- Johannes Cantius, S. (143)
143S. Johannes Cantius Presb. Conf. (20. Oct. al. 24. Dec.) Dieser hl. Johannes, Doctor und Professor der Theologie an der Universität Krakau, wird von dem Neo-Bollandisten Benjamin Bossueam 20. Oct. (VIII. 1042–1106) ausführlich behandelt, indem nach einem längeren Commentare die von Adam Opatovius verfaßte und im J. 1628 zu Krakau herausgegebene Lebensbeschreibung (S. 1064) gegeben wird, zugleich mit den vielen auf seine Fürbitte geschehenen Wundern (1073) und der Canonisationsbulle (1102). Wir wollen das Wesentliche davon unter Zugrundlegung der im römischen Breviere enthaltenen Lectionen hier kurz anführen. Der hl. Johannes Vacenga hat den Beinamen Cantius von seinem Geburtsorte Kenty57 oder Canty (Cantium), einem Städtchen im ehemal. Herzogthum Auschwitz (poln. Oswieczim), welches früher zu Schlesien gehörte, im 15. Jahrh. aber dem Könige von Polen zurückgegeben wurde, setzt dem österreichischen Königreiche Galizien ungehört und in der Diöcese Krakau liegt. Sein Geburtstag fällt auf das Fest des hl. Johannes des Täufers (24. Juni), von welchem er seinen Namen erhielt, und den er auch stets hoch verehrte; aber das Jahr seiner Geburt ist ungewiß. Opatovius gibt das Jahr 1397, welches auch in der Canonisationsbulle steht; Andere haben das Jahr 1403, Andere 1412 etc. Sein Vater, Stanislaus Vacenga, war eine Zeit lang Bürgermeister von Kenty; seine Mutter hieß Anna. Nachdem seine angesehenen Eltern ihm eine gute Erziehung gegeben, schickten sie ihn auf die nicht lange vorher gegründete Universität Krakau, wo er fleißig Philosophie und Theologie studirte und dann, durch alle akademischen Grade aufsteigend, endlich Doctor und Professor der Theologie wurde, welche er viele Jahre lang docirte, wobei er seine Zuhörer nicht blos belehrte, sondern sie auch zu aller Frömmigkeit entflammte, indem er das, was erlehrte, auch selbst that. Nachdem er Priester geworden, ließ er im Studium der Wissenschaften nicht nach, sondern vermehrte nur seinen Eifer in der christlichen Vollkommenheit und brachte täglich mit inniger Andacht für sich und das Volk Gott dem Herrn das unblutige Versöhnungsopfer der hl. Messe dar. Längere Zeit versah er auch die Pfarrei Ilkusch oder Olkusch (Ilcussium) in der Nähe von Krakau, welche ihm von den Vätern des Collegiums übertragen worden war. Als wahrer Seelenhirt suchte er mit Eifer und Klugheit alle Pflichten seines heil. Amtes zu erfüllen und seine Pfarrkinder in zeitlichen und geistlichen Nöthen zu unterstützen. Doch wegen seines ängstlichen Gewissens hielt er diese Stellung für gefahrvoll und kehrte daher auf die Bitten seiner früheren Collegen wieder auf seinen Lehrstuhl zurück. Alle Zeit, die ihm von seinen Studien übrig blieb, verwendete er für das Seelenheil Anderer, besonders durch eifriges Predigen. Auch dem Gebete widmete er viele Zeit und namentlich der Betrachtung des bittern Leidens und Sterbens Jesu. Um dieses noch tiefer seinem Herzen einzuprägen, machte er eine Pilgerreise nach Jerusalem, wo er aus Sehnsucht nach dem Martyrium sogar den Türken Christum den Gekreuzigten predigte. Viermal pilgerte er auch nach Rom, um die Gräber der Apostel zu besuchen, dem Apostolischen Stuhle eine öffentliche Huldigung darzubringen und auch, wie er sagte, durch die dort zu gewinnenden vielen Ablässe die Strafen des Fegfeuers von sich abzuwenden. Alle diese Wallfahrten machte er zu Fuß, indem er sein Reisegepäck selbst trug. Als ihm eines Tages von Räubern seine Habe genommen worden war, und diese ihn dann fragten, ob er sonst nichts mehr bei sich führe, verneinte es der Heilige. Kaum aber hatten sie ihn verlassen, erinnerte er sich noch an einige in seinen Mantel eingenähte Goldstücke. Da lief er ihnen nach und bot ihnen auch diese an. Die Räuber aber, erstaunt über diese seine Wahrheitsliebe und Freigebigkeit, gaben ihm das Geraubte freiwillig zurück. – Da er nach den Lehren des Evangeliums den Nächsten liebte, so war er auch für den guten Ruf desselben sehr besorgt und hatte, um üble Nachreden von Seite Anderer fern zu halten, nach dem Beispiele des hl. Augustinus in seinem Zimmer an die Wand einen Spruch und zwar in folgenden latein. Versen geschrieben:
Conturbare cave, non est placare suäve;
Diffamare cave, nam revocare grave. Das heißt:
»Thue Keinem ein Leid; denn besänftigen ist nicht erfreulich.
Rede Keinem was noch; denn widerrufen ist schwer«.
Er sättigte die Hungrigen, tränkte die Durstigen und bekleidete die Nackten. Einmal Füßen, und damit man nicht sehe, daß er bloßfüßig nach Hause gehe, ließ er seinen Mantel bis auf die Erde herabfallen. Er schlief und aß nur wenig, kleidete sich sehr einfach und ließ es auch an sonstigen Bußübungen nicht fehlen, wie er denn fast 35 Jahre vor seinem Tode aller Fleischspeisen sich enthielt. Alle seine Lebenstage waren der Tugend geweiht; besonders aber liebte er die heil. Reinigkeit, die er stets unversehrt bewahrte. Beständig vor Gott wandelnd that er Alles zu dessen Ehre und zum Heile des Nächsten etc. Hatte er etwas Unangenehmes zu leiden, so sagte er nur: Ut supra, d.h. »wie oben,« womit er sagen wollte, er dulde nichts Neues, sondern Jesus und seine Heiligen haben viel früher noch viel Aergeres erduldet etc. Da er seinen Tod herannahen fühlte, vertheilte er noch Alles, was er hatte, an die Armen, empfing mit aller Andacht die heil. Sterbsacramente und starb endlich am 24. Dec. 1473 (nach Andern 1471) in hohem Alter, von Allen geliebt, vor und nach seinem Tode durch Wunder ausgezeichnet und daher auch bald nach seinem Tode wie ein Heiliger, sowie als Patron von Polen und Littauen verehrt. Seine irdischen Ueberreste wurden in der nahe bei der Universität liegenden Kirche der hl. Anna ehrenvoll bestattet, und da wegen der vielen auf seine Fürbitte gewirkten Wunder die Verehrung des Volkes sich immer vermehrte, wurde im J. 1603 sein Grab geöffnet, bei welcher Gelegenheit sich ein angenehmer Wohlgeruch verbreitete. Nun machte sich denn auch immer mehr der Wunsch nach seiner förmlichen Heiligsprechung geltend. Es wendete sich daher der König von Polen mit den Großen des Reichs in dieser Angelegenheit an Papst Urban VIII., welcher denn auch wirklich im J. 1629 die Special-Untersuchung anordnete; aber wegen verschiedener Hindernisse blieb die Sache liegen bis zum J. 1666, in welchem sodann Papst Alexander VII. die Untersuchung über den unfürdenklichen Cultus58 des Seligen befahl, in Folge dessen Papst Innocenz XI. unterm 17. Sept. 1680 gestattete, daß in der Stadt Krakau und im ganzen Königreiche Polen das Officium und die heil. Messe zu Ehren des sel. Johannes am 24. Dec., als am Jahrestage seines Todes, sub ritu dupl. gehalten werden dürfe, welches Indult dann unterm 9. Aug. 1681 auf den 19. October übertragen wurde. Als dann, um die förmliche Heiligsprechung zu erlangen, der Proceß weiter fortgesetzt wurde, kamen einige Werke zur Vorlage, welche von dem sel. Johannes Cantius geschrieben worden seyn sollten, die aber manches Unkirchliche enthielten. Aus genauester Untersuchung ergab sich aber, daß diese Werke von einem andern Johannes Cantius herrührten, welcher zu gleicher Zeit Professor an der Universität Krakau war und sich manchmal den Beinamen »Maleus, alias Kanti« oder auch »de Martha« beilegte. Nachdem nun dieses in der Sitzung der S. R. C. vom 16. Sept. 1730 in Gegenwart des spätern Papstes Benedict XIV., der hierüber in seinem Werke De Canoniz. l. 2. cap. 34. nr. 8–10 ausführlich spricht, hergestellt war, wurde die Sache weiter verhandelt, und der Erfolg war, daß endlich der sel. Johannes Cantius vom Papste Clemens XIII. am 16. Juli 1767 zugleich mit den sel. Josephus a Calasanctio, Josephus a Cupertino, Hieronymus2 Aemiliani, Seraphinus ab Asculo und Johanna4 Francisca Fremiot von Chantal heilig gesprochen, und sein Fest auf den 19. October gesetzt wurde. Durch Decret vom 23. Februar 1783 wurde es dann auf die ganze Kirche ausgedehnt und auf den 20. October gesetzt, an welchem Tage es auch im Mart. Rom. und im römischen Breviere sub. ritu dupl. mit eigenen Hymnen steht. Von seinen vielen Wundern jeglicher Art sind besonders die zu erwähnen, welche vor seiner Heiligsprechung approbirt worden sind, nämlich die auf seine Anrufung erfolgte plötzliche Heilung des Sebastian Luzark von einer angebornen Lungensucht, dann der Hedwig Paskowna von einem hitzigen Fieber, ferner der schon dem Tode nahen Marianna Gaulitzka von einer andern gefährlichen Krankheit und des Kaufmanns Anton Olexowiez von einer großen tiefen Wunde etc. – Dargestellt wird der hl. Johannes von Kenty mit Kreuz und Rosenkranz in der Hand. Sonst haben wir nichts Näheres finden können; doch ergeben sich aus seiner Lebensgeschichte vielfache Anhaltspunkte für denkende Künstler. (VIII. 1042.)
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.