Angilbertus, S. (1)

Angilbertus, S. (1)

1S. Angilbertus (Anghilbertus, Ingilbertus, Engilbertus), Abb. (18. Febr.) Der hl. Abt Angilbertus im Kloster des hl. Richarius (Saint-Riquier) zu Centula in der Diözese Amiens, bei uns gewöhnlich Engelbert genannt, stammte aus einem vornehmen fränkischen Geschlechte ab und wurde am Hofe Karls des Großen erzogen. Letzterer schätzte ihn wegen seiner Talente, seiner Weisheit, seiner seltenen Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit so hoch, daß er ihm das höchste Vertrauen schenkte und ihn wie sein zweites Ich betrachtete. Der gelehrte Bollandus ist der Meinung, die Heirath des hl. Angilbertus mit der Tochter Karls des Großen, Namens Bertha, welche die innigste Zuneigung zu ihm gefaßt hatte, lasse sich geschichtlich nicht erweisen; allein Mabillon hat dieß gründlich widerlegt, und zugleich dargethan, daß der hl. Angilbert damals, als ihm Karl der Große seine Tochter zur Ehe gegeben, noch nicht Priester gewesen sei, wie der Lebensbeschreiber desselben, Anscher, der im 12. Jahrh. lebte, irrig berichtet. Daß er wirklich mit Bertha vermählt gewesen, berichtet sein Sohn Nithard selbst, der da sagt, aus dieser Ehe sei er und noch ein Bruder, Harnidus (Harduinus) mit Namen, hervorgegangen. Nach seiner Verehelichung zum Statthalter von Ponthieu (Pontivum) an der nördlichen Meeresküste ernannt, hatte er im Jahre 789 einen gefährlichen Einfall der Normannen in jenes Gebiet zu bestehen, der ihn bewog, in dem Augenblicke, wo es zur Schlacht kommen sollte, im Kloster des hl. Richarius das Gelübde zu machen, den Ordensstand zu ergreifen, wenn die Gefahr glücklich vorüberginge. Der Herr sah mit Wohlgefallen auf den heroischen Entschluß Angilberts herab und zerstreute durch ein gewaltiges Ungewitter die Schaaren der Feinde, so daß keine Spur mehr von ihnen übrig blieb. Er verließ nun mit Einwilligung seiner Gemahlin und seines Schwiegervaters Karl im J. 790 die Welt und bat zu Centula um Aufnahme in die Brüderschaar, welcher damals der Abt Symphorian vorstand. Gern nahm ihn dieser auf und fand an ihm den gelehrigsten Schüler, der nach 3 Jahren einstimmig zum Abte gewählt, die Klosterkirche neu aufbaute und zu diesem Zwecke vom Kaiser marmorene Säulen aus Rom zum Geschenke erhielt. Besaß er schon vor seinem Eintritte in das Kloster das Vertrauen des Kaisers in vollstem Maße, so daß er die höchsten Würden im Staate einnahm, so war dieses noch viel mehr nach diesem Eintritte der Fall; denn die Geschichtschreiber melden, der Kaiser habe ihn zu seinem Geheimrath (Auricularius) und Geheimsecretär (Silentiarius et Manuensis familiaritatis) gemacht und ihm die Hofkapelle als Erzcaplan (Archicapellanus, Minister Capellæ) anvertraut, welche Würde er indessen nur ehrenhalber (in honorariam) inne gehabt habe, um zu Gesandtschaften verwendet zu werden. Wegen seiner Weisheit und Einsicht wurde er im J. 792 nach Regensburg zu einer Kirchenversammlung gesendet, auf der die Lehre des Bischofs Felix von Urgel verdammt wurde; ebenso nach Rom, wohin er diesen Irrlehrer zu bringen hatte. Auch an dem Concil zu Frankfurt im J. 794, wo über das siebente allgemeine Concil verhandelt wurde, nahm er Antheil, und wurde im Jahre 796 vom Kaiser mit hohen Aufträgen an den Papst Leo III. gesandt. In seinem Kloster befanden sich 300 Mönche und 100 Knaben, weßhalb die Tagzeiten so abgetheilt wurden, daß das Lob Gottes weder bei Tag noch bei Nacht verstummte. Obwohl durch Alter und Fasten schwach und matt, reiste er doch im Jahre 814 an den Hof Karls des Großen, um dessen Testament zu unterzeichnen. Nach der Rückkehr legte er sich auf das Krankenbett und starb drei Wochen (22 Tage) nach dem Tode seines kaiserlichen Gönners und Schwiegervaters, den 18. Febr. 814, nachdem er in seiner Demuth angeordnet, daß sein Leib vor dem Eingange in die Kirche begraben werden solle. Achtundzwanzig Jahre nach seinem Tode (842) geschah die erste Erhebung, bei der sein Leib an einen würdigern Ort versetzt wurde; die zweite erfolgte im 11. Jahrhundert. Wenn es auch nicht an historischen Daten fehlt, daß unser Heiliger gleich nach dem Tode im Kloster zu Centula verehrt wurde, so kam seine öffentliche Verehrung doch erst seit dem Jahre 1110 in Aufnahme, da, von den an seinem Grabe geschehenen Wundern bewogen, der obenerwähnte Abt Anscher ein Buch über sein Leben und seine Wunder an Papst Pascal II. behufs seiner Heiligsprechung sendete, die höchst wahrscheinlich von diesem Papste erfolgte, weil von dieser Zeit an sein Sterbtag gefeiert wurde. Ueber unsern Heiligen sind zwei Lebensbeschreibungen vorhanden, die eine von Harjulsus – einem Mönche von Centula und spätern Abte zu Aldenborg in Belgien, der im 11. Jahrh. lebte – und die andere von dem Abte Anscher zu Centula, vom Jahre 1110. Nach Mabillons gründlicher Erörterung hat sich Bollandus bezüglich dieser Lebensbeschreibungen geirrt, indem er die des Anscher dem Harjulf zuschrieb, während er die des Letztern nicht gekannt hat. – Noch sei bemerkt, nach dem Gebrauche jener Zeit, wo die Gelehrten sich oft mit bekannten Namen des Alterthums schmückten, führte er den Namen Homer, vermuthlich weil er in Abfassung von Gedichten sehr glücklich war. Von ihm haben wir eine Geschichte seines Klosters St. Riquier.



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