Theodotus, S. (4)

Theodotus, S. (4)

4S. Theodotus et 7 Soc. V. V. M. M. (18. Mai al. 7. Juni). Die Leidensgeschichte des hl. Martyrers Theodotus von Ancyra hat einen Augenzeugen, Namens Nilus, zum Verfasser. Sie fällt in den Anfang der Diocletianischen Verfolgung, also ungefähr ins J. 303 oder etwas später. Er wurde, obschon Gastwirth, ein Martyrer. Dies setzt eine unbescholtene Jugend und einen frommen Ehestand voraus. In der That führte er von Kindesjahren an einen gottesfürchtigen Wandel in Enthaltsamkeit und Nächstenliebe. Viele Ungläubige, Juden und Heiden, vereinigte er durch seine Unterredungen mit der Kirche; unter dem Gewande eines Gastgebers war so zu sagen ein Bischof verborgen, welcher den ungerecht Bedrückten mit Rath, den Kranken und Nothleidenden mit Speise und Trank, den Armen jeder Art mit Almosen half, und viele sittlich Verkommene oder der Verführung Nahe zur Besinnung brachte. Als die Verfolgung ausbrach, erhielt ein gewisser Theoteknus die Präsidentenstelle von Ancyra. Es ging ihm der Ruf eines grausamen und erschrecklichen Menschen voraus, welcher dem Kaiser versprochen habe, daß er in kürzester Zeit die sämmtlichen Christen zum Abfalle bringen würde. Er fing an, die Kirchen niederzureißen und die Priester ins Gefängniß zu werfen, um sie zu den heidnischen Opfern zu nöthigen. Die Güter der Christen wurde zu Gunsten des Fiscus eingezogen. Wer dem Glauben nicht untreu werden wollte, mußte auf die schrecklichsten Martern gefaßt sein. Die Christen flohen in die Einöden und auf die Gebirge, denn Niemand war einen Augenblick sicher vor Hausuntersuchung und gerichtlicher Vernehmung. Der heil. Wirth Theodotus benutzte die Gelegenheit, im Verborgenen Gutes thun und den Verfolgten zu helfen, so viel er konnte. Er nahm die Flüchtigen auf und verbarg sie, reichte den Hungrigen Nahrung, den Erschöpften bot er Ruhe und Erquickung, den Leichnamen der für Christus Getödteten, die den Hunden zum Fraße liegen bleiben mußten, verschaffte er in der Stille ein ehrliches Grab. Eine besonders tröstliche Hilfe gewährte er den Christen durch die Verabreichung von Lebensmitteln, welche durch die Götzenopfer nicht verunreiniget waren, und ermöglichte hiedurch die Darbringung der heil. Messe an verborgenen Orten. Auch die Gefängnisse besuchte er, wenn er wußte, daß die Gefangenen der Stärkung im Glauben bedurften. So war es bei einem seiner Freunde, Namens Victor, der Fall. Ebenso besuchte er die Umgebung der Stadt bis in eine Entfernung von vierzig Meilensteinen, vorzüglich um passende Orte zur Beisetzung der Martyrer zu finden. Einem Priester, Namens Fronto, gab er seinen Ring zum Unterpfande, daß er bald Reliquien empfangen werde, wobei er in Folge einer Offenbarung auf sich hinwies. Anlaß zu seiner Verfolgung gab der Martertod der sieben betagten Jungfrauen: Tecusa, Alexandra3, Claudia3, Euphrasia6, Matrona11, Julitta (Julia) und Phaine. Sie wurden sämmtlich in einem Teiche außerhalb der Stadt ertränkt. Durch die Bemühungen des heil. Theodotus wurden ihre Leichname aufgefunden, aus dem Wasser gezogen und bestattet. Einer der Theilnehmer, Namens Polychronius, wurde ergriffen und heftig gefoltert. Die Schmerzen überwältigten und verwirrten ihn so sehr, daß er, um seine Freilassung zu erlangen, den hl. Theodotus verrieth, und den Ort angab, wo die Leichname der heil. Jungfrauen lagen. Sie wurden auf Befehl des Statthalters sogleich ausgegraben und verbrannt. Jetzt erkannte der Heilige, daß seinem Wirken ein Ziel gesetzt sei, und beschloß, sich freiwillig dem Richter vorzustellen. Auf diese Weise konnte er hoffen, wenigstens seine Gehilfen zu retten. Zu den Freunden, welche ihn zurückhalten wollten, sagte er: »Wenn ihr wirklich meine Freunde seid und mir Freude machen wollet, so höret auf, mir im Wege zu sein und meinen Entschluß zu tadeln, sondern gehet vielmehr zu der Obrigkeit und saget: Theodotus, welchen die Priesterschaft und die ganze Stadt anklagt, steht vor der Thüre.« Da sie zögerten, eilte er ihnen voraus, und erschien plötzlich vor seinen Richtern. Mit freudigem Angesichte betrachtete er die in Bereitschaft gestellten Marterwerkzeuge: das angezündete Feuer, die glühenden Zangen, die Räder und Anderes. Theoteknus empfing ihn mit anscheinender Freundlichkeit und gab ihm zu verstehen, daß er nichts zu fürchten habe, wenn er zur Besinnung kommen und opfern wolle; er könne ihm für diesen Fall sogar seine und der Kaiser besondere Gunst versprechen; er solle Jesus, den Pilatus habe kreuzigen lassen, abschwören, so werde er ihn zum Priester des Apollo machen, welcher durch seine Orakelsprüche und Krankenheilungen der größte Wohlthäter der Menschen sei. In der Antwort, welche der heil. Martyrer auf diese Anrede gab, erkennt man seinen großen Muth, zugleich aber, daß entweder die Tradition damals von Christus Einiges erzählte, was sich aus dem Evangelium nicht begründen läßt, oder der Fluß seiner Rede ihm solches in den Mund legte, wobei man nicht vergessen darf, daß er kein Priester war. Er sprach nämlich: »Zuerst bitte ich meinen Herrn Jesus Christus um die Gnade, daß ich deine irrige Rede über die sogenannten Götter widerlege. Du hast Ihn einen gewöhnlichen Menschen genannt, ich will dagegen seine Wunder und das Geheimniß seiner Menschwerdung kurz zusammenfassen, und will mit Wort und That meinen Glauben an Ihn durch viele Zeugnisse erproben. Von deinen Göttern sollte man Schande halber gar nicht reden, ich thue es nur zu eurer Beschämung. Jupiter, den ihr für euren größten Gott haltet, hat mit Weibern und Knaben so schändliche Dinge getrieben, daß er als Anfang und Ende aller Schlechtigkeiten bezeichnet werden muß. Euer Dichter Orpheus sagt, daß er seinen eigenen Vater Saturnus getödtet, seine Mutter Rhea zur Frau genommen, und mit ihr die Persephone, gegen die er gleichfalls in Liebe entbrannte, gezeugt hat. Dann legte er sich seine Schwester Juno bei, wie auch Apollo, der auf der Insel Delos seine Schwester Diana vor dem Altare geschändet hat. In ähnlicher Weise hat Mars gegen die Venus, Vulcanus gegen die Minerva gehandelt, leibliche Brüder gegen die leiblichen Schwestern! Siehst du nicht, Proconsul, welche Schande auf deinen Göttern haftet? Wenn heutzutage Jemand sich unterfinge, dergleichen zu thun, müßte er nicht der Strenge der Gesetze verfallen? Ihr aber rühmt diese Ausgelassenheiten eurer Götter, ihr erröthet nicht, diese Knabenschänder, Ehebrecher und Giftmischer anzubeten! Das Alles erzählen nämlich von ihnen eure eigenen Dichter und freuen sich dieser Schandthaten. Dagegen haben von der Kraft unsers Herrn Jesus Christus und von dem Geheimnisse seiner Menschwerdung die Propheten und andere heilige Männer Vieles geweissagt, aber Alles ist rein, kein Mensch darf sich schämen, es öffentlich zu sagen. Sie bezeugen, daß Er in der Fülle der Zeiten vom Himmel gekommen und unter den Menschen erschienen ist, mit glorreichen und unaussprechlich großen Wunderzeichen; daß Er die Krankheiten geheilt und die Menschen des Himmelreiches würdig gemacht hat. Auch seine Geburt, sein Leiden und Sterben, seine Auferstehung von den Todten haben die Propheten lange vorher genau beschrieben. Zeugen sind die Chaldäer und Magier, die Weisesten unter den Persern, welche an der Bewegung der Gestirne die Zeit seiner Geburt, nach dem Fleische erkannten, und dem von ihnen zuerst erkannten Gott als Gott ihre Gaben opferten. Und erst die staunenswerthen Wunder, die Er vollbracht hat! Wasser hat Er in Wein verwandelt; mit fünf Broden und zwei Fischen hat Er fünftausend Menschen in der Wüste gesättiget; die Kranken hat Er durch sein Wort geheilt; auf dem Meere ist Er wie auf trockenem Lande einhergeschritten. Auch das Feuer hat seine Herrschaft anerkannt18, auf sein Gebot sind die Todten wieder erstanden; von Geburt aus Blinden ist durch sein bloßes Wort das Tageslicht erschienen. Lahme hieß er aufspringen, vier Tage im Grabe Gelegene hat Er ins Leben zurückgerufen. Kein Mensch kann mit Worten Alles beschreiben, was Er an Zeichen und Wundern gethan hat, und durch Alles dieß hat Er bewiesen, daß Er Gott ist und kein gewöhnlicher Mensch.« Ueber diese Rede geriethen die Richter und die anwesenden Heiden in die äußerste Wuth. Die Lüderlichkeit der angeblichen Götter, welche in allen heidnischen Sagen wiederkehrt und auch die »Götterdämmerung« der alten Deutschen befleckt, ist zu allen Zeiten für unverdorbene, reine Seelen aus dem Volke ein Gegenstand des Anstoßes gewesen, die an solche Dinge gewohnten Zuhörer aber faßten die Worte des hl. Martyrers als Lästerungen auf. Die Götzenpriester zerrissen vor Entrüstung ihre Kleider, zerrauften sich die Haare und zerrissen ihre Kronen, während die aufgeregte Menge sich gegen den Richter wandte, der solche Schmach ungestraft lasse. Alsbald begann die schrecklichste Folterpein, bei welcher der Präses, um den Verdacht der Gleichgültigkeit von sich abzuwehren, sich persönlich betheiligte. Man spannte ihn auf die Folter, riß ihm mit eisernen Krallen die Seiten auf, goß Essig in die Wunden, und brannte sie mit Feuer, während Andere unaufhörlich auf ihn losschlugen. Der heil. Martyrer sah und litt es, als ob ein Fremder, nicht er selbst, dieß Alles erdulden müßte. Nur daß er den üblen Geruch der Brandwunden nicht ertragen konnte, gab er durch eine abgewendete Bewegung seines Gesichtes zu erkennen. Der Richter, welcher dieß bemerkt hatte, gab ihm zu erkennen, daß sein Leiden die gerechte Strafe sei für den Frevel, welchen er an den Göttern und dem Kaiser begangen habe und verlangte Widerruf. Der Heilige aber sagte, daß er lieber den Henkern zusprechen möge, als ihm, da diese bereits zu ermüden anfingen; sein Entschluß stehe fest, auch wenn er neue Qualen ertragen müßte; Christus sei seine Stärkung und das Bewußtsein, nur wegen Christus, nicht wegen einer Missethat leiden zu müssen, flöße ihm Muth ein. Als ihm darauf der Tyrann die Zähne ausbrechen, und die Backenbeine zerschlagen ließ, rief er ihm zu: »Wenn du mir noch die Zunge ausschneidest, und mir es unmöglich machst zu reden, so wisse, daß Gott die Christen erhört, auch wenn sie in der Stille zu ihm beten.« Als er hierauf ins Gefängniß abgeführt wurde, redete er zu den Zuschauern von der wunderbaren Kraft Christi, welche seine Bekenner gegen alle Leibesqualen so zu sagen unempfindlich mache, und dabei keinen Unterschied mache zwischen Vornehmen und Sclaven, Eingeborenen und Fremden. »Solche Opfer für Christus zu bringen,« setzte er hinzu, »steht uns gut an, da Er für jeden aus uns zuerst die gleichen Opfer gebracht hat.« Es vergingen jetzt fünf Tage, während welcher der Tyrann mitten in der Stadt eine von allen Seiten sichtbare Richterstätte herstellen ließ. Als der hl. Martyrer ihm vorgeführt wurde, empfing er ihn mit einer Ansprache, worin er sagte, daß er annehme, sein Widerspruchsgeist sei nunmehr gebrochen, und fernere Peinen, das schon in Bereitschaft gesetzte Feuer, das spitzige Eisen, die schneidenden Zähne der wilden Thiere, seien nicht mehr nöthig. Der hl. Martyrer entgegnete, er vertraue, wie bisher, auf die Kraft des Herrn, welche stark genug sei, ihn alle körperlichen Leiden bis zur gänzlichen Auflösung der Gliedmassen überstehen zu lassen. Die Folter begann aufs Neue und die Henker bemühten sich, ihm die eisernen Krallen so tief sie konnten in die Seiten zu stoßen. Umsonst; der Heilige sprach mit lauter Stimme das Glaubensbekenntniß. Als man ihn aber auf glühende Scherben legte, empfand er großen Schmerz, so daß er zu Jesus um Linderung rief. Die Peinigung wurde fortgesetzt, bis außer der Zunge nichts mehr am Leibe unverwundet blieb; diese wollte man ihm lassen, damit er seinen Gott verleugnen könne, aber er gebrauchte sie nur, um die Wahrheit immer wieder zu bekennen. Theoteknus selbst sah ein, daß er nichts ausrichte, und sprach das Urtheil, daß der Heilige als Beschützer der Galiläer und Feind der Götter, wegen seines Ungehorsams gegen die unbesiegten Kaiser, und wegen Verachtung des Richters mit dem Schwerte zu tödten, sein Leichnam aber der Verbrennung zu übergeben sei, damit er nicht in die Hände der Christen komme und von ihnen bestattet werde. Der hl. Martyrer wurde von vielen Christen, Männern und Frauen, auf den Richtplatz begleitet. Hier betete er mit lauter Stimme: »Herr Jesus Christus. Schöpfer Himmels und der Erde, du verlassest nicht diejenigen, welche auf dich hoffen: ich danke dir, daß du mich als Bürger deiner himmlischen Stadt aufzunehmen würdigest und mich deines Reiches theilhaftig machst; ich danke dir, daß du mir Kraft gegeben, den Drachen zu besiegen und sein Haupt niederzutreten; stille in mir die Gewaltthätigkeit der Feinde, schenke deinen Dienern ruhige Zeiten, gib deiner Kirche den Frieden und entreiße sie der Tyrannei des Teufels. Amen.« Den weinenden Christen aber rief er zu: »Trauert nicht, Brüder, sondern lobet vielmehr unsern Herrn Jesus Christus, der mich gekräftigt hat, den Feind zu besiegen und meinen Lauf glücklich zu vollenden. Ich werde im Himmel desto inniger für euch bitten.« Nachdem er dieses gesagt hatte, empfing er mit Freude den Todesstreich. Die Verbrennung des Leichnams hinderte die göttliche Vorsehung, so daß ihn der Priester Fronto, welcher gegen Abend als Reisender verkleidet und auf einem mit Wein beladenen Esel reitend herbeikam, den von ihm trunken gemachten Wächtern wegnehmen, und in aller Stille zu Malus beisetzen konnte. Der Esel war während der Nacht ohne Führung mit dem Leichname dahin zurückgekehrt. Fronto blieb während der Nacht bei der Wache, und entfernte sich erst nach Tagesanbruch unter dem Vorwande, den entlaufenen Esel suchen zu müssen. Es ist dieß vielleicht das älteste Beispiel der oft wiederkehrenden Legende von der Ueberbringung heil. Reliquien durch sich selbst überlassene Zugthiere. Zu Malus wurde zur Ehre des heil. Martyrers eine Kirche erbaut. Er wird abgebildet mit seinen Marterwerkzeugen. Fakeln und Schwert, und ist Schutzheiliger der Gastwirthe. (III. 147.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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