- Nilus, S. (3)
3S. Nilus, Abb. (26. Sept. al. 12. Nov.) Dieser hl. Basilianer-Abt zu Grotta Ferrata bei Frascati wird von griechischen und lateinischen Autoren als »vorzüglicher Abt« gerühmt. (Febr. I. 468.) In der hl. Taufe empfing er den Namen Nicolaus, erst als er die Gelübde ablegte, nannte er sich Nilus. Er erleuchtete in schweren Zeiten ganz Italien durch seine große Frömmigkeit. Zu Rossano in Calabrien im J. 910 geboren und griechischer Abstammung, verrieth er von zarten Jahren an große Liebe zur Tugend und Wissenschaft. Nach dem Tode seiner Eltern, welche den Knaben gleich nach seiner Geburt der jungfräulichen Gottesmutter dargebracht hatten, wurde er von seiner verheiratheten Schwester zwar fromm erzogen, gerieth aber gleichwohl in die Schlingen des Teufels. Ob er verheirathet war oder nicht, ist zweifelhaft; es scheint, daß er es nicht war, weil der eheliche Umgang oder wenigstens die nachfolgende Ehe seinem Rufe gewiß nicht geschadet hätte. Sicher ist, daß nach zeitweiliger Verirrung, welche von allen Geschichtschreibern zugestanden wird, die Sehnsucht nach der Einsamkeit, in welcher er Buße üben wollte, um so kräftiger in ihm erwachte. Vor einem Bildnisse der seligsten Jungfrau faßte er den Entschluß, von jetzt an einzig für Gott zu leben und trat nach längerem Suchen in das Kloster des hl. Mercurius. Schon als Knabe hatte er gern die Lebens beschreibungen der großen egyptischen Einsiedler gelesen; sie waren stets als Ideal vor seiner Seele gestanden. Jetzt bemühte er sich, dieses Ideal an sich selbst zu verwirklichen. Alle Strengheiten des einsamen Lebens, verbunden mit Gebet und Arbeit, ahmte er nach. Er aß täglich nur ein Mal und öfter verschob er auch diese geringe Nahrung auf den zweiten und dritten, manchmal sogar auf den fünften Tag. Auf bloßer Erde genoß er seinen kurzen, durch Seufzer und Gebete vielfach unterbrochenen Schlaf. Sein rauhes Kleid war aus Ziegenhaaren, seine Füße waren stets unbeschuht. Doch blieb er nicht an einem Orte, sondern wechselte öfter seinen Aufenthalt. Oeftere Wallfahrten nach Rom, wo er gewöhnlich im Kloster des hl. Alexius wohnte, benützte er auch, um sich Bücher anzuschaffen, denn er beschäftigte sich und seine Schüler in freien Stunden gern mit Studium und Bücherabschreiben. Aber bald kam er auch in den Ruf eines Wunderthäters; man schrieb ihm Krankenheilungen und Austreibung der Teufel aus den Besessenen zu, obwohl er stets in aller Demuth dergleichen Zumuthungen ablehnte und die Kranken, welche zu ihm kamen, wohl auch nach Rom an die Gräber der Apostel schickte, oder sie von Priestern mit Oel salben und exorcisiren ließ. Dagegen verschmähte er es nie, Fürbitter zu seyn für Alle, die wegen irgend einer Bedrängniß bei ihm Hilfe suchten, und sein Ansehen war so groß, daß seine Bitte nie abgeschlagen wurde. Wo es dennoch geschah, versäumte er nicht, ohne Unterschied der Person, selbst gegen Papst und Kaiser, strengen Tadel auszusprechen. Namentlich bat er inständig für den verstümmelten und schwer mißhandelten Bischof Johannes von Piacenza, und als er nichts ausrichtete, kündigte er den grausamen und unversöhnlichen Verfolgern die Strenge des göttlichen Gerichtes an. Aller zeitlichen Dinge, der Ehre und des Besitzes hatte er sich vollkommen entäußert. Einst hatte ein Dieb dem Kloster ein Pferd entwendet und seine Leute glücklich den Dieb sammt dem Pferde gefangen. Da fragte er den Dieb, ob ihm wohl das Pferd gefalle, und als dieser darauf sagte, ja freilich, sonst hätte er's nicht gestohlen, schenkte er es ihm. Zu seinen Schülern aber sagte er, von zeitlichen Dingen beraubt zu werden, sei eine Befreiung von Sünden, er habe sie durch diese That lehren wollen, auch ihre Feinde zu lieben. Geschenke nahm er nicht an, selbst wenn sie ihm für das Kloster gereicht werden wollten, indem er sich ganz der göttlichen Vorsehung überließ. Ein Vermächtniß, das ihm zu demselben Zwecke übergeben wurde, schenkte er, seinen Grundsätzen treu, den Armen. Sein Gottvertrauen schien mit den Stürmen, welche damals ganz Italien von innen und außen durchtobten, nur zu wachsen. Man nannte ihn einen zweiten Paulus. Er lebte meistens in der Einsamkeit, wo man ihn von allen Seiten her aufsuchte und um Rath fragte. Doch antwortete er nicht, wenn ihm die Frage nicht aufrichtig oder unnütz schien. Selbst wenn die Anfragenden hohe Würden und Aemter begleiteten, antwortete er mit der entschiedensten Offenheit und ohne Rücksicht auf Gunst oder Ungunst der Menschen. Für seine Vaterstadt Rossano, welche sich der Empörung schuldig gemacht, erbat und erhielt er Verzeihung. Auch den Saracenen flößte er durch seinen klugen Ernst, seine aufrichtige Frömmigkeit und seine Lebensstrenge Ehrfurcht ein, so daß sie die gefangenen Mönche wieder freiließen. Frauen, selbst wenn sie von hohem Range waren, ließ er nur in besondern Nothfällen zu einer kurzen Unterredung zu. Auch Kaiser Otto III. besuchte ihn, als er nach Monte Gargano wallfahrtete. Der heilige Mann führte ihn zuerst in die Kapelle und dann in seine Wohnung. Alle Geschenke und Anerbietungen, die der Kaiser ihm machte, lehnte er dankend ab: »Das Einzige, was ich von Euch verlange,« sprach er, »ist, daß Ihr an Euer Seelenheil denket; wiewohl Kaiser, werdet Ihr wie andere Menschen Gott Rechenschaft ablegen müssen.« Rings umher lagen die Zellen seiner Schüler, welche der Kaiser »wahre Himmelsbürger« nannte, da sie als Fremdlinge auf Erden so zu sagen nur in Zelten lebten. Drei seiner Wunder sind besonders bemerkenswerth, und in seiner Kapelle durch Gemälde verewigt: er beschwichtigte ein Ungewitter, das der Aernte Schaden drohte, hielt eine niederstürzende Säule auf und befreite einen besessenen Knaben durch Oel, das er aus einer vor dem Muttergottesbilde brennenden Lampe genommen. Viel größer als durch seine Wunder war der hl. Abt durch die Entsagung, welche er selbst übte und auch seine Schüler lehrte. Wir fügen (nach Stolz, Legende III. 185 ff.) noch ein paar Beispiele an. Eines Morgens sprach er zu den Brüdern: »Wir haben viele Reben gepflanzt und das wird uns als Habsucht ausgelegt, weil es mehr sind, als wir brauchen; kommet, wir wollen die überflüssigen abschneiden.« Die Brüder gehorchten ohne Widerrede und rotteten den besten und schönsten Theil des Weinberges aus. Am Ostertag brachte Jemand ein Gefäß voll schöner und großer Fische. Da der hl. Nilus sah, wie seine Jünger sich darüber freuten, ließ er sie dieselben abschuppen, waschen und zum Kochen bereiten, aber als sie fertig waren, schenkte er sämmtliche Fische den Armen. Als er erfuhr, daß man ihn zum Bischof von Rossano machen wolle, hielt er sich so lange verborgen, bis ein Anderer gewählt war. Als die Saracenen Calabrien verwüsteten, zog sich der Heilige nach Monte Cassino zurück. Auch dort verrichtete er als Basilianer nach griechischem Ritus das Chorgebet. Der dortige Abt Aligernus räumte ihm das Kloster Valleluce ein, wo er fünfzehn Jahre zubrachte. Zu den Mönchen von Cassino, welche ihn fragten, was die Bestimmung des Mönches sei, sagte er: »Der Mönch ist ein Engel; seine Aufgabe ist Barmherzigkeit und das Opfer des Lebens.« Seine letzten Lebenstage verbrachte er in der Einsiedelei St. Agatha bei Tusculum, und lebte in beständiger Demuth und Bußfertigkeit bis an sein Ende. Absichtlich suchte er den Schein hervorzurufen, als sei er dem Zorn unterworfen, schmähsüchtig oder sonst voll Fehler. Ungeachtet seiner außerordentlichen Lebensstrenge erreichte er ein Alter von 95 Jahren. Er vollendete am 27. December d.J. 1005, und ruhet in der Abtei Grotta Ferrata (Crypta ferrata), zwei Miglien von Frascati gegen Albano zu, wo er verehrt wird. Allzeit demüthig, hatte er sterbend noch seine Mönche gebeten, sie möchten ihn nicht in einer Kirche begraben, auch kein Denkmal über seinem Grabe aufführen, sondern im äußersten Falle es zu einem Ruheplatz für Wanderer machen, denn auch er habe stets als Wanderer gelebt. (Vgl. W. W. K.-L. VII. 613 ff.) Zu Rom wird sein Andenken hauptsächlich in der Kirche des hl. Basilius und bei San Lorenzo in Panisperna gefeiert. Auf Abbildungen findet er sich als Basilianer-Mönch, eine Altarlampe mit Oel haltend.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.