Margarita, S. (4)

Margarita, S. (4)

4S. Margarita, Reg. (10. al. 19. Juni, 8. Juli u. 16. Nov.) Diese hl. Margarita (Margareth), Königin von Schottland, war eine Tochter Eduards Etheling (Uebermeer), eines Sohnes Eduards II., zugenannt Eisenarm, eigentlich Eisenseite, ferreum latus, angl. Irensyde (Angl. S. I. 273.). Königs von Angelsachsen, nach dessen Ermordung im J. 1017 das Reich in dänische Hände unter Kanut d. Gr. überging. Ihre Mutter war eine ungarische Princessin, Namens Agatha. Ihr Vater hatte nämlich mit allen andern Sprossen des angelsächsischen Hauses ein Asyl in Ungarn gefunden und sich daselbst mit der obengenannten Schwester der Königin verheirathet. Hier kam die hl. Margarita mit ihren Geschwisterten Edgar, Christina und Clito zur Welt. Mittlerweile, nach dem Tode Hardiknuts, im J. 1042 war aber ihr Onkel, Eduard III., zugenannt der Bekenner, auf den Thron Englands gerufen worden und behielt bis zum J. 1066 die Regierung. Unter ihm kam im J. 1054 die hl. Margarita in ihr Vaterland. Schon als zartes Mädchen fing sie an, sich eines nüchternen Lebens zu befleißigen und in allen Dingen nach dem Wohlgefallen Gottes zu streben. Sie zeichnete sich aus durch eine gründliche Auffassung aller Gegenstände, in welchen sie unterrichtet wurde, und behielt das einmal Gelernte mit Sicherheit. Auch fehlte es ihr nicht an Gewandtheit, ihre Gedanken mit Genauigkeit und Eleganz in Worte zu kleiden. Im J. 1057 verlor sie ihren Vater, welcher in London eines plötzlichen Todes starb. Sie blieb am Hofe Eduards III. bis zu seinem Tode im J. 1066. Ihm hätte Edgar Etheling, der Bruder der hl. Margarita, welcher indessen damals erst 10–12 Jahre alt war, folgen sollen. Allein Graf Harald, der schon unter Eduard III. nach dem Throne gestrebt hatte, bemächtigte sich jetzt desselben und empfing die Krone am 6. Januar genannten Jahres, den ersten Tag nach Eduards III. Tod. Er hatte nämlich gesorgt, daß sich das Gerücht, der König habe ihn zum Nachfolger gewünscht, verbreitete und Glauben fand. Er mußte aber bald dem Normannenherzoge Wilhelm dem Eroberer weichen, zu dessen Gunsten Harald schon früher einmal auf den Thron eidlich verzichtet hatte, welche Verzichtleistung er nachher für erzwungen erklärte, den aber die berühmte Schlacht von Senlac, wobei Harald durch einen Pfeil in's Auge getroffen wurde, noch im nämlichen Jahre (am 14. Oct.) auf den Thron Englands setzte. Die Stürme, welche diese Besitznahme begleiteten, und die Grausamkeiten, welche ihr nachfolgten, bewogen alle Glieder des legitimen Herrscherhauses, sich wieder nach Ungarn einzuschiffen. Sie wurden aber von Stürmen an die Küste von Schottland verschlagen, und vom Könige Malcolm III. gastfreundlich empfangen. Die Flüchtlinge waren der vertriebene Thronerbe Edgar, dessen Bruder Clito, seine Mutter Agatha und die Schwestern Margarita und Christina (s.d.). Die Familie blieb im Winter 1068 an dem schottischen Hofe. Zwei Jahre später wurde Margarita dem Könige vermählt, ihre Schwester Christina ging ins Kloster (1070). Sie erfüllte gegen ihn alle Pflichten einer christlichen Gattin mit so großer Vollkommenheit, daß sie ihn selbst für Christus gewann. Unter ihrem Einflusse wurde er einer der trefflichsten Regenten Schottlands. Unter allen Wechselfällen bewahrte die hl. Margarita ein unerschütterliches Vertrauen auf die göttliche Vorsehung. Ihr Streben ging nicht nach irdischem Besitz, sondern nach der Ausübung guter Werke. Sie erbaute als Denkmal ihrer Frömmigkeit zu Ehren der hl. Dreieinigkeit eine herrliche Kirche. Hier stellte sie ein prachtvolles Kreuz mit dem Bilde des Erlösers auf, überkleidet mit Gold und Silber und mit den kostbarsten Edelsteinen besetzt. Ihre Zimmer waren so zu sagen eine Werkstätte für den Kirchenschmuck. Hier wurden Kappen für die Sänger, Meßgewänder, Stolen, Altarbekleidungen und alle Arten von Kirchenschmuck gefertigt. Einiges davon wurde durch die Hand der Künstler herbeigebracht, Anderes bereits Vollendete wurde zur Besichtigung ausgestellt. Die Königin hatte einen förmlichen Paramenten-Verein geschaffen, dessen Mitglieder aus den vornehmsten und frömmsten Frauen des Königreichs bestanden. Die hl. Margarita war auch äußerst liebevoll im Umgang; ihre Liebenswürdigkeit war aber nicht ohne Strenge, so daß Jene, die um sie waren, sie zugleich liebten und fürchteten. Man hörte sie nie laut lachen, obwohl sie oft sehr heiter war, aber ebenso hat sie nie Jemand heftig erzürnt gesehen. Und wie sie darauf bedacht war, sich selbst der göttlichen Gnade täglich mehr hinzugeben, so sorgte sie auch für ihre Kinder, sechs Prinzen und zwei Prinzessinen. Ihre Namen sind: Eduard, Edmund, Edgar, Ethelred, Alexander, David, Mathildis und Maria. Edgar, Alexander und David gelangten nach einander auf den Thron von Schottland, Mathildis wurde Heinrichs I. von England Gemahlin, Maria heirathete den Grafen Eustach von Boulogne. Die hl. Margarita erzog sie alle in der Furcht des Herrn. Oft ließ sie dieselben zu sich kommen, und lehrte sie den Glauben an Jesus mit aller Kraft mütterlicher Liebe, so weit ihr Alter fähig war, diesen Unterricht in sich aufzunehmen. Sie vergaß nie beizufügen, daß dem Herrn ein todter Glaube nicht gefalle, und daß Er ein strenges Gericht über Jene halten werde, die zwar glauben, aber nicht nach dem Glauben leben. Wenn das königliche Ehepaar zur Kirche ging, durften die Kinder nie fehlen. Beim Opfergange schritt der König voran, dann folgten die Königin und die Kinder vom ältesten angefangen bis zum jüngsten. Solche Lehre und solches Beispiel verfehlte natürlich nicht, auf das ganze schottische Volk den tiefsten Eindruck zu machen. Auch an den öffentlichen Angelegenheiten nahm die Königin den regsten Antheil. Sie wohnte den Sitzungen des Staatsrathes bei, nicht bloß um zu hören, sondern auch um selbst mitzusprechen, vorzüglich wenn es galt, Beschlüsse zu fassen, die dem Aufschwung der Sittlichkeit und den Anstalten christlicher Liebe förderlich waren. In der Regel setzte sie beim König immer durch, was sie wollte, auch wenn ihre Vorschläge mehr der Gnade als der Strenge der Gerechtigkeit entsprachen, so daß ihr Biograph ohne Bedenken sagt: der König habe durchaus allen ihren Wünschen und klugen Rathschlägen mit Eilfertigkeit entsprochen. Gleichwohl wußte sie das Ansehen des Königs in allen Stücken zu wahren und machte es sich zur strengen Pflicht, im Gehorsame gegen ihn es allen Unterthanen zuvorzuthun. Immer oblag sie der Betrachtung des Todes; der Tag, an welchem sie Rechenschaft zu geben hätte für alle ihre Handlungen, schwebte ihr unablässig vor Augen. Oft bat sie ihren Beichtvater, was er immer an ihr, sei es in Wort oder That, Tadelnswerthes entdecke, ihr sofort insgeheim mitzutheilen, »denn«, setzte sie hinzu, »besser sind die Wunden eines liebevollen Freundes, als die Küsse eines schmeichelnden Feindes«. Sie vergaß nicht, daß unter den Edelsteinen und dem Gold, womit sie geschmückt war, nichts als Staub und Asche verborgen sei. Unter ihrem Einflusse wurden die Kirchensatzungen auch von Staatswegen geschützt und aufrecht erhalten. Sie bewirkte (Hefele, Concil-Gesch. V. 101) auf einer Reihe von Kirchenversammlungen, welche in den Jahren 1076 ff. auf ihre Veranstaltung gehalten wurde, wobei sie mehrmals selbst das Wort ergriff, um die Feinde der kirchlichen Reformen zu widerlegen, daß die Fasten mit dem Aschermittwoch im ganzen Reiche anfing, was bis dahin erst am folgenden Montag geschehen war, und streng beobachtet wurde; daß am Ostertage wieder allgemeine Communion gehalten wurde; daß die Feier der heiligen Messe würdig stattfand; daß an Sonntagen keine knechtliche Arbeit geduldet wurde, und die Ehen unter den Verwandten aufhörten. Bei der Andreaskirche ließ sie großartige Bauten aufführen, um darin den Pilgern und Armen Aufnahme und Erquickung zu gewähren. Sie galt mit vollem Recht als die schottische Helena. Sie bewirkte strenge Gesetze gegen die Simonie, den Wucher, die blutschänderischen Ehen und den Aberglauben. Mit besonderer Liebe nahm sie sich der Frauen an, die durch den Tod ihrer Männer Wittwen geworden waren, alle Waisen sah sie als ihre eigenen Kinder an. Auch Verdemüthigungen, wie z.B. Fußwaschungen, Bedienung der Armen bei Tische und dgl. nahm sie von Zeit zu Zeit über sich. Sie verschärfte letztere Dienstleistungen öfter dadurch, daß sie dieselben auf den Knieen vollzog. Sie besuchte die Spitäler und die Gefängnisse und befreite aus denselben die zahlungsunfähigen Schuldner. Auch andern Gefangenen, wenn sie Reue zeigten und Hoffnung auf Besserung gaben, erwirkte sie Befreiung. Ihre Tagesordnung, von welcher sie selten abwich, war diese: Um Mitternacht erhob sie sich, um den Metten beizuwohnen. Dann wusch sie sechs Armen die Füße und beschenkte sie. Hierauf begab sie sich auf ein paar Stunden zur Ruhe. Am Morgen wohnte sie vier oder fünf stillen Messen und hierauf dem Amte bei. Jeden Tag sprach sie die kleinen Officien der Mutter Gottes, der hl. Dreieinigkeit und des Leidens Jesu. Auch das Todten-Officium betete sie sehr fleißig. In jedem Jahr hielt sie außer der kirchlich festgesetzten Fastenzeit noch eine andere vierzigtägige Fasten vor Weihnachten. Natürlich fehlte dieser gottseligen Frau auch der Kelch der Leiden nicht. Den bittersten Trank mußte sie im J. 1093 nehmen, in welchem ihr Gemahl Malcolm und ihr erstgeborner Sohn Eduard mit vielen andern edlen Schotten von den Soldaten Roberts, Grafen von Northumberland, niedergemacht wurden. Sie hatte den traurigen Ausgang dieses Kampfes vorausgesehen und umsonst sich bemüht, den König von dem Beginne desselben abzubringen. Sie lag damals krank, ergab sich aber demüthig in diese traurige Schickung. Sie überlebte nur drei Tage72 den Tod ihres Gemahls. Mit den Worten: »Herr Jesus Christus, der du nach dem Willen des Vaters unter Mitwirkung des hl. Geistes durch deinen Tod die Welt zum Leben gebracht hast, befreie mich« – gab sie ihren Geist auf, am 16. Nov. 1093, nicht wie Andere (»grundlos« bemerken die Boll.) behauptet haben, erst im J. 1097. Sogleich nach ihrem Tode begann das schottische Volk sie wie eine Heilige zu verehren. Zahlreiche Wunder erfolgten an ihrem Grabe in der von ihr erbauten Dreifaltigkeitskirche zu Daumsermlin. Ihre feierliche Heiligsprechung geschah erst viel später durch Papst Innocenz IV. Bei dieser Gelegenheit fand am 19. Juni 1251 ihre Uebertragung statt. Dieser Tag blieb lange Zeit ihrem Andenken geweiht. Später wurde der 10. Juni, an welchem Tage ihr Name im Mart. Rom. aufgezeichnet ist, und dann unter Papst Innocenz XI. auf kurze Zeit der 8. Juli gefeiert. Ihr Leben ist auf Befehl ihrer Tochter Mathildis, Gemahlin des Königs Heinrich I. von England, durch Theodorich, Abt von St. Cuthbert, beschrieben worden. Aus dieser Legende ist die obige Skizze entnommen. Ihre Abbildungen geben Scenen aus ihrer Lebensgeschichte: sie besucht die Kranken, gibt Almosen, wäscht Pilgern die Füße. In Worten läßt sich ihr Bild nicht schöner zeichnen, als es bei W. W. K.-L. (VI. 835) geschehen ist: »Sie war ein Muster ächter Frömmigkeit und Tugend, der Engel ihres Gemahls, die beste Erzieherin ihrer Söhne und Töchter, die Schirmerin der Religion, Sittlichkeit und Gerechtigkeit, eine wahre Eiferin für die Kirche, eine Förderin der Künste und Wissenschaften, eine wahre Landesmutter, welcher alle Armen, Bedrängten und Unglücklichen ins Herz geschrieben waren.« Ihre Reliquien kamen während der Stürme der Reformation größtentheils nach Spanien in den Escurial, wo sie mit ihrem Gemahl in derselben Capelle beigesetzt wurde. Ihr Haupt befand sich eine Zeit lang bei der unglücklichen Maria Stuart, als sie in Schottland weilte, und kam später nach Antwerpen und von da nach Douai. (II. 320–340).



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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