Mathildis, B. (4)

Mathildis, B. (4)

4B. Mathildis (31. Mai al. 6. Juli). Diese selige Mathildis (Machtlidis) war Abtissin zu Diessen im zwölften Jahrhundert. In den ältesten Kalendarien dieses Klosters heißt ihr Name Mathildis, die spätern weichen ab:Mäthildis, Mathildis, Mahtildis, Mehtildis, Machthildis, Mechtildis, Mähtlidis. Die Boll. bedienen sich immer der erstern Schreibweise. Ihr Vater, Graf Berthold von Andechs und Diessen, war ein frommer Mann. Die Mutter, Sophia, auch Gräfin Amertalia (Ammerthal) genannt, stand ihm an Frömmigkeit nicht nach. Die Selige hatte zwei Brüder: Berthold II., Graf von Andechs, und Otto, Herzog von Meran, welcher im J. 1177 Bischof von Bamberg wurde, und im J. 1182 die neue Klosterkirche von Diessen in Gegenwart des Bischofes Hartwig von Augsburg einweihte. Eben so hatte sie zwei Schwestern: die selige Euphemia14, Abtissin des Klosters Altomünster (gest. im J. 1186 und zu Diessen an der Seite ihrer Schwester Mathildis begraben) und Gisala, die Gattin des Grafen Diepold von Berg, aus welcher Ehe viele Söhne, von denen die meisten Bischöfe wurden, hervorgingen. So z.B. Ulrich II. (Diepold) von Passau, Magnoald, Bischof von Passau, Otto II., Bischof von Freising, Heinrich II., Bischof von Würzburg. Die Selige wurde auf dem Schlosse zu Andechs141 im J. 1125 geboren. Bald darauf stifteten ihre Eltern ein Männer-und ein Frauenkloster zu Diessen am Ammersee, indem sie ihr Schloß zu diesem Zwecke bestimmten. (Dritte Stiftung.) Von ihrem fünften Lebensjahre an weilte die Selige an diesem Orte. So berühmt und edel ihre Abstammung war, so schätzte sie doch ihre Geburt aus Gott noch viel höher. Ihre Andacht war innerlich tief begründet. Was ihr Aeußeres zu erkennen gab, fühlte noch weit mehr ihr Herz. Wenn sie den Leib des Herrn empfing, schien sie für die Sinnenwelt nicht mehr zu leben. Alles was sie im geistlichen Fortschritt fördern, in der Erkenntniß und Liebe Jesu weiter führen konnte, umfing und behielt sie mit Lust und Freude. Mit ängstlicher Genauigkeit übte sie den Gehorsam. Sie hing an dem Munde ihrer Meisterin so sehr, daß sie Nichts that was sie verboten, Nichts unterließ oder aufschob was sie geboten hatte. Oft fand man, daß sie den angefangenen Buchstaben nicht ausgeschrieben hatte, weil die Meisterin oder die Glocke sie gerufen hatte. In Leiden und Schmerzen hat sie oft jedes Heilmittel verschmäht um Buße zu üben. Jede Geißel nahm sie willig an – die Geißel der Krankheit von Gott, die der Widerwärtigkeit von dem Nächsten, die der Versuchung von dem Teufel. Außer diesem behauptete sie keinen Feind zu haben. Sie hatte sich alles persönlichen Eigenthums so sehr entäußert, daß dieses Wort nie über ihre Lippen kam. Alles hatte sie ihrem Heilande geopfert. Sie wollte daher auch ihre leiblichen Brüder nur selten sehen. Doch hatte sie den Fehler, daß sie zuweilen in einige Aufregung gerieth und hie und da ein zorniges Wort ihren Lippen entgleiten ließ. Je älter sie aber wurde, desto höher stieg sie in der Frömmigkeit, in der Demuth, im Gehorsam und in den übrigen Tugenden. Als die Oberin starb, schien den Schwestern nur sie würdig zu seyn, den Uebrigen vorzustehen, während sie allein widersprach. Als Vorsteherin suchte sie aber mehr durch Beispiele als durch Vorschriften und Strafen zu wirken und sich nur dadurch auszuzeichnen, daß sie in Allem das Geringere wählte. Immer wollte sie nur Schwester, niemals Frau genannt werden. Sie war gegen Niemanden hart als gegen sich selbst, sie aß wenig und trug am liebsten abgetragene Kleider. Bäder, Fleischspeisen und Wein nahm sie nur auf den Rath und das Gebot des Arztes und Convents. Sie schlief nie in einem Federbett, sondern immer nur auf mit Tuch bedeckten Strohmatten. Jedes müssige Wort war ihr zuwider. Wenn ihr ein solches entschlüpfte, büßte sie dafür mit Thränen und Abtödtung lange Zeit. Immer erschien sie die Erste im Chor und bei der Arbeit und beobachtete auf das Genaueste die klösterliche Zucht. Sie wurde deßhalb vom Bischof Conrad (1150–1157) von Augsburg nach dem Tode der Abtissin Gisela zur Reformation des Frauenklosters Edelstetten berufen, und erfüllte diesen Auftrag zwar mit Widerstreben, und erst nachdem der Papst Anastasius IV. sie unter der Pflicht des Gehorsams dazu aufgefordert hatte, aber mit vorzüglichem Erfolge. Hier fing die Selige seit dem J. 1153 durch Wunder zu leuchten an. Die Kraft des göttlichen Heilandes durchdrang sie und daher war sie im Stande, Dämonische zu heilen, Stummen die Sprache, einer am Auge beschädigten Schwester durch bloße Berührung das Gesicht wieder zu geben. Sie widmete sich so vollkommen dem beschaulichen Leben, daß sie mehr im Himmel als auf der Erde zu wandeln schien. Oft fand man sie verzückt im Gebete. Die Armen fanden an ihr eine wohlthätige Mutter, die Unterdrückten eine kräftige Stütze. Als sie aber durch eine Offenbarung ihr Ende nahen fühlte, begehrte sie nach Diessen zurückgebracht zu werden. Zuvor mahnte sie die Schwestern noch einmal in der rührendsten Weise zur Liebe und Einmüthigkeit, empfing die heil. Sterbsakramente und starb dann, in ihrem Kloster zu Diessen wohl gerüstet auf die Reise in die Ewigkeit, am 31. Mai 1160. Im J. 1468 untersuchte der Propst Johannes Schön ihre Gebeine. Man fand sie unverdorben, in einem steinernen Sarge unter der Erde. Von Fleisch und Kleidungsstücken fand man nichts mehr, nur ihr Schleier war noch vorhanden, der einst ihr Angesicht verhüllt hatte, und mit welchem sie, wie der Bericht bedeutungsvoll hervorhebt, sich zur Braut Christi gemacht hatte. Der Propst ließ jetzt ein marmornes Grabmal über der Erde herstellen, damit jeder Chorbesucher ein Förderungsmittel der Andacht fände. Sein Nachfolger Johannes Zollinger übertrug sie in die St. Sebastians-Capelle, und machte ihre Grabstätte beiden Geschlechtern zugänglich. Das Volk ehrte sie als besondere Patronin gegen Ungewitter und Hagelschlag. Ihr Fest wurde so lang das Kloster in Diessen bestand, im Orte und in der Umgebung vom Volke gefeiert, anfänglich am Mittwoch in der Pfingstwoche, später nach der Pfingst-Octave. Menardus nennt sie mit der Bezeichnung »heilig« zum 6. Juli. Sie hatte ehedem ein eigenes Officium, aus welchem die obige Lebensskizze entlehnt ist. Es würde kaum schwer halten, ihre Verehrung in der Diöcese Augsburg wieder aufzufrischen und der Seligen im Propr. Aug. ein besonderes Andenken, wenn auch nur mit einer einfachen Commemoration, zu schenken. Im J. 1632 genehmigte das Ordinariat dem Kloster das Officium der Heiligen, nur sollte das Meiste aus dem Comm. V. V. genommen werden. (VII. 442–457).



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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