Ignatius (Theophorus), S. (1)

Ignatius (Theophorus), S. (1)

1S. Ignatius (Theophorus), Ep. Antioch. M. (1. Febr. al. 17. Oct. etc.). Die Bollandisten haben mehrere Lebensbeschreibungen dieses großen heil. Bischofs und Martyrers aufgenommen: einmal die von dem Metaphrasten Simeon, welche sie mit griechischen Handschriften verglichen; dann eine kürzere aus griechischen Menäen und von alten Martyrologien; endlich eine längere aus sehr alten lateinischen Handschriften. Wir folgen hier der Darstellung seines Lebens, wie sie von Dr. Hefele in W.W. (K.-L. V. 592 ff.) nach Ruinart6 sich findet und mit den alten lateinischen Handschriften bei den Bollandisten größtentheils übereinstimmt. Der hl. Ignatius ist einer der ältesten apostolischen Väter und stammte wahrscheinlich aus Syrien. Aus seinem syrischen Namen »Nurono« schlossen Einige, er sei zu Nora, sei es der sardinischen oder phrygischen Stadt dieses Namens, geboren worden. Allein dagegen wurde bemerkt, daß Nurono »der Feurige« heiße und wohl nur syrische Uebersetzung des lateinischen Wortes Ignatius (von ignis = Feuer) seyn solle. – Ignatius führte den Beinamen Theophorus Θεοφόρος). Er selbst nannte sich so in seinen Briefen und wurde auch von Andern so genannt. Theophorus (Deifer) aber bezeichnet »einen Mann, der Gott in seinem Herzen trägt«. Eine ausführliche Lebensgeschichte des Heiligen besitzen wir nicht. Der Metaphrast und die griechischen Menäen wollen behaupten, er sei jenes Kind gewesen, welches der Herr seinen über den Vorrang streitenden Aposteln mit den Worten vorstellte: »Wer sich demüthiget, wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreiche.« (Matth. 18,4). Daß Ignatius ein Schüler des hl. Evangelisten Johannes gewesen sei, sagen die Acten seines Marterthums und auch Eusebius; nach Gregorius dem Großen aber wäre er auch ein Schüler des hl. Apostels Petrus gewesen. Nach einigen Karmelitern wäre er gar ein Schüler des hl. Johannes des Täufers gewesen, was aber sicherlich unrichtig ist. Anna Katharina Emmerich sagt in ihren von Clemens Brentano aufgeschriebenen und bei Pustet in Regensburg im J. 1860 gedruckten Gesichten (III. 609–611) Folgendes über den hl. Ignatius: »Ich sah, wie Jesus in einem Städtchen (Kapharnaum) vor einem Hause mit seinen Jüngern unter einer Halle stand, und wie er einen von denselben in ein Haus gegenüber sandte, eine Frau mit ihrem Kinde zu rufen, welche das Jüngsken brachte; es konnte etwa drei bis vier Jahre alt seyn. Als das Kind vor den Herrn trat, schloß sich der Kreis der Apostel wieder um ihn herum, der sich geöffnet hatte, um das Kind zu empfangen. Jesus sprach von ihm, legte ihm die Hand auf, segnete es und drückte es an sich. Dieses Kind war Niemand anders, als der nachmalige hl. Ignatius. Er war ein gutes Kind und durch den Segen Jesu ganz verwandelt. Ich sah ihn oft heimlich auf die Stelle gehen, wo Jesus ihn gesegnet hatte und die Erde küssen und sagen: ›Hier hat der heilige Mann gestanden.‹ Ich sah ihn die andern Kinder auf der Stelle des Segens versammeln und ihnen erzählen, und sie mußten die Stelle auch küssen. Ich sah ihn er wachsen zu den Jüngern des Herrn sich gesellen, besonders zu Johannes, an den ich ihn ganz angeschlossen sah, und daß Johannes ihn zum Priester weihte. Als Johannes zum ersten Male im Elende war, begleitete ihn Ignatius und wollte ihn nicht verlassen. Er wurde nach Evodius, der dem hl. Petrus zu Antiochia folgte (s. S, Evodius3), dort zum Bischof geweiht, ich glaube auch von Johannes und Petrus.« Von seinem Marterthum sagt Katharina: »Die Löwen stürztenganz grimmig auf ihn, und er war gleich todt. Sie fraßen ihn schnell auf und leckten sein Blut; nichts blieb liegen, als einige große Gebeine und sein Herz. Ich sah die Löwen wegbringen und die Zuschauer den Ort verlassen; die Christen aber liefen herzu und rissen sich schier um seine Gebeine. Alle schauten sein Herz an, und es waren die Buchstaben des Namens Jesu wie auf dem Kreuztitel in dasselbe mit bläulicher Farbe, wie Sehnen oder Adern, hineingewachsen.« – Die apostolischen Constitutionen behaupten, Ignatius sei von Paulus zum Bischof von Antiochia eingesetzt worden; Chrysostomus dagegen und Andere geben an, er habe diese Würde vom hl. Petrus erhalten. Nach Eusebius war er der zweite Bischof von Antiochia und Nachfolger des hl. Evodius3. Baronius und Alexander Natalis sind, auf die apostolischen Constitutionen gestützt, der Ansicht, Evodius und Ignatius seien zu gleicher Zeit Kirchenvorsteher in Antiochia gewesen, und zwar Evodius als Bischof der Judenchristen von Petrus, Ignatius als Bischof der Heidenchristen von Paulus bestellt. Weiterhin berichten die Martyracten: Als Kaiser Trajan im 9. Jahre seiner Regierung auf seinem Zuge gegen die Armenier und Parther nach Antiochia gekommen, habe sich Ignatius freiwillig7 zu ihm begeben, um ihn wo möglich von der Christenverfolgung abzubringen. Trajan aber habe ihn unfreundlich aufgenommen mit den Worten: »Was bist du für ein böser Geist, daß du nicht blos selbst meine Gebote übertrittst, sondern auch Andere verführst und ins Unglück bringst?« Ignatius antwortete: »Einen Theophorus nennt Niemand einen bösen Geist; denn die bösen Geister weichen vor den Dienern Gottes. Willst du mich aber, weil ich die Dämonen hasse, bös gegen diese Geister nennen, so stimme ich bei.« Trajan sprach: »Was ist denn ein Theophorus« Ignatius erwiderte: »Der, welcher Christum in seinem Herzen trägt.« Darauf der Kaiser: »Glaubst du denn nicht, daß auch wir unsere Götter in unserm Herzen tragen, sie, die unsere Helfer gegen unsere Feinde sind?« Der Heilige antwortete: »Du irrst, wenn du die heidnischen Dämonen Götter nennst; denn es gibt nur einen Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, und einen Christus Jesus, seinen eingebornen Sohn, an dessen Reich ich Antheil bekommen möchte.« Trajan sprach: »Du meinst den, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde.« Ignatius erwiderte: »Ja den, der meine Sünde sammt ihrem Urheber mit ans Kreuz genommen und alle List und Bosheit des Teufels gerichtet und denen unterworfen hat, die ihn im Herzen tragen.« Trajan fragte: »Also trägst du den Gekreuzigten im Herzen?« Ignatius antwortete: »Allerdings, denn es steht geschrieben: Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln.« Darauf sprach der erzürnte Kaiser: »Wir befehlen, daß Ignatius, der den Gekreuzigten in sich zu tragen behauptet, in Ketten geworfen und nach Rom gebracht werde, um eine Speise der wilden Thiere zu werden, dem Volk zum Ergötzen.« Ignatius aber, als er dieß Urtheil vernahm, rief freudig aus: »Ich danke dir, o Herr, daß du mir solche Liebe zu dir gegeben und Fesseln wie dem Apostel Paulus verliehen hast.« Nachdem er noch im Gebete die heil. Kirche Gott empfohlen hatte, wurde er zu Seleucia, dem Seehafen von Antiochia, unter Bedeckung von zehn Soldaten und unter Begleitung der hhl. Diakonen Philo und Agathopodes2 (die man auch für die Verfasser seiner Acten hält), in ein Schiff gebracht und zuerst nach Smyrna geführt. Seine Wache hinderte ihn nicht, hier aus dem Schiffe zu steigen, um den Bischof dieser Stadt, den hl. Polycarpus, zu besuchen und die Boten zu empfangen, welche mehrere umliegende Kirchen zu seiner Begrüßung dahin schickten. Als diese wieder abreisten, gab er ihnen Schreiben an ihre Gemeinden mit und zwar, so weit wir die Briefe noch haben, an die Gemeinden von Ephesus, Magnesia und Tralles. Außerdem schrieb er einen Brief an die Römer, von denen er vernommen, daß sie Versuche machen wollten, durch Bestechung u. dgl. ihn dem Tode zu entziehen. Er bat sie dringend, davon abzustehen und zu gestatten, »daß die Zähne der wilden Thiere ihn zerreiben, damit er als ein Brod Christi erfunden werden könne«. – Von Smyrna segelte das Schiff nach Troas, mußte aber auch hier einige Tage vor Anker liegen, und Ignatius benützte diese Gelegenheit, um drei weitere Briefe an die Gemeinden von Philadelphia in Lydien und Smyrna, sowie an den hl. Bischof Polycarp von Smyrna zu schreiben. – Von Troas ging der Weg zu Lande8 nach Neapolis in Macedonien. Nachdem er bis Epidamnus (Dyrrachium, Durazzo) in Dalmatien gekommen, bestiegen sie wieder ein Schiff und segelten durch das adriatische ins tyrrhenische Meer bis Porto (Portus Romanus) bei Ostia. Hier ward Ignatius von römischen Christen empfangen, betete noch einmal mit ihnen, Gott wolle sich der Kirche erbarmen, der Verfolgung ein Ende machen und unter den Gläubigen die Liebe erhalten. Dann wurde er sogleich nach Rom gebracht; denn die Thierkämpfe waren bereits ihrem Ende nahe. Er kam nach Rom am 20. December, welches der letzte Tag der öffentlichen Spiele war, und wurde, sobald der Präfect den von den Soldaten ihm überreichten Brief des Kaisers gelesen hatte, in das Amphitheater geführt. Kaum hatte der Heilige das Gebrüll der Löwen vernommen, als er ausrief: »Ich bin der Weizen des Herrn, ich muß durch der Thiere Zähne gemahlen werden, um ein reines Brod Jesu Christi zu werden.« Die wilden Thiere verzehrten seinen Leib gänzlich bis auf die härtern Knochen, und diese wurden von seinen Begleitern nach Antiochia zurückgebracht, hier in Leintüchern beigesetzt und als ein kostbarer Schatz angesehen. Dieser Translation gedenkt das Mart. Rom. am 17. Dec. Wie Chrysostomus in einer Lobrede auf Ignatius bezeugt, hat die antiochenische Kirche des Heiligen Todestag alle Jahre feierlich begangen. Die Griechen feiern ihn jetzt noch am 20. Dec., die Lateiner (Mart. Rom.) dagegen am 1. Febr., wahrscheinlich weil an diesem Tage die Ueberreste desselben in der St. Clemenskirche zu Rom beigesetzt wurden, wo sie noch sind, und wohin sie nach Baronius entweder Kaiser Justinian nach Eroberung Antiochiens durch den Perserkönig Chosroes (540 oder Kaiser Heraclius nach Eroberung) dieser Stadt durch die Saracenen (637) hatte bringen lassen. Kleinere Theile davon erhielten mehrere Kirchen Roms, Belgiens, die regulirten Chorherren von Arouaise bei Bapaume in Artois, die Benedictiner von Liessies im Hennegau etc. Als Todesjahr des heil. Bischofes bezeichnen Einige das Jahr 116, Andere mit mehr Wahrscheinlichkeit das Jahr 107, die Bollandisten das Jahr 108. Dr. Hefele (l. c. S. 594) spricht sich hierüber in folgender Weise aus: »Die Martyracten geben das neunte Jahr Trajans und die Consuln Sura und Senecio an, und in der That waren im J. 107 n. Chr., d.i. im neunten Jahre Trajans, Sura und Senecio mit einander, jener zum dritten-, dieser zum vierten Mal Consul«. Ein Bedenken gegen diese Zeitbestimmung erregt nur der Umstand, daß der parthische Krieg Trajans, von welchem Nachrichten auf uns gekommen sind, erst im J. 112 n. Chr. begann, und Trajan in Folge hievon im Winter 115 zu Antiochia verweilte, zur Zeit eines Erdbebens, das ihm beinahe das Leben gekostet hätte. Diesem Datum zufolge haben nun mehrere angesehene Chronologen die Verurtheilung des hl. Ignatius in den Anfang des J. 116 und seinen Tod in den December dieses Jahres verlegt, und man müßte ihnen selbst gegen das Zeugniß der Martyracten beipflichten, wenn es gewiß wäre, daß Trajan nur einmal gegen die Parther etc. Krieg geführt habe und nur einmal nach Antiochia gekommen sei. Allein gerade dieses kann nicht bewiesen werden; im Gegentheil hat sich eine Münze Trajans erhalten, welche ausdrücklich im 10. Jahre seiner Regierung geschlagen ist, und worauf er bereits den Beinamen »Parthicus« führt, woraus hervorgeht, daß er schon vor dem J. 108 (das 10. Jahr Trajans) einen Krieg gegen die Parther geführt haben muß. Dieß berechtigt uns aber auch, eine ebenso frühe Reise Trajans nach dem Morgenland anzunehmen und eben deßhalb der Angabe der Martyracten, Ignatius sei im 9. Jahre Trajans (107) verurtheilt worden, Glauben zu schenken. – Unter dem Namen des hl. Ignatius sind 15 Briefe auf uns gekommen, von denen aber nur 7 ächt sind (an die Ephesier, Magnesier, Trallianer, Römer, Philadelphier, Smyrnäer und an den hl. Polycarp). Die neueste Ausgabe veranstaltete Petermann, Leipzig 1849. Auf bildlichen Darstellungen sieht man einen Löwen neben dem Heiligen. Im römischen Breviere steht sein Fest, welches von Papst Pius IX. ebenso wie das der hhl. Timotheus und Polykarpus unterm 18. Mai 1854 zum duplex erhoben wurde, am 1. Febr. Auch die Bollandisten behandeln ihn am 1. Febr., wo sie auch von seinen Translationen sprechen. (I. 13–37.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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