (6. al. 7. Aug.) Der hl. Hormisdas regierte vom 27. Juli 514 bis zum 6. August 523 die römische Kirche. Er war zu Frosinone (Frusino) in Latium, nahe an der Gränze von Campanien, in der Landschaft, die jetzt Campagna di Roma heißt, geboren. Seine Jugendgeschichte ist unbekannt. Nach Einigen wäre er, ehe er in den geistlichen Stand trat, verheirathet gewesen und hätte einen Sohn gehabt, Namens Silverius, welcher später ebenfalls den Stuhl des hl. Petrus bestieg. Gewiß ist, daß er bereits unter dem hl. Papste Symmachus (regierte vom J. 493 bis 514) das wichtige Amt eines Diakons der römischen Kirche bekleidete. Seine oberst. hirtliche Wirksamkeit fällt in die Zeit des Ostgothenkönigs Theodorich und der oströmischen Kaiser Anastasius und Justinus I. Zuerst suchte der hl. Hormisdas die Monophysitischen Irrungen vollständig beizulegen und eröffnete deßhalb mit dem Kaiser Anastasius Unterhandlungen, die dieser selbst scheinbar gewünscht hatte. Zu diesem Ende schickte er im J. 515 eine Gesandtschaft nach Constantinopel, nämlich den hl. Bischof Ennodius von Pavia (S. 67), den Bischof Fortunatus von Catania in Sicilien, den römischen Presbyter Venantius, den Diakon Vitalis und den Notar Hilarus. Hatte aber der Kaiser früher gegen den Papst den sehnlichen Wunsch geäußert, »er möge in den lang dauernden Zwistigkeiten als mit apostolischer Vollmacht versehener Vermittler auf. treten und nach Beseitigung aller Streitigkeiten die Einheit der Kirche wiederherstellen,« so zeigte sich bald, daß es demselben mit diesen Versicherungen nicht Ernst war. Um übrigens den Kaiser für die heilige Sache des Friedens zu gewinnen, willigte der Papst sogar in die Abhaltung einer neuen Synode zu Heraklea und war nach den Beschlüssen einer in dieser Angelegenheit kurz vorher in Rom gehaltenen Synode gern bereit, gegen die schismatischen und häretischen Bischöfe wenn sie nur Reue zeigten, nicht ganz nach dem strengen Rechte zu verfahren. Die Legaten hatten deßhalb von ihm sehr milde verhaltungsvorschriften empfangen, die in einer von Rom mitgebrachten Instruction (»Indiculus«) enthalten waren. Aber nicht blos waren die sämmtlichen Bischöfe (über 200 an der Zahl) umsonst nach Heraklea gegangen, sondern auch die päpstlichen Legaten kehrten unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Der hl. Theophanes von Constantinopel schreibt sogar, der Kaiser habe sich nicht entblödet, zu seiner Entschuldigung vorzubringen, es gebe ein Gesetz, welches dem Kaiser, wenn er sich in Noth befinde, den Meineid und die Lüge erlaube. Doch kehrten die Bischöfe von Dardanien und Illyrien, ungefähr 40 an der Zahl, in die Gemeinschaft mit dem römischen Stuhle zurück. Mit dem Kaiser konnte aber der hl. Hormisdas unmöglich länger verhandeln; nicht nur zeigte sich keine Aussicht auf Erfolg, sondern das Ansehen des römischen Stuhles selbst lief Gefahr, Schaden zu leiden. Dazu kam, daß der Patriarch Timotheus von Constantinopel ganz auf Seite des Kaisers stand und mit den nämlichen Mitteln gegen jede Dazwischenkunft des Papstes agirte. Dennoch gab der Kaiser den Legaten ein Schreiben mit, in welchem er dem Papste seine Rechtgläubigkeit versicherte. Mit ihnen gingen auch zwei Hofbeamte, Theopompus und Severianus, nach Rom ab, angeblich um das Werk der Vereinigung zum Abschlusse zu bringen, thatsächlich aber, um, wenn es möglich wäre, den hl. Hormisdas selbst für die Eutychianische Sache zu gewinnen. Da sie jedoch mit ihren Gesinnungen zu deutlich hervortraten, hatten sie nach ihrer Zurückkunft nichts weiter zu berichten, als daß der Papst sich nicht täuschen lasse. Im J. 517 ging eine neue päpstliche Gesandtschaft nach Constantinopel, bestehend aus den Bischöfen Euodius von Pavia und Peregrinus von Messina, die mit dem Subdiakon Pollio Briefe des Papstes an den Kaiser zu übergeben hatten. Dieser suchte aber die Legaten zu bestechen, um sie auf seine Seite zu bringen. Als dieß nicht glückte, ließ er sie heimlich (per posterniam) aus der Stadt brinzen und mit militärischer Begleitung auf ein schlechtes Fahrzeug setzen, das sie unter großen Gefahren nach Rom zurückbrachte. Doch war es den Legaten vorher noch gelungen, durch rechtgläubige Mönche das Sendschreiben des Papstes im Orient bekannt zu machen. Dem hl. Hormisdas aber schrieb der Kaiser stolz zurück: »Wir wollen Befehle geben, nicht empfangen« (volumus jubere, non juberi), wurde aber bald darauf vom Blitze getroffen und starb eines unglückseligen Todes. Nun erst, unter seinem Nachfolger, dem Illyrier Justinus oder Justinianus I. (vom J. 518.– 527), gelangte die Kirche Gottes zum Frieden. Alles, was der hl. Papst Hormisdas als Vorkämpfer der Rechtgläubigkeit hatte fordern müssen, wurde erfüllt, nämlich die Entsetzung der Monophysitischen Bischöfe und die Entfernung aller dem Monophysitismus holden Patriarchen, insbesondere des Acacius, aus den Kirchenlisten und Gebeten. Auch die Kaiser Zeno und Anastasius traf diese Strafe. Hiedurch kam der Kaiser Justinus zu so großem Ansehen, daß er der beste unter Allen genannt wurde. Der hl. Hormisdas ertheilte ihm die größten Lobsprüche: »Du hast,« antwortete er ihm auf die Anzeige seiner Thronbesteigung, »die Erstlinge deiner Regierung, die wir ehrfurchtsvoll entgegennehmen, dem hl. Apostel Petrus geschenkt, und wir hoffen zuversichtlich, daß die Eintracht durch dich unverweilt in die Kirche zurückkehren werde. Gott, welcher es dir in deinen frommen Sinn gegeben hat, deine Glückwünsche an uns zu richten, wird auch, wie wir wünschen, den Erfolg gewähren, daß seine Religion aufrichtig geehrt werde.« Aus solchen Ergießungen kann man am deutlichsten sehen, was das edle Herz des frommen Mannes am meisten beschäftigte. Seine Gesandtschaft, welche dießmal aus dem hl. Bischof Germanus33 von Capua, dem Presbyter Blandus, den Diakonen Felix und Dioscurus, und dem Notar Petrus bestand, wurde in Constantinopel aufs Würdigste empfangen. Dioscurus vertrat in der St. Sophienkirche die Anklage gegen Acacius und errang einen vollständigen Sieg über die Eutychianer (im J. 519). Daß hiemit nicht der ganze Sturm beschwichtigt und aller Streit beigelegt war, erzählt die allgemeine Kirchengeschichte, welche insbesondere das kluge Benehmen des hl. Hormisdas gegenüber jenen scythischen Mönchen rühmt, welche den von Petrus Fullo aufgebrachten Zusatz zum Trisagion: »Einer aus der Dreifaltigkeit ist für uns gekreuzigt worden« ins Symbolum aufgenommen wissen wollten. Er erklärte denselben zwar nicht (wie die Akoimeten) für direct ketzerisch, aber wenigstens für mißdeutbar und unnütz. Eine große Freude gewährte seinem väterlichen Herzen die Wiederherstellung vieler katholischer Bischofsitze in Afrika unter dem König Hilderich, welche während der grausamen Vandalischen Verfolgung, die besonders unter König Thrasamund (Thrasimund) arg gewüthet hatte, 24 Jahre lang verwaist gewesen waren. Auch mit den bischöflichen Kirchen des Abendlandes unterhielt der Papst den regsten und innigsten Verkehr. Namentlich lag ihm die Bekehrung aller Irrgläubigen am Herzen. So schrieb er z. B. an den hl. Bischof Avitus3 von Vienne: »Wenn sie auch nicht zu bewegen sind, um Gotteswillen und aus Gründen der Vernunft auf ihr ewiges Heil zu denken, so soll man dennoch nicht aufhören, beständig und unausgesetzt anzuklopfen, bis sie endlich zurückkehren und ihre Irrthümer ablegen, oder wenigstens, wenn sie dieses nicht thun, wegen ihres unbußfertigen Herzens vor Allen ohne Entschuldigung dastehen, wenn sie ungeachtet so oft wiederholter Ermahnungen in der Verstockung beharren« (Febr. I. 667). Daß der hl. Papst Hormisdas es gewesen sei, welcher dem hl. Remigius von Rheims, mit Vorbehalt aller älteren Metropolitan. Rechte, den Primat (das apostolische Vicariat) über die fränkische Kirche verliehen habe, wird von den Bollandisten (Oct. I. 93) bezweifelt, da die hierüber vorhandene Urkunde vielleicht unächt ist, vor Allem aber der Name des Papstes Hormisdas nicht als hieher gehörig betrachtet werden darf. Dagegen besteht kein Zweifel, daß er den Erzbischof Johannes von Tarragona für das »diesseitige« und den Erzbischof Salustus (Salussius) von Sevilla (Hispalis) für das »jenseitige« Spanien (Baetica et Lusitania) zum apostolischen Vicar aufgestellt habe. Gegen die Manichäer zu Rom verfuhr er mit großer Strenge und ließ ihre Bücher verbrennen. Daß der hl. Hormisdas vom Frankenkönige Chlodwig (starb im J. 511) eine mit Edelsteinen geschmückte Krone zum Geschenke erhalten habe, ist chronologisch unmöglich, wenn auch der Bibliothekar Anastasius es berichtet; dagegen bereicherte der Kaiser Justinus die römische Kirche mit prachtvollen Geschenken. Sogar der Arianische Theodorich sendete werthvolle Opfer nach Rom. Im Vorübergehen wollen wir noch bemerken, daß der hl. Hormisdas sich die gute Zucht und Ordnung der Geistlichkeit, die würdige Feier des Gottesdienstes, den Schmuck der Kirchen und Altäre angelegen seyn ließ. Er starb am 6. August 523, nachdem er 21 Priester und 55 Bischöfe ordinirt hatte. Er wurde in der Peterskirche beigesetzt. In keinem ältern Martyrologium, wohl aber im jetzigen Mart. Rom. ist er als »Heiliger« eingetragen. Sein Bild (Propyl. ad Acta Sanctorum Maji p. 69) zeigt eine faltenreiche Stirne, eine lange, scharf geschnittene Nase und ein sehr kurzes Kinn; er scheint kummervoll in die Zukunft zu blicken. In Rom wird sein Gedächtniß (nach Piazza II. 133) am 7. August begangen, weil am Tage vorher das Fest der Verklärung unsers Herrn einfällt. (II. 155–161.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.