- Hyacinthus, S. (8)
8S. Hyacinthus, Conf. (16. Aug.) Dieser hl. Hyacinthus (Jacko, Jaczko), welchen die Geschichtschreiber den »Apostel der Nordländer«, den, »Wunderthäter seines Jahrhunderts« nennen, stammte aus der alten und angesehenen Familie der Odrowacz (daher der lateinische Beiname Odrovisius). Das Jahr, in welchem er geboren wurde, läßt sich mit Bestimmtheit nicht angeben; das 12. Jahrhundert war sicher auf der Neige, das 13. noch nicht angebrochen. Einige, z. B. Severinus, nennen das J. 1185, Andere, unter welchen Marchese, 1183. Sein Vater war Eustach Graf von Konsky; sein Geburtsort lag in Schlesien, das damals einen Theil von Polen ausmachte, und wird bei Butler (XI. 174) Kanth, bei Andern Kamin (Villa Camiensis) genannt. Der Knabe zeigte frühzeitig schöne Anlagen, einen regen Eifer für alles Gute und besondere Liebe zu Uebungen der Frömmigkeit. Seine Studien machte er in Krakau, Prag und Bologna. Durch diese Berührung mit der Welt litt seine Tugend nicht; denn er hütete sie mit wachsamer Sorgfalt vor jeder Befleckung. Er erlernte gründlich das canonische Recht und die Theologie; in beiden nahm er zu Bologna den Doctorgrad. Nach seiner Rückkehr in die Heimat erhielt er, nach den Ergebnissen der sorgfältigen Forschungen der Bollandisten, mit seinem Bruder, dem hl. Ces laus, wahrscheinlich noch unter dem Bischofe Vincentius Kadlubko ein Canonicat an der Domkirche zu Krakau. Als aber Bischof Vincentius im J. 1218 resignirte, und ein Oheim des Heiligen, Ivo von Konsky, den bischöflichen Stuhl bestieg, nahm er ihn und seinen Bruder mit sich nach Rom, wo damals der hl. Dominicus7 in Angelegenheiten seines Ordens sich aufhielt. Sie waren Zeugen der Todtenerweckung, die der hl. Dominicus an Napoleon (einem Neffen des Cardinals Stephan), der durch einen Sturz vom Pferde das Leben verloren hatte, bewirkte. Der Erzbischof Ivo wünschte den neuen Orden in seine Diöcese zu verpflanzen; der hl. Dominicus sagte zu unter der Bedingung, daß Söhne jenes Landes sich zum Eintritt in den Orden meldeten. Dieß war für die beiden Brüder Hyacinthus und Ceslaus der äußere Anlaß, sich den frommen und seeleneifrigen Predigerbrüdern anzuschließen. Im März 1218, wie die Bollandisten im Leben des hl. Dominicus7 gezeigt haben, nicht erst im J. 1220, erhielten sie zugleich mit zwei deutschen Edelleuten, Hermann12 und Heinrich, das Ordenskleid im Kloster der hl. Sabina zu Rom. Papst Honorius III. selbst soll im Beiseyn vieler Cardinäle der schönen Feier angewohnt haben.
Nach einem kurzen Novielate76 legten sie im Kloster der hl. Sabina die Gelübde ab. Der hl. Hyacin thus, welcher damals 33 Jahre alt war, wurde zum Vorsteher der neuen Ordensprovinz in Polen erhoben. Mit inniger Rührung empfingen die Abgehenden den Segen des Papstes und ihres zweiten Vaters in Christo, des hl. Dominicus. Ihre Reise wurde in der That auch von Gott gesegnet. Schon zu Friesach in Unterkärnthen stiftete der hl. Hyacinthus eine Niederlassung seines Ordens und gab ihr den oben genannten Hermannus12 als Vorsteher. Dieser blieb also in der alten Stadt Friesach, im lieblichen Mettnizthale. Voll von heiliger Begeisterung bestiegen der hl. Hyacinthus und die Brüder, welche mit ihm waren, die Kanzel und predigten mit glühendem Eifer die Nachfolge Jesu, des Gekreuzigten. In Krakau brachten die Predigten des hl. Hyacinthus so herrliche Früchte, daß man für einige Zeit das Leben der ersten Christen, wie es in der Apostelgeschichte erzählt wird, wieder aufleben sah. Nach dem Wunsche seines Oheims Ivo gründete er hier unter Anrufung der heiligen Dreifaltigkeit ein Kloster seines Ordens, welches ihm zugleich als Ruhestation diente, wenn er von seinen apostolischen Mühen eine Zeit lang sich erholen wollte. Ungefähr um dieselbe Zeit (im J. 1222) stiftete sein Bruder, der hl. Ceslaus, das erste Ordenshaus in Prag, obwohl auch dieses Kloster den hl. Hyacinthus als Stifter verehrt. Seine Erfolge waren glänzend, weil es auch seine Tugenden waren. Er wirkte Großes, weil Gott mit ihm war. Schon am 27. Sept. 1221 bewirkte er unter Anrufung des Namens Jesu die erste Todtenerweckung. Um eben diese Zeit wurde er mit einer gnadenvollen Erscheinung der seligsten Gottesmutter erquickt. Betend lag er vor dem Allerheiligsten im Staube, als er ein großes Licht vom Himmel auf den Altar niedersteigen sah. So groß und hell aber das Licht war, seine Augen empfanden keinen Schmerz vom Glanze desselben. Plötzlich theilte es sich, und er sah die Königin des Himmels, die ihn also anredete, »Mein Sohn, erfreue dich! dein Gebet hat Wohlgefallen gefunden im Angesichte meines Sohnes, des Erlösers Aller; du sollst von Ihm Alles erhalten, um was du Ihn bitten wirst. wenn du meinen Namen anrufest.« Als das Gesicht vorüber war, hatte er ein Gefühl, wie wenn er himmlische Musik gehört hätte; unaussprechliche Seligkeit war in ihn ausgegossen. Im folgenden Jahre gab er einer Frau, Namens Judka, von Koscieliski, welche die Sprache verloren hatte, den Gebrauch derselben wieder zurück, indem er über sie betete: »Der Herr Jesus Christus befreie dich von dieser Krankheit und gebe dir die Sprachwerkzeuge wieder.« Ein anderes Ordenshaus gründete der Heilige zu Sendomir, und wieder eines zu Plock oder Plotzko (Ploscum) an der Weichsel (Vistula, bei den Boll. Vandalus). Nicht weit davon, nämlich zu Wischegorod (Vissogradum), wo er predigen sollte, geschah es, daß er, wie auch im röm. Brevier angedeutet ist, im Angesichte von mehr als 400 Menschen trockenen Fußes über den hoch angeschwollenen Strom schritt, nachdem er sich vorher mit dem Kreuze bezeichnet und vertrauensvoll gebetet hatte. Nach vollendeter Predigt ging er, wie er gekommen, über den Fluß zurück, indem er seinen Mantel ausbreitete und auf demselben auch noch die Brüder Godinus, Florianus und Benedictus mit sich hinüber nahm. Beeldete Zeugen haben sogar noch versichert, man habe an gedachtem Orte bei heiterer Witterung lange Zeit noch die Fußspuren des Heiligen in der Weichsel sehen können. »Die Summe seiner Thaten aber,« heißt es in der Canonisations-Bulle, »ist, daß er die rechte Weise zu leben, die ihn der hl. Dominicus gelehrt hatte, bis ans Ende seines Lebens heilig und gewissenhaft beobachtete. Suchte man nach dem Erweisen christlicher Demuth, so gab es Niemanden, der bescheidener und herablassender gewesen wäre als er; wünschte man ein Bild der Keuschheit und geschämiger Jungfräulichkeit, so war Niemand reiner, unbefleckter als er; fragte man nach der Erscheinung wahrer Liebe zu Gott und dem Nächsten, so konnte keine Liebesform gedacht werden, die vollkommener und ausgebildeter gewesen wäre, als er sie übte. Jede Nacht war Zeuge, wie streng er gegen seinen Leib verfuhr, um ihn dem Geiste dienstbar zu machen, da er während derselben sich bis aufs Blut geißelte.
Von seiner Enthaltsamkeit, von seiner Mäßigung im Genusse der Nahrung zeugen die Fasten, die er sich an allen Freitagen und an allen Vigilien der Muttergottes- und Apostel-Feste auferlegte, wo er nichts als Wasser und Brod genoß. Seine Sorge und Mühe, Gottes Barmherzigkeit über sich herabzuflehen, war so groß, daß er nicht selten ganze Nächte in der Kirche zubrachte, wo er dann, dem Schlafe abbrechend, unausgesetzt den Gebeten oblag, oder wenn ihn manchmal Müdigkeit und Schlafsucht überwältigten, ruhete er entweder stehend an den Altar gelehnt, oder er legte sich auf den Boden nieder. Er wußte wohl, daß der Mensch, besonders aber der Ordensmann, nichts mehr fliehen müsse als den Müssiggang; also verwendete er alle Zeit, die ihm vom Gebete übrig blieb, theils zur Betreibung der heiligen Studien, theils zur Abhaltung von Predigten, theils zur Anhörung von Beichten, zum Krankenbesuche und zum Dienste Gottes und des Nächsten überhaupt.« Er machte große Missionsreisen von unglaublicher Entfernung. Namentlich wirkte er in Preußen und Pommern, wo er mehrere Klöster gründete. So z. B. in Cammin an der Oder, in Culm, Elbing, Königsberg, auf der Insel Rügen und der Halbinsel Gedan, wo bald darauf (im J. 1295), wie der Heilige geweissagt hatte, die Stadt Danzig sich erhob.77 Das Kloster, welches er hier gründete, blühte herrlich auf; Bruder Benedictus wurde sein erster Vorstand. Auch in Dänemark, Schweden und Gothland, wo noch viele Heiden lebten, predigte der hl. Hyacinthus. Ebenso wirkte er im heutigen Galizien (Roth-Rußland) und vereinigte die dort lebenden schismatischen Griechen mit der römischen Kirche. Hier entstanden unter seinen Augen die Ordenshäuser zu Lemberg und Halitz. Darauf drang er bis zum schwarzen Meere und zu den Inseln des Archipelagus vor und eröffnete in Schwarz- oder Groß-Rußland seine Missionsthätigkeit. Zu Moskau und Kiew entstanden Dominicanerklöster. Auch zu Wilna in Lithauen predigte er und gründete seinem Orden eine Niederlassung. Bei allen diesen Mühen ließ er aber doch nicht ab, selbst in strengster Buße und Enthaltsamkeit zu leben. Je größer die Aerndte war, die er vor sich sah, desto mehr fastete, wachte und betete er. Fünf Jahre lang hatte er in Kiew gewirkt, als die Tartaren diese Stadt belagerten und verwüsteten. Da ging der Heilige, welcher beim Eindringen des Feindes eben die heil. Messe las, mit den geistlichen Kleidern, in der einen Hand den Speisekelch, in der andern das alabasterne Bildniß der Jungfrau tragend, mitten durch die mit Mord und Brand wüthenden Schaaren der Feinde und setzte über den Dnieper, in welchem man gleichfalls längere Zeit den Weg sah, den er mit den Brüdern gemacht hatte (im J. 1231). Jenes Bildniß der heil. Jungfrau, das ihm trotz seiner natürlichen Schwere so leicht wie ein Rohr vorgekommen war, brachte er nach Krakau. Nach der Volkssage hatte der Heilige mitten im Dnieper (Borysthenes), wo auf einer Insel ein Götzenbild errichtet stand, einen Kampf mit dem Teufel zu bestehen, als er von der Zerstörung des genannten Idols auf jenem Flusse zurückging. Ein großes Wunder geschah im Jahr 1238 durch den hl. Hyacinthus. Eine Frau aus Koscieliski, Clementia mit Namen, lud ihn als Beichtvater zum Margarethafeste ein. Am Vorabende war ein so schreckliches Hagelwetter, daß man von der früher so schönen Saat nur die Stoppeln und Strohhalme sah. Kaum war der Heilige in den Ort gekommen, als die fromme Matrone ihm vertrauensvoll ihre Noth klagte und ihn um Hilfe anrief. Auch von der Gemeinde kamen viele Leute, Männer und Frauen, fielen ihm zu Füßen, weinten und jammerten: »Groß ist dein Glaube,« sprachen sie, »und groß ist auch die Kraft deiner Werke, von welcher wir gehört haben; so hilf uns Unglücklichen, die wir werden Hungers sterben müssen; denn all' unsere Lebensmittel hat uns der Hagel genommen.« Auch der hl. Hyacinthus ward durch ihre Thränen tief gerührt und weinte mit ihnen. Darauf fing er an, also zu reden: »Seid guten Muthes, theuerste Söhne, und nehmet mit Geduld diese Prüfung und Trübsal über euch. Gott, der Vater der Barmherzigkeit, welcher durch solche Leiden die Sünden erläßt, wird euer Tröster seyn. Gehet nun in eure Häuser und verweilet die ganze Nacht wachend im Gebete.« Der Heilige blieb die ganze Nacht schlaflos, indem er ohne Unterlaß die göttliche Barmherzigkeit für die Unglücklichen und schwer Bedrängten anrief.
Und wunderbar! Als die aufgehende Sonne ihre ersten Strahlen über die Felder ausbreitete, waren sie so schön und so voll, die Kornähren standen so gerade und frisch, wie wenn sie nie ein Hagel berührt hätte. Ein anderes großes Wunder wirkte Gott durch den hl. Hyacinthus im J. 1244 zu Krakau am Feste der Uebertragung des hl. Stanislaus. Er wollte eben in die Kathedrale gehen, um die Predigt zu halten, als am Fuße des Berges, auf welchem die königliche Residenz und die Hauptkirche sich befindet, eine vornehme Frau, Namens Vitoslawska, mit ihren zwei blindgebornen Söhnen an ihm vorbeifuhr. Sie sah den Mann Gottes, sprang aus dem Wagen, fiel ihm zu Füßen und bat ihn für ihre armen, nun siebenjährigen Kinder um das Augenlicht. »Aus deinem Munde,« sprach sie, »hab' ich gehört, daß Gott den Willen derer thue, die ihn fürchten, ihre Gebete erhöre und sie heile.« Der hl. Hyacinthus sah ihren Glauben und fing an, in der Stille aus tiefstem Herzensgrund zu beten. Dann bezeichnete er beide Knaben mit dem Kreuze und sprach zu ihnen: »Der Herr Jesus Christus, geboren aus der Jungfrau, welcher den Blindgeborenen sehend gemacht hat, gebe euch die Wohlthat der Augen.« Und plötzlich sahen die Knaben, die vorher keine Spur der Augen an sich gehabt, das Licht des Tages, und priesen Gott, den Schöpfer aller Dinge. Auch dieses Wunder war von einer großen Menschenmenge gesehen worden, und der Ruf des Heiligen erscholl weithin durch die Länder. Dieses Wunders gedenkt auch Menzel (Symb. I. 94) mit dem Beifügen, daß seitdem alle Nachkommen dieser Sehendgewordenen des Geschlechtes Vitoslawski wunderschöne Augen haben sollen. Auch des vorher erzählten Wunders bezüglich des Hagelschadens ist dort erwähnt (Symb. I. 365), sowie des Gehens über das Wasser etc. (II. 75. 106. 534). – In einem Alter von 56 Jahren kam er wieder ins Dreifaltigkeitskloster, wo er eine Zeit lang ausruhte. Darauf begann er eine Visitationsreise der von ihm gestifteten Klöster. Er soll bei dieser Gelegenheit bis in die Tartarei und darüber hinaus bis nach China gekommen seyn; wir sagen »soll«, denn die Bollandisten und auch Ordensschriftsteller haben diese an sich wenig glaubbare Sache stark angefochten. In Jazygien und Cumanien aber predigte er mit so glücklichem Erfolge, daß bereits im J. 1245 Große dieses Landes auf dem allgemeinen Concil zu Lyon (nicht auf dem Lateran) erschienen; aber auch hiegegen hat die Kritik Einsprache erhoben. Im J. 1257 kam der hl. hnacinthus wieder nach Krakau zurück. Er hatte nun ein Alter von 72 Jahren erreicht. In diesem seinem letzten Lebensjahrewirkte Gott durch seinen Diener das Wunder einer nochmaligen Todtenerweckung. Wer zählt aber die geistig Todten, die er durch die Kraft des Namens Jesu zum Leben der Gnade rief? Als sein Ende nahte, erschien ihm nochmal die heil. Jungfrau, deren Verehrung er mit der Anbetung ihres göttlichen Sohnes so angelegentlich befördert hatte. Um sie herum sah er zahlreiche Schaaren lobsingender Engel. Während dieser Vision schwebte seine Seele in die himmlischen Räume, im J. 1257 am 15. August, dem Feste der Aufnahme Mariä in den Himmel, nachdem er laut noch einmal seinen Geist in die Hände des Herrn empfohlen hatte. Zahllose Wunder der verschiedensten Art, deren Aufführung bei den Bollandisten 35 Folioseiten (344–379) einnimmt, geschahen nach seinem Tode. Im I. 1543 wurden seine Reliquien zum ersten Mal erhoben, und am 17. April 1594 vollzog Papß Clemens VIII. die Canonisation mit der Anordnung, daß sein Fest am 16. Aug. gefeiert werde. An diesem Tage steht es auch wirklich im Mart. Rom. und im röm. Brevier sub ritu dupl. Nach Migne's Dict. iconogr. (S. 282) gibt es ein von Ludovico Caracci gemaltes Bild, wie der Heilige vor einem Gemälde mit Inschrift kniet, das ihm ein Engel vorhält. Ober ihm hält die heil. Jungfrau das Jesuskind. (III. 309–379.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.