- Liberius Peregrinus, S. (4)
4S. Liberius Peregrinus, (27. Mai), eigentlich Onverius, auch Libertus und Limbertus, wird als Patron der Kirche von Ancona verehrt. Papebroch spricht sich für den Namen Oliverius als den genuinen aus, da Liberius nur aus dem zusammengelesenen »Santoliverio« entstanden seyn dürfte, der getrennt gesprochen Santo Liverio heißen würde, aber wohl Sant' Oliverio141 heißen muß. Die Acten dieses Heiligen, auf welche Ferrarius in seinem Verzeichnisse der Heiligen Italiens sich beruft, sind äußerst verdächtig, und Papebroch sagt, er habe fast noch keine so haltlose Erzählung (ineptiorem fabulam) wie diese gelesen. Diese Acten lassen unsern hl. Liberius oder Oliverius den Sohn eines armenischen Königs Johannes seyn, der aus Sehnsucht nach dem Grabe des Herrn, so wie nach den Gräbern der hhl. Apostel Petrus und Paulus und des hl. Jakobus heimlich das Haus seines Vaters verließ und als Pilger nach Jerusalem wallfahrtete. Zufällig traf er dort 3 von seinem Vater ihm nachgeschickte Männer, die ihn 3 Tage lang, ohne ihn zu kennen, verpflegten. Nachdem er auf seiner Reise nach Ancona gekommen war, fing er zu kränkeln an, nahm daselbst das Gewand der Kreuzfahrer und starb. Auch hier sind Abgeordnete des Königs Johannes, von welchen Einige als Wache bei dem Leichnam des Heiligen zurückbleiben, die Andern aber in ihre Heimath reisen. König Johannes läßt nun durch die 4 Gekrönten (quatuor Coronati) einen marmorenen, mit den Geheimnissen des Leidens Christi verzierten Sarg fertigen und durch seine Boten den Leichnam seines Sohnes abverlangen. Papst Gregor I. erlaubt aber nicht, denselben abzufuhren, sondern läßt ihn an dem Orte Peneclaria begraben. Alsbald läßt mit Genehmigung des Papstes der König Johannes mehrere Kuchen zur Ehre des verstorbenen Sohnes Liberius errichten. Als aber durch Attila die Umgebung von Ancona verheert und das Grab des Heiligen verschuttet wurde, erschten der hl. Liverius einer frommen Frau und trug ihr auf, sie möge den Bischof Thraso ermahnen, seinen Leichnam unter einem Feigenbaum aufsuchen zu lassen. Dieß geschah, und man legte nun den aufgefundenen Leichnam auf einen mit 2 jungen Stieren bespannten Wagen, die ihn bis zu einem Berge fortzogen, wo eine Kapelle zu Ehren des hl. Laurentius sich befand, die einer Dame, Namens Maxilla, angehörte. Dort fielen die beiden Stiere nieder und legten ihre heilige Last ab. Maxilla aber widmete die Kapelle und ihr ganzes Eigenthum dem hl. Liberius und baute zu seiner Ehre eine Kathedralkirche. Und als man sich nach einem Sarge umsah, soll der, welchen sein Vater hatte verfertigen lassen, auf dem Meere dahergeschwommen seyn, in welchem man ihn beisetzte. Wer mochte wohl dieser Legende Glauben schenken?! Die 4 hhl. Gekrönten waren allerdings Künstler, haben aber wahrscheinlich Armenien nie gesehen, und starben schon um das J. 303 unter Diokletian und Maximian. Attila hat nach der Zerstörung von Aquileja im J. 451 den Boden Italiens nicht mehr betreten, und Gregor I. wurde im J. 590 erst auf den päpstlichen Stuhl erhoben. Dagegen regierte in der Zeit, als Papst Gregorius X. auf dem Stuhle Petri saß (von 1270–1276), in Armenien schon seit mehreren Jahren ein gewisser Johannes Haytho als König, welcher nach Pierer (II. 361) später Franciscaner-Mönch wurde und im J. 1272 starb142; und da könnte es denn leicht möglich seyn, daß ein Sohn dieses Johannes Hayto in's Abendland gepilgert und zu Ancona gestorben wäre, wo jedenfalls der hl. Liberius als Patron verehrt wird. Im Mart. Rom. ist sein Name nicht enthalten; die Bollandisten behandeln ihn am 27. Mai.
(Ed. Antverp. VI. 728. Ed. Venet. VI. 73).
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.