Juliana, B. (27)

Juliana, B. (27)

27B. Juliana, (5. April), Priorin von Kornelienberg (Mons Cornelii oder Cornorum) bei Lüttich, erste Veranlasserin der Einführung des Fronleichnamsfestes, von Einigen auch »heilig« genannt, wird von den Bollandisten am 5. April (I. 437–475) sehr ausführlich behandelt, wobei sie das voneinem gleichzeitigen Autor geschriebene Leben derselben aus verschiedenen Handschriften geben. Hienach erblickte die Selige das Licht der Welt im J. 1193 im Dorfe Retinnes (Retinna) unweit der Stadt Lüttich, zu deren Weichbild es noch gehörte, weßwegen die sel. Juliana auch öfter ein Lütticher Bürgerkind (civis Leodiensis) genannt wird. Ihr Vater Heinrich war einreicher angesehener Mann; ihre Mutter hieß Frescendis. Beide Eltern waren fromm, hatten aber lange keine Kinder, bis ihnen endlich Gott auf ihre anhaltenden Bitten zwei Töchter schenkte, von denen die ältere Agnes, die jüngere Juliana hieß. Frühzeitig verloren sie ihre Eltern, weßhalb ihr Vormund sie den Spitalnonnen zu Mont-Cornillon166 zur Erziehung übergab. Diese schickten sie nach Boveria, einer zu ihrem Hause gehörenden nahen Villa, wo sie von der sel. Schwester Sapientia, welche später Oberin von Mont-Cornillon ward, erzogen und unterrichtet wurden. Bald gewahrte man an der sel. Juliana Zeichen eines ungewöhnlich frommen Sinnes und auch großen Lerneifer. Während ihre Schwester Agnes, die von ihrer späteren Gefährtin Agnes wohl zu unterscheiden ist, in einfacher Frömmigkeit dahin lebte, machte unsere sel. Juliana bald solche Fortschritte, daß sie das Psalterium nicht blos lesen konnte, sondern auch auswendig lernte. Was sie Gutes las oder hörte, behielt sie im Herzen und suchte es im Werke auszuüben. Mit großer Begierde las sie die hl. Schrift, auch die Bücher des hl. Augustinus und des hl. Bernardus. Dabei versäumte sie keine Arbeit, sondern übernahm auch die niedrigsten Geschäfte mit Freude. Sie betete viel und casteite sich durch Fasten, Wachen und andere Abtödtungen. Dabei hatte sie einen prophetischen Geist und half vielen Kranken und Versuchten durch ihr Gebet und ihren Rath. So namentlich der sel. Recinsin Eva5, mit der sie viele Unterredungen hatte. Die Heiligen verehrte sie sehr, besonders die seligste Jungfrau Maria etc. Eine ganz besondere Andacht hatte sie zum hochheiligen Altarssacramente. Wenn sie sich in die Unendlichkeit desselben vertiefte, konnte sie nicht begreifen, daß noch kein besonderes Fest zur Feier desselben in der Kirche angeordnet worden. Als sie 16 Jahre alt war, erschien ihr im Gebete einmal ein großes und wunderbares Zeichen. Sie sah nämlich den Mond im schönsten Glanze, in seiner Rundung aber hatte er einen Bruch. Sie konnte sich dieses sich sehr peinlich, daß, so oft sie von nun an dem Gebete oblag, immer und immer wieder dieses Zeichen vor ihren Blick trat, obwohl sie es mit aller Gewalt von sich zu entfernen suchte. Sie hielt es am Ende für eine Versuchung, und bat daher und ließ Andere beten, daß sie davon befreit werden möchte. Da aber dieses nicht gelang, bat sie den göttlichen Heiland inständig, Er möchte ihr, wenn dieses Gesicht etwas bedeute, die Erklärung desselben geben. Endlich auf ihr demüthiges Flehen offenbarte ihr Christus selbst: der Mond bedeute die gegenwärtige Kirche, der Bruch aber den Abgang eines Festes zu Ehren des Altarssacramentes, welches Er von den Gläubigen feiern lassen möchte etc. Zugleich gab Er ihr den Auftrag, daß sie diesen Seinen Willen der Welt verkündigen solle etc. Juliana entschuldigte sich demüthig mit ihrer Schwachheit und bat den Herrn, Er möchte ein stärkeres Werkzeug hiefür wählen. Aber die Vision ließ nicht nach. Endlich nach 20 Jahren, da sie anstatt der im J. 1230 gestorbenen sel. Priorin Sapientia zur Priorin des Hauses von Mont-Cornillon erwählt worden, entdeckte sie die Offenbarung zuerst dem Johannes de Lausenna, Canonicus von St. Martin in Lüttich, hierauf dem dortigen Archidiakon Jakob von Troyes, dann auch dem Dominikaner-Provinzial Hugo24 de St. Caro, dem Bischof Guiardus von Cambrai und andern gelehrten Männern, welche das Unternehmen billigten. Doch gab es auch Andere, welche demselben entgegen waren und die sel. Juliana eine »Träumerin« nannten. Aber diese ließ sich in ihren Bemühungen nicht irre machen, und so kam endlich die Sache auch vor den Bischof Robert von Lüttich, der dann im J. 1246 die Abhaltung des Festes in seinem ganzen Bisthume anordnete, aber leider nicht lange mehr lebte. Bald darauf wurde Hugo zum Cardinalpriester und päpstlichen Legaten erhoben, und verschaffte durch seinen Eifer und sein Ansehen dem Feste noch in mehreren Bisthümern Eingang. Er war es auch, welcher dieses Fest zum Erstenmale in der Kirche von St. Martin in Lüttich mit großer Feierlichkeit beging, unter dem von ihm celebrirten Hochamte eine feurige Predigt über diesen Gegenstand vor einer großen Volksmenge hielt und dadurch auch die Domherren von Lüttich bewog, dieses Fest in ihrer Kathedralkirche zu feiern. Auch bestimmte er den Donnerstag nach der Octav von Pfingsten als den Tag der jährlichen Feier. Seine Predigt hat unter Anderem auch bewirkt, daß zwei Kanoniker von St. Martin dieser Kirche ihr Vermögen zu dem Zweck. vermachten, daß von den Renten desselben die jährlichen Ausgaben für die Feier des Festes und dessen Octav bestritten werden konnten. Besonders günstig wurde aber dafür die Fügung Gottes, daß Jakob von Troyes im J. 1261 als Urban IV. den päpstlichen Stuhl bestieg, der dann mittelst Bulle vom J. 1264 das in seiner Heimath übliche Fest zu einem allgemeinen in der gane zen Kirche erhob.167 – Die sel. Juliana war also die erste Ursache zur Einsetzung dieses schönen Festes. Groß war die Tugend dieser frommen Dienerin Gottes, aber Gott suchte dieselbe auch durch viele Prüfungen zu bewähren. Viel hatte sie namentlich von dem neuen Prior zu leiden, der an die Stelle des verstorbenen Priors Godefridus gekommen war. Mit demselben warennämlich die Bürger von Lüttich wegen der Verwaltung des Hauses in Streit gekommen, und da Juliana nicht so, wie er wünschte, auf seine Seite treten konnte, wurde sie von ihm so angefeindet, daß sie das Haus verlassen und bei der Recinsin Eva ein Unterkommen suchen mußte. Zwar wurde sie von dem Bischofe Robert wieder in ihr Haus zurück geführt; aber nach dem Tode desselben hatte sie neue Verfolgungen zu erdulden, so daß sie endlich das Kloster Cornillon ganz verließ. Sie wanderte nun mit ihrer Gefährtin Agnes und einigen andern Schwestern nach Namur, wo sie zuerst bei den Beghinen und dann in andern Häusern in großer Armuth lebte. Später wurde sie von der Abtissin Himmana (s.d.) im Cistercienserkloster Salesinnes (Salesina, Salsinnes) bei Namur aufgenommen, wo sie ebenfalls mancherlei Trübsale zu erdulden hatte und namentlich dadurch sehr betrübt wurde, daß sie die Zerstörung dieses Klosters voraussah. Nachdem diese durch die feindlich gesinnten Bürger von Namur wirklich geschehen war, führte die Abtissin Himmana sie nach dem benachbarten Städtchen Fosse (Fossae), wo sie noch einige Zeit als Recinsin lebte, dann aber erkrankte, die Schmerzen der langwierigen Krankheit mit außerordentlicher Geduld ertrug, die heil. Sterbsacramente mit aller Andacht empfing und endlich nach einigen Tagen im Anblicke des allerheiligsten Altarssacramentes, welches der Cantor von Fosse ihr noch gebracht hatte, in Gegenwart der Abtissin Himmana und ihrer Gefährtin Ermentrudis (s.d.), die ihr immer getreulich beigestanden war, ihre Seele in die Hände ihres Bräutigams übergab in einem Alter von 66 Jahren, an einem Freitage den 5. April 1258, am Tage und in der Stunde, wo ihr göttlicher Heiland am Kreuze gestorben ist. Ihr Leib wurde auf ihren Wunsch von ihrem treuen Freunde, dem Cistercienser-Mönche Nonnus Gobertus168 von Villiers (Villarium), nach diesem Kloster gebracht und an einem ehrenvollen Orte bestattet. Nach ihrem Tode geschahen mehrere Wunder, die bei den Bollandisten (476 f.) angegeben sind; namentlich wurden zwei Beghinen, welche ein Tuch, das der sel. Juliana gehört hatte, auf ihre Backen legten, auf der Stelle von heftigen Zahnschmerzen befreit. Reliquien von ihr kamen von Rom aus nach Lissabon in das k. Oratorium, dann nach Antwerpen. In Belgien wird sie hoch verehrt; an einigen Orten wird auch ihr Fest mit Messe und Officium gefeiert. Auch mehrere Translationen werden erwähnt und zwar eine ältere am 7. April und eine spätere am 17. Januar 1599. Dargestellt wird sie gewöhnlich als Klosterfrau, wie sie das allerheiligste Altars-Sacrament anbetet etc. Die älteste Darstellung ist, wie sie und ihre Gefährtin Isabella das Venerabile mit den Händen unterstützen, während der hl. Augustinus und die Recinsin Eva es anbeten etc. (I. 437–475.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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