Maria von Mörl (94)

Maria von Mörl (94)

94Maria von Mörl (11. Januar). Am 11. Jan. 1868 starb zu Kaltern in Tyrol die schon im Leben vielfach wie eine Heilige gepriesene Jungfrau Maria von Mörl, von welcher es nach einer gütigen Zuschrift ihres Seelsorgers, des derzeitigen Pfarrers und Decans Herrn A. Mairhofer, an welchen wir uns größerer Sicherheit halber gewendet haben, außer Zweifel steht, »daß sie wirklich eine von Gott begnadigte ekstatische Jungfrau gewesen«. Es wird, wie wir aus derselben Quelle wissen, eben jetzt an einer Biographie aus autentischen Quellen gearbeitet. Wir können leider deren Erscheinen nicht abwarten, und geben im Folgenden mit allem Vorbehalt einen kurzen Ueberblick dessen, was uns sonst über sie bekannt ist. Sie war am 16. October 1812 als die Tochter des Edlen Joseph von Mörl von Mühlen und Sichelburg und der Maria Wald zu Kaltern geboren. Ihre Mutter erzog sie mit großer Sorgfalt und Klugheit bis zu ihrem 14. Lebensjahre in ihrem Hause. Das heranwachsende Mädchen weckte gute Hoffnungen. Besonders zeigten sich schon frühe die Anzeichen außerordentlicher Frömmigkeit. Sie durfte deßhalb in ihrem zehnten Lebensjahre zum ersten Mal die hl. Communion empfangen. Eine zärtliche Liebe widmete sie schon in diesem Alter wie in spätern Jahren den Armen und Kranken, welche sie nach Kräften unterstützte und tröstete. Beiläufig 14 Jahre alt, wurde sie behufs weiterer Ausbildung in der italienischen Sprache nach Cles (Ecclesia) im Nonthale geschickt und blieb daselbst ungefähr ein Jahr. Hier überraschte sie die schmerzliche Nachricht von dem plötzlich erfolgten Tode ihrer lieben Mutter. Sie eilte nach Hause, um am Vater und an den Geschwisterten deren Stelle zu vertreten. Letztere waren mit Ausnahme eines Bruders, welcher in den Augustinerorden trat, sämmtlich jünger als sie. Zugleich mit der Führung des Hauswesens übernahm Maria so manche schwere Sorge, da die Familie schon zu Lebzeiten ihrer Mutter nahe daran war, gänzlich zu verarmen. Wenn sie wegen mancherlei Dingen bei den Uebungen der Frömmigkeit, welche Vater und Geschwisterte für Sonderbarkeiten hielten, Widerspruch erfuhr, wurde sie öfter muthlos und ungeduldig. Daß jedoch ihr inneres Streben schon von Kindheit an besser war, als ihre Umgebung nach ihrem äußern Thun schließen zu dürfen glaubte, zeigte sie dadurch, daß sie den Kampf mit sich selbst muthig aufnahm und durch Gebet, Abtödtungen und Bußwerke, strenges Fasten und Abbruch im Schlafe, den sie öfter auf dem harten Boden genoß, allmählig zum Siege fortzuführen sich Mühe gab. Man fand sie zu jener Zeit schon vor Eröffnung der Kirchenthüre auf der Schwelle des Gotteshauses knieend und inbrünstig betend. Der gewöhnliche Gegenstand ihrer Betrachtungen war während ihres ganzen Lebens das Leiden und Sterben Jesu Christi und die wunderbare unblutige Fortsetzung seines ein für alle Mal am Kreuze gebrachten blutigen Opfers im hl. Abendmahle. So oft sie daran dachte, wurde sie geistig gestärkt und gehoben, empfing sie ein größeres Maß himmlischer Erleuchtung und inneren Trostes, weßhalb die Briefe, welche sie schrieb, und die Gespräche, welche sie führte, die Funken der göttlichen Liebe sprühten, wovon ihr Herz erfüllt war. Die zu erwartende ausführliche Lebensbeschreibung wird ohne Zweifel auch aus ihren eigenen Aufschreibungen schöpfen und sichere Belege hiefür liefern. Dabei vergaß sie keineswegs die ihr obliegenden häuslichen Sorgen, obwohl sie seit ihrem fünften Lebensjahre fast immer etwas leidend war. Sie litt an Brustbeklemmungen, Blutauswurf und Seitenstechen; auch hatte sie öftere Anfälle von Ohnmachten, was auf Nervenschwäche zu deuten schien. Diese Uebel mußten über sie kommen, um sie zur gänzlichen Abschälung aller irdischen Hoffnungen zu bewegen, indem sie aus eigener Erfahrung erkannte, wie eitel und nichtig dieses Erdenleben sei. In ihrem 18. Jahre erkrankte sie so schlimm, daß die heftigsten Krämpfe aller Art ihren Körper durchzuckten; Schleim- und Blutbrechen trat so gewaltig auf, daß sie dem Ersticken nahe kam; der Hals schwoll hoch an und die Zunge wurde weit herausgetrieben. Nur mit Mühe konnte sie etwas Limonade genießen. Die Schmerzen überwältigten sie dergestalt, daß sie, sich krümmend wie ein Wurm, laut aufschrie. Der Mund zog sich krampfhaft zusammen, die Augen sanken tief in ihre Höhlen zurück, und den Kopf schlug sie so heftig gegen die Wand, daß man ernstliche Besorgnisse für ihr Leben hegte, weßhalb sie von mehreren Personen bewacht wurde. Der Arzt verordnete die bei solchen Anfällen üblichen Linderungsmittel, es trat zwar allmählige Besserung ein, aber eine Heilung war nicht zu hoffen. Daher entließ sie eines Tages den Arzt, welcher ihr »Linderung« versprochen hatte, offenbar etwas gereizt, mit den Worten: »Nun, wenn keine Heilung zu erwarten, so bedarf ich auch keiner Linderung«. Seitdem zeigte sie sich aber heldenmüthig ergeben. Am Morgen des 2. Febr. 1832 (Maria Lichtmeß) gerieth sie zum Erstaunen aller Anwesenden das erste Mal für längere Zeit in Verzuckung. Bald nach der hl. Communion faltete sie nämlich die Hände, erhob ihre Augen zum Himmel, und war ganz ohne äußere Empfindung, nur das Angesicht zeigte die Kennzeichen tiefster Andacht. Als man nach zwölf Stunden, während welcher dieser Zustand ununterbrochen fortgedauert hatte, den Beichtvater rief, und dieser sie beim Namen nannte, blickte sie ihn freundlich an und war festen Glaubens, sie habe erst vor ein paar Minuten die hl. Communion empfangen. Seit dem Monat Juni dieses Jahres wiederholten sich diese Zustände täglich. Am 23. des nächsten Monats begannen heftige Versuchungen. Sie gab eine unnatürliche Lustigkeit zu erkennen, welche mit Ausnahme der Communiontage fast ununterbrochen bis Mitte September fortdauerte. Zu gleicher Zeit bemerkte man in ihrem Munde Stecknadeln und andere Dinge, die sie nur nach langem Bemühen von sich gab. Dieselben Gegenstände fanden sich auch in ihrem Bett vor. Auf und unter dem Betttuch, der Matratze, dem Strohsack lagen Nägel, Haare, Glasscherben und Holzstückchen verstreut. Sie glaubte Männer um ihr Bett zu sehen, die ihr Leckereien, Kastanien und Confect vorhielten, die ihr, sobald sie davon genommen, schmerzliches Stechen und Schneiden verursachten, bis das Zeug wieder aus dem Körper entfernt war. Am 24. Oct. 1833 soll der damalige Ortspfarrer Eberl, welcher diese Dinge lange mißtrauisch ansah, sich in einem Schreiben an den Bischofsitz zu Trient für überwunden bekannt und erklärt haben: »Ich sehe den Finger Gottes«. Allmählig erlöste sie Gott auf ihr Gebet von diesen Leiden, aber der ekstatische Zustand dauerte fort, weßhalb gerade in diesem Jahre der Volkszulauf am größten war. Man brachte sie, um demselben Einhalt zu thun, in das Kloster der Tertiarerinnen (daß sie selbst diesem Orden angehört habe, ist nirgends angegeben, auch nicht wahrscheinlich), und die Regierung ernannte sie um die nämliche Zeit zur Stiftsdame in Hall, womit eine jährliche Pension von 400 Gulden verbunden war. Wie sie von dieser Zeit angefangen sich den Besuchern zeigte, und wir sie selbst gesehen haben, fanden wir in folgender Schilderung eben so schön als wahr dargestellt: Ihre ordentliche und gewöhnliche Stellung ist auf dem Bette (das sie wegen Fußverrenkungen nicht verlassen konnte) knieend, und sie legt sich nur nieder, wenn der Gehorsam, oder heftiger Schmerz und Müdigkeit sie zwingt. Sie hat die Sprache und redet nichts, hat das Gesicht und steht nichts; sie lebt und fühlt nichts; man ruft sie an und sie antwortet nichts. Aber sie hört und ist mittheilsam und freundlich mit Allen, die bei ihr sind, sobald der Beichtvater sie ruft und ihr die sie Besuchenden vorstellt. Die über sie gedruckten Berichte versichern sämmtlich, Maria von Mörl sei stigmatisirt gewesen, und zwar sei am 4. Febr. 1834 die Stigmatisation eingetreten und namentlich an Donnerstagen Abends bei der Oelbergbetrachtung und Freitags bei der Betrachtung des bittern Leidens Jesu sei das Blut durch die Wundmale getreten. Ob dieß wirklich der Fall gewesen ist, können wir nicht sagen. Nach ihrem Tode bemerkte man davon kaum eine Spur. Die hist.-pol. Bl. (LXI. 466) bemerken, daß ihre Geschichte sich in zwei Worte fassen lasse: »sie leidet und betet – eine Passionsblume, die das Kreuz umrankt«, und setzen hinzu: »In ekstatischer Betrachtung der Geheimnisse des Lebens und Leidens Christi, im Gebet für allgemeine und besondere Anliegen, für ihr theures Vaterland und das Kaiserhaus, im Wohlthun gegen zahllose Arme verbrachte sie die Tage und vollendete sie ihre vom irdischen Glück wahrlich wenig besonnte Lebensbahn«. Gegen den Herbst des Jahres 1867 fing ihr körperliches Befinden sichtlich an sich zu verschlimmern; vom 17. Sept. angefangen kam sie in einen unerklärlichen Zustand von Angst und Traurigkeit, der bis Mitte October dauerte. Vom 23. October an konnte sie aber wieder regelmäßig die hl. Communion empfangen und ihre gewöhnliche Ruhe und Heiterkeit kehrte wieder zurück. Seit dieser Prüfung äußerte sie öfter, daß sie diesen Winter sterben werde. Von Weihnachten angefangen hatte sie noch unsägliche Schmerzen zu leiden, bisdie Auflösung eintrat. Sie litt bis an ihr Ende mit großer Geduld und und kindlicher Liebenswürdigkeit. Noch am Feste der hhl. drei Könige, fünf Tage vor ihrem Tode, zeigte sie sich in der alten gewohnten Weise gegen Besuchende. Am Abend des 6. Jan. 1868 wurde sie mit den Sterbsakramenten versehen, am 11. starb sie. Ihre Leiche wurde auf ein Paradebett gelegt und in der Klosterkirche zwei Tage lang ausgesetzt. Ergreifend war der Act der Einsargung und Bestattung. Sie wurde vom Katafalk herabgenommen und unter sichtbarer Rührung und mit großer Ehrfurcht in einen Sarg von Zink gelegt, der dann, nachdem man eine von mehreren Personen unterschriebene Urkunde in einer Kapsel beigelegt hatte, verlöthet und versiegelt, und von einem zweiten hölzernen Sarge umschlossen wurde, ein Umstand, welcher nach unserm unmaßgeblichen Dafürhalten den Schluß zuläßt, daß man eine kirchliche Untersuchung der Leiche behufs Einleitung eines kanonischen Processes wegen ihres außerordentlich frommen und begnadigten Lebens als möglich und wünschenswerth erachte. Am 13. Januar Nachmittags 3 Uhr wurde sie in ihrer Familiengruft auf dem Kirchhofe zu Kaltern bestattet. Ob ihr Grab in irgend einer Weise von den Gläubigen besonders geehrt und vertrauensvoll besucht werde, ob die vorgesetzte kirchliche Stelle die erzählten wunderbaren Erscheinungen bestätigt hat und ob sie wirklich bis ans Ende ihres Lebens fortgedauert haben ist uns nicht mitgetheilt worden.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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