- Johannes, S. (173)
173S. Johannes Apost. et Evang. (27. Dec., 6. Mai). Der hl. Apostel und Evangelist Johannes, der Lieblingsjünger des Herrn, bei den Griechen ὁ Θεολόγος d.i. der von Gott Redende, der Gottesgelehrte etc. genannt, war bekanntlich der jüngere Bruder des hl. Apostels Jacobus19 »des Aeltern« (s.d.). Sein Vater war Zebedäus (hebr. Zabdi), welcher die Fischerei auf dem See Genesareth (dem galiläischen Meere) betrieb, und seine Mutter Salome, eine nahe Verwandte der Mutter des Herrn. Sein Geburtsort ist zwar in der heil. Schrift nicht genannt, doch nennt man sonst meistens das nicht weit von Kapharnaum entfernte Städtchen Bethsaida (hebr. Bethzedah d.i. Fischerort) in Galiläa64, am westlichen Ufer des Sees Genesareth, wo auch die hhl. Apostel Petrus, Andreas und Philippus geboren waren, und wo Jesus viele Wunder wirkte. Als Tag seiner Geburt wird in mehreren Martyrologien, die bei den Bollandisten genannt sind, der 23. Februar (III. 361), nach einer andern Quelle der 24. Februar (III. 430) bezeichnet. Wenn seine Eltern wohl nicht sehr vermöglich waren, so scheinen sie doch auch nicht gerade arm, wie der Metaphrast bei Surius meint, gewesen zu seyn; denn Zebedäus hatte nach Marc. 1,20 mehrere Gehilfen in seinem Dienste, und Salome war eine von den Frauen, welche während des Lebens Jesu für Seinen Unterhalt und nach der Kreuzigung für eine geziemende Bestattung Seines Leichnams sorgten. Jedenfalls scheinen seine Eltern zu denen gehört zu haben, welche wie Simeon und Anna auf das Heil und die Erlösung Israels harrten, und gewiß wird die fromme Mutter Salome ihren Johannes gern und oft auf den sehnlichst erwarteten Messias hingewiesen haben; war ja doch der Name, den sie ihm gaben, selbst schon eine beständige Hinweisung auf »Gottes Gnade,« von welcher die Sendung des Erlösers gehofft wurde. Vielleicht daß die Eltern, die ja mit der seligsten Jungfrau Maria und daher auch mit den Eltern des hl. Johannes des Täufers verwandt waren, von der einige Jahre vorher erfolgten wunderbaren Geburt und Namengebung des großen Vorläufers gehört hatten (vgl. Luk. 1,65. 66), und deßwegen auch ihrem Sohne den Namen gaben, welcher vom Himmel selbst für deu Sohn der Base Elisabeth bestimmt worden ist65. Als nun dieser Johannes wirklich »in der Kraft des Elias« auftrat, und die Besseren des Volkes um ihn sich schaarten, da war es gewiß auch unser Johannes, welcher zu ihm sich begab und dann auch als Jünger sich ihm anschloß. Es sind nur sehr wenige Exegeten, welche diese seine Jüngerschaft in Abrede stellen; die fast allgemeine Annahme geht dahin, daß er wirklich ein Jünger des Vorläufers war, und dieses muß um so mehr angenommen werden, da Johannes gleich im Eingange seines erhabenen Evangeliums hinweist auf den großen »von Gott gesandten Menschen, welcher gekommen war, um Zeugniß zu geben von dem Lichte, auf daß Alle durch ihn glauben möchten« etc. (Joh. 1,6–8), und auch noch weiter von seinem Wirken in einer Weise spricht, wie nur ein dankbarer Schüler von seinem Lehrer, den er mit Bewunderung selbst gehört hat, sprechen kann (vgl. Joh. 1,15 ff.). Er hatte es nämlich ohne Zweifel selbst gehört, wie Johannes von Jesus sagte, daß Er, obgleich nach ihm gekommen, doch vor ihm gewesen sei (1,15); er hatte gehört das Zeugniß, welches er vor den Gesandten des hohen Rathes ablegte, daß er nicht würdig sei, Seine Schuhriemen aufzulösen (1,19 ff.); er hatte es sicherlich selbst gesehen und gehört, als Johannes am andern Tag Jesum kommen sah und auf Ihn hinwies als auf das »Lamm Gottes, welches hinwegnimmt die Sünden der Welt,« und von welchem er sagte, daß er bei der Taufe den heil. Geist wie eine Taube vom Himmel auf Ihn herabsteigen gesehen, so daß er bezeugen könne, Er sei der Sohn Gottes (1,29 ff.); unser Johannes war es dann endlich auch sicherlich, der wieder am andern Tage mit Andreas beim Vorläufer stand, da er Jesum wandeln sah und die Worte »Seht, das Lamm Gottes« wiederholte, als wenn er hiemit seine beiden Jünger förmlich zu Jesus hätte hinweisen wollen. Und die beiden Jünger ließen es sich nicht zweimal sagen. Zwar schüchtern nur gehen sie Ihm nach, und als der Herr sich umwendend liebevoll sie fragt, wen sie suchen, wissen sie vor Verlegenheit auch nichts zu antworten, als daß sie Ihn um Seine Herberge fragen; da aber Jesus sie endlich einladet, zu Ihm zu kommen, da werden sie muthig, da folgen sie dieser Einladung und bleiben bei dem nun gefundenen Messias von 4 Uhr Nachmittags bis zum späten Abende (1,35 ff.). Unser Johannes sagt zwar in seiner Bescheidenheit, die wir bei solchen Gelegenheiten oft an ihm bewundern, und in welcher er sich öfter nur »den andern Jünger« nennt (18, 15. 16; 20, 2. 3. 4. 8), kein Wort davon, daß er selbst einer dieser zwei Jünger gewesen sei; aber eben weil er den andern nicht nennt, muß man schließen, daß er selbst es gewesen, und dann kann man aus der ganzen Erzählung unschwer herausfühlen, daß er noch in seinem hohen Alter, in welchem er sein Evangelium schrieb, an dieses erste Zusammentreffen mit seinem geliebten Meister und an die dort mit Ihm verlebten seligen Stunden sich mit Freude erinnert, und in seiner Geheimen Offenbarung nennt er den Sohn Gottes 29mal »das Lamm (Agnus),« weil ihm dieses wohl das trostreichste. erhabenste Wort war, das er aus dem Munde seines dem Herrn den Weg bereitenden, Buße predigenden Meisters vernommen hatte. Beide Jünger suchten nun den Simon, dessen Sehnsucht nach dem Messias sie wohl kannten, und sein Bruder Andreas war der Erste (πρῶτος) der ihn fand und ihm die Freude mittheilte, den Mesias gefunden zu haben (1,41). Er führte ihn dann zu Jesus, der ihn Petrus nannte und am andern Tage den Philippus berief, der sodann den Nathanaël zu Jesus brachte (1,42 ff.). Mit diesen 5 Jüngern begab sich Jesus ein paar Tage nachher zur Hochzeit66 nach Kana in Galiläa, wo Er Sein erstes Wunder wirkte, dann aber Seine Jünger nach ihrer Heimat und zu ihren Geschäften entließ. Nach dem, was wir oben in dem Artikel »Jesus Christus« (S. 158) angeführt haben, scheinen sie zwar hie und da wieder zu Ihm gekommen zu seyn; aber daß Er sie für immer zu Sich berief, um sie zu »Menschenfischern« zu machen (Matth. 4,18 ff.), das geschah erst später, da Jesus einmal am galiläischen Meere herumwandelte. Simon Petrus und Andreas waren eben daran, ihr Netz auszuwerfen; Johannes aber und sein Bruder Jacobus waren nicht weit davon mit ihrem Vater Zebedäus und seinen Taglöhnern im Schiffe beschäftigt, ihre Netze auszubessern. Als aber Jesus sie rief, verließen sie Alles und folgten Ihm nach, um Ihn nie wieder zu verlassen. (Vgl. Marc. 1,16 ff.) Auch Jacobus, der Jesum wohl zum Erstenmale sah, folgte unbedingt, da ihm sicherlich sein Bruder Johannes von dem gefundenen Messias gesprochen hatte. Johannes mag damals ein Alter von 22 bis 25 Jahren gehabt haben; jedenfalls war er der Jüngste unter den Aposteln. Als Jesus später aus den Jüngern, welche Ihm folgten, nach langem nächtlichen Gebete (Luk. 6. 12) zwölf auserwählte und zu Seinen Aposteln oder unmittelbaren Gesandten erkor, da gab Er, wie dem Simon den Namen »Petrus,« so den Zebedäiden den Namen »Boanerges,« d.i. »Donnerskinder,« um anzudeuten, daß sie mit der Liebe Glut eisern würden für die Edre ihres Herrn und Meisters, worüber schon oben bei S. Jacobus19 (S. 102) Einiges bemerkt worden ist, und bezüglich unsers hl. Johannes im Verlaufe seiner Lebensgeschichte noch weiter vorkommen wird, in wie fern er diesen Namen verdiente. Hier sei nur hingewiesen auf jenen Eifer, mit welchem er mit seinem Bruder Jacobus Feuer vom Himmel auf die Samariter, die Jesum nicht aufnahmen, herabrufen wollte (Luk. 9,51 ff.), und schon früher einem Manne, der nicht Jesu Jünger war und doch in Seinem Namen Teufel austrieb, dieses wehrte (Luk. 9,49 ff.); dann auf jenen Muth, mit welchem er auf die Frage Jesu, ob sie den Kelch trinken könnten, den Er trinke, schnell und entschlossen antworteten: »Wir können es;« ferner auf jenen Abscheu, den er noch in seinem hohen Alter gegen den die Gottheit Christi läugnenden Irrlehrer Cerinthus zeigte, mit welchem er, wie Irenäus dem hl. Polykarpus nacherzählt, sogar nicht im nämlichen Bade seyn wollte, sondern seinen Begleitern nachrief: »Fliehen wir, damit über uns nicht einstürze das Bad, in welchem Cerinthus sich befindet, dieser Feind der Wahrheit;« dann aber auch auf jene Erhabenheit, mit welcher er uns die größten Geheimnisse Gottes wie ein Adler gleichsam vom Himmel herab brachte und in menschliche Worte kleidete, wie z.B. die Worte, mit denen er sein Evangelium beginnt: »Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort« etc. Im näheren Umgange mit Jesus offenbarte aber Johannes mit dem Feuereifer zugleich eine solche Weichheit des Herzens und Bildsamkeit des Gemüthes, eine solche innige Liebe und Anhänglichkeit an seinen Herrn und Meister, dabei hatte er ein so jungfräulich reines Wesen, daß er Ihm ganz besonders lieb und theuer war, was Johannes selbst andeutet, ohne jedoch auch hier seinen Namen zu nennen. Zwar waren es noch zwei Apostel, welche der Herr vor den Uebrigen auszeichnete, nämlich Jacobus, der Bruder des Johannes, und besonders der feurige Simon Petrus, mit welchen Johannes auch zum Zeugen von manchen außerordentlichen und wundervollen Ereignissen mit auserkoren wurde, wie z.B. die Erweckung der Tochter des Jaïrus, die Verklärung Christi auf dem Berge Thabor, der Leidenskampf am Oelberge; aber er wurde überdieß noch besonderer Gnaden gewürdigt, die wohl nicht alle aufgezeichnet sind, die aber so groß waren, daß er unter den geliebten Jüngern als der vertrauteste, geliebteste, als »der Lieblingsjünger« erschien, wie er denn auch selbst in seinem Evangelium sich durch eine Umschreibung öfter »den Jünger nennt, den der Herr lieb hatte« (Joh. 13, 23; 19, 26; 20, 2; 21, 7. 20). Auf diese Vorliebe vertraute denn auch sicherlich die Mutter Salome, da sie den Herrn bat, Er möchte von ihren zwei Söhnen Einen zur Rechten und den Andern zur Linken sitzen, d.i. den höchsten Rang nach Ihm in Seinem Reiche einnehmen lassen. Daß und warum der Herr diese nach Vorhersagung Seiner tiefsten Erniedrigung gestellte Bitte nicht ungnädig aufnahm, wurde schon oben bei S. Jacobus19 (S. 103) erwähnt. Wie sehr aber Jesus den innigfrommen, jungfräulichen Johannes vor allen Andern liebte, zeigte Er besonders beim letzten Abendmahle, welches derselbe mit Petrus auf Geheiß des Herrn bereitet hatte (Luk. 22,8 ff.), und wo ihm die ausgezeichnete Gnade zu Theil wurde, an der Brust seines Herrn und Meisters liegen zu dürfen – eine Auszeichnung, die ihm als dem intimsten, besten Freunde zukam, und welche für ihn von so hohem Werthe war, daß er noch in seinem Alter derselben mit Freude sich erinnert und sie selbst in seinem Evangelium anführt, da er die Begebenheit erzählt, wie der um ihn bekümmerte Petrus den Herrn fragt, was mit ihm geschehen werde. Hiebei erzählt nun Johannes (21,20): »Petrus wendete sich um und sah jenen Jünger folgen, den der Herr lieb hatte, und welcher beim Abendmahle auch an Seiner Brust ruhte und sagte: Herr wer ist's, der Dich verrathen wird?« Nachdem nämlich Jesus vor Seinen Jüngern den Ausspruch gethan, daß Einer von ihnen Ihn verrathen werde (Joh. 13,21 ff.), waren Alle sehr betrübt und wußten nicht, was sie davon denken sollten. Johannes, noch mehr als die Uebrigen betrübt, ist ganz erstarrt67 vor Schrecken über ein so entsetzliches Verbrechen, so daß er gars nicht sprechen kann. Da gibt ihm Petrus einen Wink, er als der Nächste beim Herrn und als sein Vertrautester möchte Ihn fragen, wer denn der Undankbare sei. Auf dieses kommt Johannes von seinem Schrecken zurück und wagt nun die Frage: »Herr, wer ist's?« Und der Herr bezeichnet ihm auch den Verräther ganz deutlich – ein Beweis des innigsten Vertrauens! Und die Jünger beneiden ihn nicht um diesen Vorzug, sondern sehen es mit Freude, wie der Beste der Jünglinge vor Allen geliebt wird; sie wissen ja, daß der Herr sie Alle liebt, wie Er la auch Alle Seine »Freunde« nennt (Joh. 15,14 ff.), daß aber Johannes seiner Unschuld und seines engelreinen Gemüthes wegen vor Allen Seiner vorzüglichen Liebe werth ist; darum geben sie selbst Gelegenheit, daß es noch offenbarer werde, wie Jesus ihn auszeichnet, indem sie durch ihn den Herrn fragen lassen, was sie selbst zu thun sich nicht getrauen. Aber der hl. Johannes bewährte sich auch als einen standhaften, treuen, liebenden Freund, wie bei jeder Gelegenheit, so besonders da, wo es darauf ankam, die treue Anhänglichkeit nicht blos mit Worten zu versichern, sondern in der That zu zeigen. Freilich wird er im Garten Gethsemane auch vom Schlafe überwältigt, wie Petrus und Jacobus; allein da Jesus von der wilden Rotte ergriffen wird, und alle Apostel fliehen, verläßt Johannes Ihn nicht, sondern er folgt nach, wohin der gebundene Herr geführt wird, und begleitet Ihn zum Hohenpriester, unbekümmert um dessen Zorn und alle Wuth der Feinde. Petrus folgt zwar auch von Ferne nach; da aber Johannes mit Jesus in den Vorhof des Hohenpriesters eintritt, bleibt Petrus vor der Thüre stehen, und erst nachdem Johannes, der im Hause des Hohenpriesters bekannt ist, mit der Thürhüterin seinetwegen gesprochen hat, geht auch Petrus hinein (Joh. 18, 15. 16). Und als nun auch das in Erfüllung ging, was Jesus deutlich vorausgesagt hatte, daß sich Alle an Ihm ärgern würden; als selbst der sich an Ihm ärgerte, der etwa eine Stunde zuvor das Schwert für Ihn gezückt und noch etwas früher im voreiligen Selbstvertrauen gesagt hatte, er sei bereit, mit Ihm in den Tod zu gehen; als selbst Petrus Ihn dreimal verläugnete – da war es Johannes allein, der sich nicht an Ihm ärgerte, Ihn nicht verließ, sondern Ihm überallhin folgte und als der Einzige unter allen Aposteln selbst unter Seinem Kreuze zu stehen sich nicht scheute. Daß er auch bei dem Begräbnisse seines Herrn und Meisters gewesen sei, läßt sich um so weniger bezweifeln, da auch die frommen Frauen dabei sich einfanden, und selbst Nikodemus mit Joseph von Arimathäa ihren heimlich verehrten Meister nun nach Seinem Tode noch zu ehren sich nicht scheuten. Wie dem hl. Johannes zu Muthe war, als er unter dem Kreuze stand und seinen geliebten Meister drei Stunden lang so unaussprechlich leiden und endlich sterben sah, wer möchte das beschreiben können? Bei den Bollandisten heißt es am 4. Januar (I. 189. nr. 29) im Leben der sel. Angela3 von Foligno, es sei ihr einmal zu verstehen gegeben worden, dieser Schmerz über das Leiden Jesu und Mariä habe bei ihm eine solche Größe erreicht, daß sie glaube, der hl. Johannes sei noch mehr gewesen als ein Martyrer. Hier hat er also wahrhaft den Kelch getrunken, den der Herr getrunken hat, und der Gottbegnadigte hat ihn auch trinken können, wie er es gesagt und auch später noch öfter in der That gezeigt hat. Hier gab ihm aber auch sein sterbender Freund den allergrößten Beweis seines Vertrauens, indem Er, der jungfräuliche Meister, Seine jungfräuliche Mutter dem jungfräulichen Jünger anvertraute (Virgo Virginem Virgini commendat), da Er vom Kreuze herab sie ihm (und mit ihm uns Allen) als Mutter und ihn (und mit ihm uns Alle) der Mutter als Sohn gab (Joh. 19,26. 27). Wenn auch das für Beide kein genügender Ersatz für den Verlust war, so war es doch das Beste, was der sterbende Sohn der Mutter und der sterbende Freund dem Freunde geben konnte. Und Johannes zeigte sich auch dieses Vertrauens würdig, indem er die geliebte Mutter in seine Wohnung (εἶς τὸ ἴδια) aufnahm und bis zu ihrem Tode wie ein Sohn für sie sorgte68. – Als dann am Auferstehungssorgen Maria Magdalena zu Petrus und Johannes kam und mit Schmerzen ihnen anzeigte, man habe den Herrn aus dem Grabe genommen, da eilten sogleich Beide hinaus, um sich selbst zu überzeugen. Johannes in seiner Jugendkraft, vielleicht auch von einiger Hoffnung belebt, lief schneller als der viel ältere Petrus und kam zuerst zum Grabe; er neigte sich hinein und sah wirklich die Leintücher liegen, ging aber selbst nicht hinein. Erst als Petrus nachkam und das Grab hineinging und die Leintücher und das Schweißtuch beiseits ordentlich zusammengewickelt, wie man es bei einem Raube nicht hätte erwarten können, liegen sah, da ging auch Johannes hinein, und sein Hoffnungsfunke ward zum Lichte, »er sah und glaubte« (Joh. 20,8), während Petrus noch ungläubig oder doch zweifelhaft blieb, dis Er ihm erschien und ihm, wie den übrigen Aposteln, allen Zweifel an Seine wirkliche Auferstehung von den Todten, die Er ihnen öfter vorausgesagt hatte, für immer benahm. – Wie dann die Jünger in Galiläa waren, und Einige von ihnen einmal fischten, stand Jesus am Ufer, ohne daß sie Jhn kannten. Da war es, Johannes, welcher, Jesum zuerst nd allein erkennend, dem Petrus sagte: »Der Herr ist's« (Joh. 21,7). Bei dieser Gelegenheit war es auch, wo Christus dem Petrus nach der dreimaligen Frage, ob er Ihn liebe, Seine Lämmer und Schafe zum Weiden übergab, auch sein Leiden und seinen gewaltsamen Tod (21,18), namentlich seine Nachfolge zum Kreuze (21,19), ihm vorhersagte, und wo dann Petrus, um Johannes bekümmert, den Herrn fragte, was mit diesem geschehen werde. Da antwortete der Herr: »Wenn ich will, daß er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an? Du folge mir nach« (21,22). Daraus nun. sagt Johannes selbst, schlossen die Brüder, namentlich seine Zeitgenossen, welche sein so hohes Alter sahen, er werde nicht sterben, aber er widerlegt dieses Gerücht selbst, indem er hinzufügt, Jesus habe nicht gesagt, er werde nicht sterben, sondern nur, er werde so bleiben, bis Er komme, welche Worte wohl dadurch am einfachsten erklärt werden, Johannes werde nicht, wie Petrus, eines gewaltsamen Todes sterben, sondern so bleiben, bis Er kommen69 werde, um ihn durch einen natürlichen Tod in den Himmel aufzunehmen, was auch wirklich geschah. – Bald nach der Ausgießung des heil. Geistes über die Jünger Jesu waren es Petrus und Johannes, die das erste Wunder wirkten, indem sie im Namen Jesu des Gekreuzigten einen Lahmgebornen heilten. Und als sie deßwegen, und wegen der freimüthigen Rede von Jesus dem Gekreuzigten und Wiedererstandenen, welche Petrus als Wortführer bei dieser Gelegenheit im Tempel zum Volke hielt, in den Kerker geworfen, dann am andern Tage vor Gericht geführt wurden, und nach gehaltenem Rathe ihnen streng verboten ward, je wieder etwas von Jesus zu sprechen; da sagten Petrus und Johannes, »Urtheilet selbst, ob es recht ist vor Gott, euch mehr zu gehorchen als Gott; denn für uns ist es unmöglich, das nicht zu sagen und zu verkündigen, was wir gesehen und gehört haben« (Apstg. 4,19. 20). Dann drohten sie ihnen nochmal und entließen sie, weil sie keine Ursache, sie zu strafen, finden konnten und wohl auch vor dem Volke sich fürchteten, welches die Wunderthat selbst gesehen hatte. Die beiden Apostel aber kehrten ruhig zu den Ihrigen zurück und priesen Gott, der sie gewürdigt hatte, um Seines und Seines Sohnes Namens willen zu leiden. – Bald darauf (Apstg. 5,18) wurde Johannes mit den übrigen Aposteln von den Hohenpriestern zum zweiten Male ergriffen, in den Kerker geworfen und am Ende sogar gegeißelt (5,40). Nach einiger Zeit (8,14 ff.) wurde Johannes mit Petrus von den versammelten Aposteln nach Samaria gesandt, um dort den Neubekehrten den heil. Geist zu ertheilen etc. Noch finden sich zwei Nachrichten über den hl. Johannes in den heil. Schriften des Neuen Testaments. Der hl. Apostel Paulus, welcher nach seiner Bekehrung in Damaskus sogleich das Evangelium in Arabien und Griechenland predigte, kam drei Jahre nachher nach Jerusalem, um die Apostel des Herrn zu besuchen, von denen er aber damals keinen fand als den Petrus, bei welchem er 15 Tage blieb, und den Jacobus11 »den Jüngern.« Nach 14 Jahren kam er mit Barnabas und Titus wied er dahin, und da gaben dann Jacobus als Bischof von Jerusalem, sowie Petrus und Johannes, welche alle Drei als »Säulen der Kirche« angesehen wurden, ihm und dem Barnabas die Hand zur Gemeinschaft, daß sie zu den Heiden zögen, die Andern aber besonders zu den Juden, wie der hl. Paulus in seinem Briefe an die Galater (1,18 ff.) selbst erzählt. In diesem Jahre wohnte Johannes auch dem ersten Concilium bei, welches die Apostel im Jahre 51 n. Chr. zu Jerusalem hielten (Apstg. 15,5 ff.), wenn er auch nicht eigens genannt ist. – Die letzte Nachricht über ihn haben wir von ihm selbst. Er schreibt nämlich in seiner »Geheimen Offenbarung« (1,9) an die Gemeinden: »Ich Johannes, der euer Bruder und Mitgenosse der Trübsal ist, war auf der Insel, welche Patmos genannt wird, wegen des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu« etc. – Mit diesem Buche, in welchem er fünfmal seinen Namen nennt, und welches den Schluß der heil. Schriften macht, schließen sich auch die Berichte, die uns über den hl. Johannes durch den heil. Geist mitgetheilt sind, und wir gehen nun zu denjenigen über, welche uns kirchliche Schriftsteller aus den ersten Jahrhunderten überliefert haben. Nachdem die Apostel des Herrn Seinem Auftrage gemäß in Jerusalem, in ganz Judäa und Samaria Zeugniß von Ihm abgelegt und das Evangelium verkündet hatten, zogen sie auch in andere Länder, um die frohe Botschaft vom Reiche Gottes überallhin auszubreiten bis ans Ende der Erde, wie der Herr ihnen befohlen. Wann diese Theilung der Apostel, für welche an manchen Orten am 15. Juli ein eigenes Fest gefeiert wird, geschah, läßt sich mit Gewißheit nicht angeben; doch bezeugen viele christliche Schriftsteller, sie sei um das 15. Jahr nach der Himmelfahrt Jesu geschehen. Auch läßt sich von allen Aposteln nicht genau angeben, in welchem Lande sie vorzüglich gewirkt haben. Von unserm hl. Johannes ist jedoch gewiß, daß er, nachdem er Palästina verlassen, das Evangelium in Kleinasien verbreitet und so befestigt habe, daß er als ein neuer Begründer der Kirche in diesen Ländern betrachtet werden kann, welchen Namen ihm auch mehrere Kirchenschriftsteller geben, obgleich der hl. Paulus schon das Christenthum in jene Länder gebracht hatte, aber nirgends so lange sich aufhalten konnte, daß er eine eigentliche Kirche hätte gründen oder befestigen können. Wie lange aber Johannes seinen Wohnsitz in Jerusalem behalten und eine »Säule« der dortigen Kirche geblieben, und wann er nach Kleine Asien gegangen sei, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Nach Nicephorus berichten ältere Geschichtschreiber, daß derselbe nach der Himmelfahrt Jesu bei der Mutter Gottes in seinem Wohnhause in der Stadt Zion geblieben sei, bis sie aufgenommen ward zum Herrn, und daß er hierauf in Asien das Evangelium gepredigt habe. Hiemit stimmt auch Eusebius überein, der in seinem »Chronikon« sagt, die Mutter Maria sei gestorben im Jahre 48 n. Chr., somit in einem Alter von 64 Jahren, im 14. Jahre nach der Auferstehung des Herrn, wo der hl. Johannes gewiß noch in Jerusalem war, wie wir aus dem oben citirten Briefe des hl. Paulus an die Galater sehen. Nach Andern wäre Maria dem Johannes nach Ephesus gefolgt, was aber weniger wahrscheinlich ist. Nachdem Johannes in Klein-Asien mehrere Gemeinden gegründet und mit Bischöfen versehen hatte, wie z.B. die von Smyrna, Pergamos, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodicea, an welche er auch in seiner Geheimen Offenbarung schreibt, schlug er als Oberhirt der asiatischen Gemeinden seinen Wohnsitz zu Ephesus auf, wo der hl. Timotheus, der Jünger des hl. Apostels Paulus, Bischof war. Dieses geschah aber sicherlich erst nach dem Todeder hhl. Apostel Petrus und Paulus, also wohl nicht vor dem 33. oder 34. Jahre nach Christi Himmelfahrt oder nicht vor dem Jahre 67 n. Chr.; denn in keinem der Briefe, welche der hl. Paulus kurz vor seinem Tode an asiatische Gemeinden oder an den hl. Timotheus schrieb, kommt irgend eine Spur vor, daß der hl. Johannes zu Ephesus oder in der Nähe war. Hieraus schließt man mit Recht, daß er während mancher Jahre in entfernteren Gegenden das Christenthum geprediget habe. Man glaubt, er habe den Parthern das Evangelium verkündet, und der hl. Augustinus berichtet, sein erster Brief habe die Aufschrift geführt: »Sendschreiben an die Parther.« Nach einer alten Ueberlieferung reiste er bald nach der im Jahre 70 n. Chr. erfolgten Zerstörung Jerusalems, welche er allein unter den übrigen Aposteln überlebte, nach Palästina, wo er eine Zusammenkunft mit einigen Verwandten und Jüngern Jesu gehabt haben soll. Bei den Bollandisten heißt es am 16. Februar (II. 857) im Leben des hl. Onesimus: nach dem Tode des hl. Timotheus, der nach Einigen im Jahre 96 n. Chr. erfolgte, habe der hl. Apostel und Evangelist Johannes auf die Bitte der vornehmsten Gläubigen die Leitung der Kirche von Ephesus übernommen, und ihm sei dann der hl. Onesimus gefolgt. Aehnliches findet sich auch bei Eusebius, der die Worte des hl. Irenäus anführt, nach welchen die Kirche von Ephesus zwar vom hl. Paulus gestiftet worden sei, aber den hl. Johannes bis zu den Zeiten Trajan's als Vorsteher gehabt habe. – In der zweiten allgemeinen Christenverfolgung unter dem grausamen Kaiser Domitian (um das Jahr 95 n. Chr.) wurde der hl. Johannes auf Befehl des Proconsuls von Asien eingezogen und nach Rom geschickt. Dort wurde der ehrwürdige Greis in einen mit siedendem Oele gefüllten Kessel geworfen, aber durch wunderbaren göttlichen Beistand nicht beschädigt, sondern er ging, wie der hl. Hieronymus nach Tertullian berichtet, aus demselben reiner und rüstiger hervor, als er hineinging. Dieß geschah vor der lateinischen Pforte, d.h. vor dem Thore, das nach Latium führt, und die Erinnerung daran wird in der ganzen Kirche alljährlich am 6. Mai durch ein eigenes Fest gefeiert, welches unter dem Namen »Johannes ante portam Latinam« allbekannt ist, in Rom schon zur Zeit des hl. Papstes Gregorius des Großen im Gebrauche und in England seit dem 12. Jahrhunderte sogar ein gebotener Feiertag war. Auf dem Platze des Marterthums befindet sich eine kleine runde Kapelle70, und in derselben ist auf der einen Wand der hl. Johannes im Oelkessel abgemalt mit der Inschrift: Johannes, Christi Apostolus, Evangelista, Propheta et Martyr, e dolio ferventis olei vegetior exivit; auf der entgegengesetzten Wand sind 6 lateinische Verse, welche aussagen, daß Johannes, der Kämpfer Christi, hier mit Ruthen gestrichen, zur Schmach geschoren und dann in das siedende Oel gesetzt worden sei, das ihn aber nicht verletzt habe71, und daß hier der Kessel oder das Faß, dann etwas von dem Oele, von seinem Blute und seinen Haaren aufbewahrt werde. Nahe dabei steht eine viel größere dem hl. Johannes geweihte Kirche, welche die Titularkirche eines Cardinalpriesters ist. Weiter davon entfernt ist die Lateran-Basilika, welche den beiden hhl. Johannes, dem Täufer und Evangelisten, die häufig mitsammen vorkommen, geweiht ist. Die wunderbare Rettung, welche die Heiden Zauberkünsten zuschrieben, machte sie noch ergrimmter; Domitian schickte daher den hl. Johannes ins Exil auf die Insel Patmos, eine der Sporaden im Archipelagus, welche heutzutage Palmosa oder Patimo heißt und noch den Türken gehört72. Hier soll er nach dem hl. Bischofe Victorius zur Arbeit in den Bergwerken (in metallum) verurtheilt worden seyn. Gewiß ist, daß er hier die »Apokalypse« oder »Geheime Offenbarung« schrieb, von welcher weiter unten die Rede seyn wird. Nach dem bei Surius ins Lateinische übersetzten Metaphrasten hätte der hl. Dionysius der Areopagit einen Brief an ihn nach Patmos geschrieben mit der Vorhersagung, er werde aus der Verbannung wieder frei nach Asien zurückkehren, dort das Evangelium schreiben und von Dionysius besucht werden etc. Auch bei den Bollandisten wird im Leben des hl. Dionysius am 9. Oct. (IV. 786) dieser Brief erwähnt, aber als unächt erklärt. – Da im Jahre 96 n. Chr. der edle Nerva dem im Monate September getödteten Domitian nachfolgte, wurden alle grausamen Anordnungen desselben vernichtet, und so kam auch der hl. Johannes aus seiner Verbannung nach Ephesus zurück, wo er wieder für seine Gemeinden lebte, obgleich er damals in einem Alter von 88 oder 89 Jahren sich befand. Wahrscheinlich war es auch um diese Zeit, daß er anstatt des um das Jahr 96 gestorbenen Timotheus die Leitung der Kirche von Ephesus übernahm, wie oben bemerkt wurde. Jedenfalls war er als der einzige noch lebende Apostel, und namentlich als der vertrauteste Augen und Ohrenzeuge der Worte und Thaten des Herrn, das Orakel besonders der asiatischen Christenheit und ihrer Bischöfe, also ein wahrer Patriarch. So sehr er aber auch für die allgemeine Wohlfahrt der Christenheit wachte, so sehr war er auch für das Wohl der Einzelnen väterlich besorgt. Dieß zeigt die bekannte Begebenheit mit dem Räuberjünglinge, welche Eusebius (H. E. III. 23) dem hl. Clemens, der sie eine ganz wahre Geschichte nennt, nacherzählt, und welche hier um so mehr erwähnt werden muß, da sie den Charakter des Apostels der Liebe in seiner ganzen Liebenswürdigkeit erscheinen läßt. Als nämlich Johannes nach seiner Rückkehr aus Patmos auf seinen apostolischen Reisen in eine Stadt (man nennt Smyrna) gekommen war und die Brüder durch seine Reden getröstet hatte, sah er einen Jüngling von vielbedeutender Gesichtsbildung und lebhaftem Gemüthe. Sogleich wendete er sich an den Bischof73 und sagte zu ihm: »Diesen Jüngling empfehle ich deiner sorgsamsten Pflege im Angesichte der Kirche und Jesu Christi.« Der Bischof nahm nun den Jüngling in sein Haus auf, widmete ihm jede Sorgfalt und taufte ihn, nachdem er ihn zum Empfange dieses hl. Sacraments vollständig vorbereitet gefunden. Doch als der Bischof, uneingedenk der menschlichen Schwäche, von seiner ersten Sorgfalt nachließ, gerieth der Jüngling unter einige junge Leute von gleichem Alter, welche dem Müßiggange ergeben ein zügelloses Leben führten und auch den unerfahrnen Jüngling dazu verlockten. Nachdem sie all' ihr Vermögen verpraßt hatten, kamen sie so weit, daß sie zur Nachtszeit die Reisenden beraubten und auch unsern Jüngling mit sich nahmen. Dieser zeichnete sich, wie früher im Guten, so setzt auch im Schlimmen vor den Andern aus, errichtete eine förmliche Räuberbande und wurde ihr Anführer. Nach längerer Zeit kam der hl. Johannes wieder in jene Gegend, und nachdem er die übrigen Geschäfte geordnet, verlangte er vom Bischofe das Pfand, welches er ihm vor der Gemeinde anvertraut. Dieser erschrack anfangs hierüber, weil er meinte, es werde ein Geld von ihm verlangt, das er nicht erhalten. Als aber Johannes sagte, daß er die Seele des Bruders von ihm fordere, seufzte er und sprach mit Thränen: »Der ist gestorben.« Auf die Frage, welchen Todes er gestorben, erwiderte der Bischof: »Er ist Gott abgestorben; er ist gottlos geworden und am Ende ein Räuber. Nun hat er statt der Kirche einen Berg inne, wo er sein böses Wesen treibt.« Wie der Apostel dieses hört, zerreißt er mit einem lauten Schrei sein Kleid, schlägt an sein Haupt und spricht: »Ach, ich habe einen schönen Wächter über die Seele meines Bruders zurückgelassen! Doch gebt mir ein Pferd und einen Wegweiser.« So eilt er denn, wie er eben ist. hinaus zum Berge und wird dort von der Wache ergriffen. Er flieht nicht, sondern ruft: »Eben deßwegen bin ich gekommen; führt mich zu eurem Anführer.« Dieser erwartet ihn gewaffnet; wie er aber den hl. Johannes erkennt, entflieht er aus Scham. Der liebevolle Apostel eilt ihm, sein hohes Alter vergessend, mit aller Schnelligkeit nach und ruft: »Warum fliehst du mich, mein Sohn! mich deinen Vater, den unbewaffneten Greis? Fürchte dich nicht; du hast noch Hoffnung des Lebens. Ich will Christo für dich Rechenschaft ablegen. Soll es seyn, so will ich gern für dich sterben, wie auch der Herr für uns gestorben ist. Ich will mein Leben für dich lassen. Warte doch! Glaube, Christus hat mich abgeschickt.« Wie jener diese Worte vernimmt, bleibt er zuerst stehen und blickt zur Erde; dann wirst er die Waffen weg und fängt an zu zittern und bitterlich zu weinen. Da der Greis herzukommt, umfaßt er dessen Knie und fleht um Verzeihung. Durch seine Thränen wird er gleichsam zum zweiten Male getauft. Nur seine rechte Hand verbirgt er, weil sie mit Blut befleckt ist. Doch Johannes verbürgt sich für ihn und verspricht ihm die Verzeihung des Herrn. Ja, er kniet nieder, küßt selbst sekne durch die Reue gleichsam rein gewaschene Hand und führt ihn zur Kirche zurück, wo er mit ihm betet, bis er ihn der Kirche wieder schenken kann als ein großes Beispiel aufrichtiger Reue und wahrhafter Sinnesänderung. So war es denn die Liebe zu seinem Herrn und Meister und eben dadurch auch zu den Menschen, welche Johannes nicht blos immer predigte, sondern auch in der That übte, so daß er in zweifacher Hinsicht der »Apostel der Liebe« genannt zu werden verdient, als solcher nämlich, der von dem Herrn innigst geliebt wurde und Ihn auch in Wort und That wieder innigst liebte, zu welcher Liebe er auch Andere auffordert. »Laßt uns Gott lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat« (1. Joh. 4,19), und »da Gott uns so sehr geliebt, so müssen auch wir einander lieben« (1. Joh. 4,11), das ist der Hauptinhalt seiner Predigten, und als er, wie der hl. Hieronymus erzählt, in seinem hohen Alter von mehr als 90 Jahren in den Versammlungen keine langen Reden mehr halten konnte, sagte er immer nur die Worte: »Kindlein, liebet euch einander.« Da einmal Einige von den Anwesenden darüber ungehalten wurden, immer das Nämliche zu hören, und glaubten, er wisse etwa wegen Altersschwäche nicht mehr, daß er es schon so oft gesagt habe, fragten sie ihn: »Vater, warum sagst du uns denn immer dieses?« Und er antwortete: »Weil es das Gebot des Herrn ist, und wer dieses hält, thut genug.« So hatte ja auch sein Herr und Meister selbst gesagt: »Ich gebe euch ein neues Gebot, daß ihr euch einander liebet, wie Ich euch geliebt habe. Daran werden Alle erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe zu einander habet« (Joh. 13,34. 35). – Die alten Ueberlieferungen haben uns noch andere Züge vom hl. Johannes aufbewahrt, welche wir auch kurz erwähnen wollen. Einmal, so erzählt Cassianus, begegnete ihm ein Mann in Jägerkleidung, welcher von Ferne gekommen war, um den hochverehrten Apostel in Ephesus zu sehen. Dieser hatte eben, um sich von seinen Anstrengungen zu erholen, ein Rebhuhn in der Hand, welches er streichelnd liebkoste. Da er dem Jäger, der ihn um die Wohnung des Johannes fragte, sich selbst als solchen zu erkennen gab, wunderte sich derselbe, daß ein Mann von solchem Rufe mit solcher Kurzweil sich ergötzte. Als hierauf der Apostel ihn entgegen fragte, warum er seinen Bogen nicht immer gespannt trage, erwiderte der Jäger: »Weil dann die Sehne erschlaffen und zu nichts mehr taugen würde.« »Nun,« schloß endlich Johannes, »so soll es auch dich nicht wundern, o Jüngling! wenn ich meinen Geist ruhen lasse, um ihn zur Arbeit wieder zu stärken.« – Ein anderer Schriftsteller sagt, es sei dem hl. Johannes von einigen Ketzern einmal ein giftiges Getränk gereicht worden; er habe aber das Kreuzzeichen über den Becher gemacht, worauf dieser sogleich gebrochen, und das Gift in Gestalt einer Schlange zur größten Beschämung der Ketzer hervorgekommen sei. Nach dem Metaphrasten hätten auch andere Christen dieses Mittel mit Erfolg angewendet, wie ja Jesus selbst von den Gläubigen sagt: »Wenn sie etwas Tödtliches trinken, wird es ihnen nicht schaden« (Marc. 16,18). Nach Aschbach (I. 282) und Andern hätte der Götzenpriester Aristodemus dem hl. Johannes vergifteten Wein zum Trinken überreicht mit der Erklärung, Christ werden zu wollen, wenn er den Wein ohne Nachtheil trinken könne; Johannes habe hierauf den Giftbecher gesegnet und ihn dann ohne Schaden getrunken. Wie nun diese Begebenheit Veranlassung war, den hl. Johannes mit einem Kelche, aus welchem eine Schlange hervorgeht, darzustellen, so gab sie auch sicherlich Anlaß zu der in mehreren, besonders deutschen Diöcesen gebräuchlichen Sitte, am 27. Dec., als dem Feste des Apostels, den »Johanniswein« zu segnen, welcher dann den Gläubigen zum Trinken dargereicht wird mit den Worten: »Trinke die Liebe des hl. Apostels und Evangelisten Johannes« etc., und man hält viel auf diesen »Johannissegen.« In der Diöcese Augsburg wird dieser »Johanniswein« auch den Brautleuten nach der Copulation dargereicht, und bei der Weihe desselben nebst andern Gebeten auch das Evangelium von der Hochzeit zu Kana gelesen. – Nach dem Zeugnisse anderer alter Schriftsteller wirkte der hl. Johannes viele Wunder im Namen Jesu und erweckte in Ephesus, wohin er durch einen Schiffbruch verschlagen worden seyn soll, einen Todten zum Leben. Bei den Bollandisten ist am 29. Sept. (VIII. 42), als am Feste des hl. Erzengels Michael, angegeben, Johannes habe in Ephesus das Götzenbild der Diana umgestürzt und sei dann mit dem hl. Philippus nach Hierapolis gekommen, wo sie Beide viele Wunder gewirkt haben. Etwas später (S. 48) heißt es, daß er auch in Kolossä gepredigt und Wunder gewirkt habe etc. Nach dem hl. Hieronymus soll er einmal einen Priester seines Amtes entsetzt haben, weil er eine selbsterfundene Reisebeschreibung des hl. Apostels Paulus und der hl. Thekla als eine wahre Geschichte herausgegeben hatte, ein Beweis, daß er auch Strenge mit Milde zu verbinden wußte etc. Nach Polykrates, einem späteren Bischofe in Asien, trug der hl. Johannes auch, wie der hl. Apostel Jacobus11, ein Πέταλον, d.i. ein Goldblech, eine Art von Diadem auf der Stirne als Zeichen seiner hohenpriesterlichen Würde. Von seinen Schülern sind vorzüglich bekannt der hl. Bischof Polykarpus von Smyrna, der hl. Bischof Ignatius1 von Antiochia und der hl. Bischof Papias von Hierapolis. Zu demselben gehört auch der hl. Bischof Bucolus von Smyrna (s.d.), welchem der hl. Polykarpus nachfolgte, und nach einer bei den Bollandisten am 8. Jan. (I. 468) enthaltenen Angabe auch der hl. Patiens oder Patientius, welcher als 4. Bischof von Metz bezeichnet wird. – Als endlich die Stunde herannahte, daß der hl. Johannes heimgehen sollte zu seinem Herrn und Meister, um den Lohn seiner Thaten zu empfangen, da soll er nach einer alten Sage, die auch in den »Gesichten« der A. K. Emmerich (III. 564) sich findet, selbst sein Grab gegraben, sich in Gegenwart von einigen Jüngern hineingelegt und so den Tod erwartet haben, der auch bald erfolgt sei. Jedenfalls läßt sich annehmen, daß sein Tod ruhig und mehr ein Heimgang zum Vater gewesen sei, wie denn auch bei den Bollandisten im Leben der hl. Jungfrau Verdiana am 1. Februar (I. 260. nr. 22) angegeben ist, daß er schmerzlos und ohne vorhergehende Krankheit aus dem Leben geschieden sei. Er starb zu Ephesus unter Kaiser Trajan (nach Eusebius im 3. Jahre seiner Regierung) im J. 100 oder 101 n. Chr., im 68. (nach A. 71.) Jahre nach der Himmelfahrt des Herrn, in einem Alter von wehr als 90 (nach A. von mehr als 100) Jahren als der letzte unter den Aposteln, der noch ins zweite christliche Jahrhundert hinüber reichte, während sein Bruder Jacobus der erste war, der für Jesus sein Leben hingab. Ganz genau kann übrigens die Zeit seines Todes nicht bestimmt werden; auch der Ort seines Begräbnisses ist nicht genau bekannt, obwohl der hl. Hieronymus sagt, es sei sein Grabmal nicht weit von Ephesus gesehen worden, und es soll noch im 6. und 8. Jahrhunderte ein Manna aus seinem Grabhügel hervorgekommen seyn. Später wurde eine Kirche darüber gebaut, welche aber im 15. Jahrhundert durch die Türken in eine Moschee umgewandelt wurde und jetzt, wie die Stadt selbst, von welcher wegen ihrer Unbußfertigkeit der »Leuchter« weggenommen worden ist, wie es Jesus in der Geheimen Offenbarung (2,5) angedroht hat, in Ruinen liegt74. Uebrigens gibt es viele alte kirchliche Schriftsteller, welche behaupten, der hl. Johannes sei nicht gestorben, sondern er lebe noch im Grabe; eine daneben rieselnde Quelle oder auch ein öfter aus dem Grabe hervorquellendes heilsames Manna, welches auch wirklich an mehreren Orten verehrt wird, gebe Kunde vom Herz schlage des Apostels, und einst am Ende der Zeiten werde er wieder kommen, um in Vereinigung mit Enoch und Elias gegen den Antichrist zu kämpfen. Diese Meinung wird auch vom hl. Augustin angeführt, und bei den Bollandisten ist am 8. Mai (II. 285) angegeben, daß an diesem Tage bei den Griechen und arabischen Aegyptern das Andenken an das Herausquellen des Mannas oder Staubes gefeiert werde. Andere behaupten, er sei zwar gestorben, habe aber sogleich das Leben wieder erhalten, um an einem angenehmen Orte außerhalb dieser Erde bis ans Ende der Zeiten zu leben etc. Wieder Andere endlich, und unter diesen angesehene Kirchenväter, wie die hhl. Ambrosius, Hieronymus etc. behaupten, er sei zwar wirklich gestorben, aber man habe seinen Körper nach dem Begräbnisse nicht mehr gefunden, sondern er sei sogleich in den Himmel aufgenommen worden, wie die jungfräuliche Mutter Maria, und er werde vor der letzten Ankunft Jesu mit Enoch und Elias wieder kommen etc. Dieß wird vom hl. Petrus Damiani als eine »fromme Meinung« erklärt, welcher auch der hl. Thomas von Aquin nicht abgeneigt ist, und die sicherlich viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, als die andern Sagen, die ja gleichsam eine Verbannung des hl. Johannes in sich schlößen und wohl nur der von ihm selbst widerlegten falschen Auffassung der Worte Jesu, »er werde so bleiben, bis Er komme,« ihr Entstehen zu verdanken haben. Auch bei den Bollandisten wird am 1. Februar (I. 87. nr. 25) und 4. Septbr. (II. 185. nr. 1) erwähnt, daß er in den Himmel wie Enoch und Elias aufgenommen (assumptus, translatus) worden sei, welche Translation nach denselben bei den Kopten am 26. September (VII. 189) gefeiert wird. Gewiß ist jedenfalls, daß von seinem heil. Leibe nirgends Reliquien sich finden, wohl aber von seinem Kleide, von seinem Grabmale und dem aus demselben gequollenen Manna etc. Bei den Bollandisten ist im Leben des hl. Papstes Gregorius am 12. März (II. 179. nr. 57) bemerkt. daß unter dem Altare der Constantinischen Basilika (Lateran) in Rom Kirchenkleider von ihm aufbewahrt werden, namentlich eine Tunica Pontificia. Reliquien von seinem Kleide sind nach denselben auch in Prag (Jan. I. 1084), in Lissabon (Jan. II. 612) und an mehreren andern Orten. – War der hl. Johannes schon erhaben in seinem Leben, so ist er es noch mehr in seinen Schriften, von welchen wir nur noch etwas Weniges anführen wollen, da sie doch allbekannt sind. Die erste Schrift, welche er aus göttlicher Eingebung und zwar wie die andern in griechischer Sprache verfaßte, ist die ihm auf der Insel Patmos in verschiedenen Gesichten mitgetheilte »Offenbarung« (Apocalypsis), die einzige prophetische Schrift des Neuen Testaments, die auch einen würdigen Schluß unserer heil. Schriften bildet. Diese geheimnißvolle, inhaltsschwere Schrift ist zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise ausgelegt und wohl auch vielfach mißbraucht worden. Nach Allioli »handelt sie von der Weiterentwicklung des Messianischen Reiches auf Erden, von dem Siege über seine beiden Feinde, das Judenthum und Heidenthum, und von seinem Uebergange ins ewige himml. Reich nach der Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeit... Nach dem im Eingangs-Gesichte (1,1–18) angegebenen Gegenstande zerfällt das Buch in zwei Haupttheile: in die Nachricht über das, was ist, nämlich über den Zustand der 7 kleinasiatischen Gemeinden, die zugleich als Bild der ganzen Kirche stehen (Kap. 2. 3), und dann in das, was geschehen soll, d.h. in die Weissagung von dem Kampfe und Siege der Kirche über ihre Feinde« etc. Am Schlusse wird das himml. Jerusalem näher beschrieben, und die Sehnsucht des Apostels nach seinem Herrn ausgedrückt etc. (Kap. 4–22). Man kann es daher mit Haneberg ansehen als »ein Trostbuch in großen Leiden der Kirche und als einen prophetischen Mahnruf zur steten Wachsamkeit, im Aufblicke zur Wiederkunft Christi.« Die zweite Schrift des hl. Johannes ist sein Evangelium, welches in der Reihe der Evangelien das vierte und letzte ist, weil es auch zuletzt verfaßt wurde. Zeit und Ort der Abfassung läßt sich zwar nicht genau angeben, doch wird gewöhnlich angenommen, daß es nach seiner Rückkehr aus der Insel Patmos in seinen letzten Lebensjahren und zwar zu Ephesus verfaßt worden sei. Die äußere Veranlassung dazu gaben nach dem hl. Hieronymus die Irrlehrer Cerinthus, Ebion und Andere, welche da läugneten, daß Christus, der Sohn Gottes, Fleisch geworden sei, und behaupteten, Christus habe vor Maria nicht existirt. Da nun das Unkraut dieser Irrlehre in Asien sich immer mehr verbreitete, wurde der hl. Johannes von den damaligen Bischöfen Asiens und von Abgeordneten vieler Gemeinden dringendst gebeten, von der Gottheit unsers Erlösers etwas zu schreiben. Er versprach es, wenn sie sämmtlich in Gebet und Fasten sich mit ihm vereinigen würden. »Als dieß geschehen war,« fährt der hl. Hieronymus fort, da entströmten ihm, von göttlicher Erleuchtung durchstrahlt, diese vom Himmel gekommenen Worte, der Anfang seines Evangeliums: ›Im Anfange war das Wort‹ etc. (Joh. 1,1). Anderswo bemerkt dann derselbe, daß auch noch eine andere Veranlassung berichtet werde. Nachdem nämlich der hl. Johannes die evangelischen Geschichten des Matthäus, Marcus und Lukas gelesen, habe er den Inhalt derselben bestätigt, aber beigefügt, sie hätten hauptsächlich nur die Geschichte Eines Jahres, das nach der Gefangennehmung des Täufers Johannes, in welchem Jesus gestorben, geschrieben, während dann er selbst dieses Jahr größtentheils übergangen und besonders das vor der Gefangennehmung desselben Vorgefallene erzählt habe. Der Hauptzweck seines Evangeliums ist daher die Widerlegung der Ketzereien, indem er als Augen- und Ohrenzeuge ein für alle Zeiten geltendes authentisches Zeugniß über die Gottheit Christi ablegt und diese durch Worte und Thaten Jesu beweist; der Nebenzweck ist Ergänzung der übrigen Evangelien, indem er Manches berichtet, was jene nicht haben, und namentlich viele Reden Jesu ausführlich angibt, dagegen aber auch wieder Manches übergeht, was jene schon enthalten, wie z.B. die Einsetzung des hl. Abendmahles etc., von welchem er übrigens die Vorherverkündigung Jesu anführt (Kap. 6). Den Hauptzweck gibt er selbst an, indem er gegen das Ende seines Evangeliums sagt: »Dieses ist geschrieben, damit ihr glaubet, Jesus sei Christus, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habet in Seinem Namen« (20,31). Die andern drei Evangelisten haben zwar die Gottheit Jesu auch verkündet und durch Anführung von Gesprächen und Wundern erwiesen, wie es sich eben aus der Geschichte ergab; aber es ist die Nachweisung derselben nicht so ausgesprochene Absicht, wie bei Johannes, der ja auch hiezu eine besondere Veranlassung hatte gegen die Irrlehrer, die er in seinen Briefen »Antichristen« nennt. Ueber den Charakter dieses Evangeliums sagt der hl. Augustinus: »In den vier Evangelien oder vielmehr in den vier Büchern Eines Evangeliums hat der hl. Apostel und Evangelist Johannes, welcher gemäß seiner geistigen Erkenntniß dem Adler verglichen wird, höher und weit erhabener als die andern Drei seine. Verkündigung erhoben und dadurch auch uns erheben wollen. Denn die drei übrigen Evangelisten sind gleichsam mit dem Gottmenschen auf der Erde gewandelt und haben von Seiner Gottheit weniger gesagt; dieser aber, gleichsam als verschmähte er es auf der Erde zu wandeln, hat sich, wie er gleich am Anfange seines Evangeliums gedonnert, nicht nur über die Erde erhoben, sondern auch über das ganze Heer der Engel etc., und ist zu Dem gekommen, durch den Alles gemacht ist, indem er spricht: ›Im Anfange war das Wort‹ etc. Das floß aus seinem Munde, was er getrunken; denn nicht ohne Grund wird von ihm in diesem Evangelium gesagt, daß er beim Abendmahle an der Brust des Herrn lag. Aus dieser Brust hat er daher im Geheimen getrunken; aber was er im Geheimen getrunken, das hat er offenbar ausgeströmt« (Tract. 36. in Joh. nr. 1). Eben deßwegen, weil der hl. Johannes vorzugsweise von der Gottheit Jesu Christi redet, heißt er bei den Griechen »der Theolog,« wie schon oben bemerkt wurde. Ferner heißt er bei griechischen Kirchenvätern ὁ Ἐπιστήϑιος, d.h. »der an der Brust Liegende;« auch ὁ Παρϑένος, d.h. »der Jungfräuliche« etc. – Das ganze Evangelium läßt sich in drei Haupttheile fassen: 1) Die Vorrede, in welcher die ganze ächte Lehre von Christus dargestellt wird, namentlich Seine göttliche ewige Geburt vom Vater etc. (1,1–18); 2) das eigentliche Evangelium, in welchem die Geschichte Jesu besonders während Seines Aufenthaltes in Judäa nach den vorzüglichsten sechs Festen, von denen der Herr fünf in Jerusalem feierte, erzählt wird (1,19 bis 20,29), und 3) der Schluß, in welchem der Hauptzweck des Evangeliums angegeben und die Prophezeiung Jesu über das Schicksal des Petrus und Johannes erwähnt wird (20,30 bis 21,25). – Nebst der Apokalypse und dem Evangelium hat der hl. Johannes auch noch drei Briefe geschrieben. Der erste Brief soll, wie schon oben bemerkt, an die Parther gerichtet gewesen seyn. Nach Andern war er das Begleitungsschreiben des Evangeliums und wäre also nach diesem verfaßt worden. Er warnt darin seine »Kindlein« vor der Welt und weltlich gesinnten Menschen und zeigt, daß mit dem Glauben ein christlicher Wandel verbunden werden müsse, wozu namentlich die Liebe zu Gott und den Mitmenschen gehöre etc. Auch hier spricht er recht entschieden von der Gottheit Christi etc. Der zweite Brief ist an eine Frau gerichtet, welche Electa geheißen haben soll (vgl. Electa2). Er will sie in der christlichen Wahrheit und Liebe befestigen und vor Irrlehrern warnen. Der dritte Brief ist an einen gewissen Gajus gerichtet, dem er seine Freude ausdrückt über seinen christlichen Wandel und besonders seine Liebe für die Glaubensprediger etc. In den beiden letzten Briefen nennt sich der hl. Johannes ὁ Πρεσβύτερος, d.h. der Aelteste (Senior), wegen seines bischöflichen Amtes, wohl auch wegen seines Alters. Diese fünf Schriften des hl. Johannes fino zwar im Laufe der Zeiten vielfach angefochten worden, als wenn sie ganz oder zum Theile unächt wären; allein ihre Aechtheit ist von der Kirche jederzeit anerkannt und auch von gelehrten Männern mit vielen Gründen bewiesen worden, so daß Jedermann, der nicht zweifeln will, darüber vollkommen beruhigt seyn kann. Dagegen werden ihm irriger Weise auch noch andere, von der Kirche nicht anerkannte Schriften zugeschrieben, wie z.B. ein Buch über den Tod und die Himmelfahrt der seligsten Jungfrau etc. – Wegen seiner Erhabenheit wurde denn auch der hl. Johannes in der Kirche stets hoch verehrt, und es wird auch von Mehreren darauf hingewiesen, daß er alle Benennungen der Heiligen in sich allein vereinige. Er war nämlich Patriarch, da er alle Kirchen Asiens leitete und als der letzte der Apostel das Orakel der Christenheit war; er ist ein Prophet, da er in seiner Geheimen Offenbarung künftige Dinge vorher sagte; er ist Apostel, ja einer der ersten derselben, und es wurde die Leitung der ganzen Kirche ohne Zweifel nur deßwegen nicht ihm, sondern dem Petrus anvertraut, weil Johannes gemäß seines Charakters mehr für das contemplative, Petrus aber mehr für das active Leben paßte, wie der hl. Augustinus schön bemerkt; er ist ferner Evangelist, da er sein Evangelium schrieb; er ist Martyrer, wie wir schon gesehen haben; er ist Kirchenlehrer (Doctor), wie er dann auch die Messe der Doctoren (In medio...) hat; er ist Bischof und Bekenner; er war Einsiedler auf Patmos und endlich auch Jungfrau, wie wir gesehen haben. Er ist daher auch von vielen Heiligen besonders verehrt worden, wie z.B. von den hhl. Johannes11 Chrysostomus, Gregorius19 von Nazianz, Gregorius34 Thaumaturgus, dem er das Symbolum übergeben haben soll, welches die orientalische Kirche gebraucht, Eduardus1, Catharina3 von Siena, welcher er, wie auch mehreren Andern, öfter erschienen seyn soll etc. Vorzüglich verehrt wird er zu Herzogenbusch (Silva Ducis) in den Niederlanden, wo ihm die Hauptkirche, »ein Meisterwerk der Baukunst,« geweiht ist, und wo man nebst den gewöhnlichen Festen auch noch am 26. Juni sein Entschlafen (Dormitio), am 27. Sept. seine Abführung ins Exil, die nach den Bollandisten an diesem Tage (Sept. VII. 379) auch in mehreren Martyrologien steht, und am 3. Dec. seine Rückkehr aus demselben feiert. Auch die Hauptkirche in Trier war früher dem hl. Johannes geweiht, und der hl. Benedictus hat ihm auf dem Berge Cassino, und zwar auf dem Platze, wo früher ein Altar des Apollo stand, eine Kapelle erbaut. Nach den Bollandisten haben die griechischen Menäen sein Fest am 26. Sept. (VII. 189). Nach Papst Benedict XIV. (De Canoniz. l.. 4. p. 2. c. 16. nr. 54) wurde sein Fest früher mit dem seines Bruders Jacobus am 26. Dec. gefeiert, an welchem Tage es nach Baronius in der griechischen Kirche noch gefeiert werde. Im Mart. Rom. und römischen Breviere stehen seine Feste am 6. Mai, wie schon oben bemerkt, und am 27. December, welcher in der lateinischen Kirche als sein Todestag angesehen wird, so daß er also in der Zeit gestorben wäre, wo der Tag zu wachsen beginnt, während Johannes der Täufer in der Zeit starb, wo der Tag abzunehmen anfängt. – Dargestellt wird unser hl. Johannes in verschiedenen Scenen aus seinem Leben und zwar gewöhnlich als Jüngling, weil er der jüngste Apostel war und nach der Sage aus dem Oelkessel wieder ganz jung hervorging. In Verbindung mit dem Räuberjünglinge aber und in der Mitte seiner Schüler, sowie im Oelkessel etc. wird er als Greis dargestellt. Er hat als Symbol den Adler, weil er sich unter den übrigen Evan, gelisten am höchsten emporschwang. Auch hat er den Kelch mit der Schlange in der Hand, aus dem schon oben angegebenen Grunde. Nach Aschbach (I. 282) soll er der Erste gewesen seyn, der das heil. Meßopfer im eigentlichen Priesterkleide feierte, weßwegen er auch manchmal im Priesterkleide abgebildet wird. Nach Papst Benedict XIV. l. c. (l. 4. p. 2. c. 21. nr. 14) ist in der Kirche der hl. Lucia zu Rom ein Altar. blatt, auf dem er gemalt ist, wie er der seligsten Jungfrau Maria die heil. Communion darreicht, welche Abbildung auch sonst öfter sich findet. †
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.