- Wulstanus, S.
S. Wulstanus (Wolstanus). Ep. Conf. (19. Jan.). Dieser hl. Bischof von Worcester (Wigornia) in England, dessen Name auch ins Mart. Rom. eingetragen ist55, war zu Hieheritona (Icentuna) in Warwickshire von gottesfürchtigen und wohlbemittelten Eltern, Namens Aethelstan und Wulfgeva geboren. Seine Studien begann er im Kloster Evesham und vollendete sie zu Peterborugh (Burgum). Als Knabe und Jüngling nahm er die Furcht Gottes und die Liebe zur Reinigkeit der Sitten in sich auf, und bewahrte diese Tugenden, aller Anfechtungen unerachtet, durch sein ganzes Leben. Obwohl er die fröhlichen Spiele und Unterhaltungen seiner Altersgenossen gerne mitmachte, ließ er sich niemals die geringste Ausschreitung zu Schulden kommen. Nachdem er das männliche reife Alter erreicht hatte, traten sein Vater und seine Mutter ins Kloster, und beschlossen in Uebungen der Gottseligkeit ihr heil. Leben. Auch Wulstanus hatte längst den Beschluß gefaßt, abgeschieden von der Welt, in einem Kloster Gott zu dienen, und trat unter die Leitung des Bischofes Brithege von Worcester. der ihn zum Priester weihte, und alsbald eine einträgliche Vsarrei in einer Vorstadt (ecclesiam suburbanam) antrug, die er ausschlug. Bald darauf nahm er das Ordenskleid des heil. Benedictus. Als solcher wurde er zuerst als Custos der Knaben, dann als Gesangslehrer verwendet, und schließlich zum Geheimschreiber (secretarius) ernannt. Da er in diesem Amte seiner Neigung zur hl. Beschaulichkeit ungehindert obliegen konnte, brachte er öfter die ganze Nacht in der Kirche zu. Nach dem Tode des Propstes Agelwinus (der Bischof hatte auch die Abtswürde inne), um das J. 1046, wurde er an dessen Stelle befördert. Als Bischof Aldred um das J. 1062 den Erzbischofsstuhl von York erhielt, wurde der hl. Wulstanus auf allgemeines Verlangen und unter Zustimmung der eben anwesenden päpstlichen Legaten zu seinem Nachfolger gewählt, und die Wahl vom Könige Eduard bestätiget. Er allein widerstrebte; die Biographie legt ihm die Worte in den Mund: »Lieber geköpft werden, als Bischof sein!« Ein frommer Incluse, Namens Wulsinus, den er wegen seines bereits 40jährigen frommen Einsiedlerlebens besonders hochschätzte, brachte ihn endlich auf andere Gesinnungen; Erzbischof Aldred ertheilte ihm in Verhinderung des Erzbischofes von Canterbury am Feste Mariä Geburt des genannten Jahres die bischöfliche Weihe. Sein Leben und Wirken als Bischof war wundervoll und heilig. Es ist schwer das Wichtigste herauszuheben, denn fast jede Einzelnheit, die uns vom ihm erzählt wird, bezeugt uns, wie unablässig er für sein eigenes Heil und das seiner Heerde bedacht war. Die Lebensgeschichte hat mehrere Capitel nur mit Wundern gefüllt, die er an Kranken, Besessenen und Presthaften jeder Art gewirkt hat, aber noch zahlreicher sind die Stellen, welche von seinem Berufseifer und seiner Frömmigkeit handeln; es heißt z. B. »Immer trug er das Lob Gottes im Munde, die Liebe Christi im Herzen« (semper in ore psalmus, semper in corde Christus). Dennoch hatte er seine Feinde; sein Metropolit, der Erzbischof Lanfranc von Canterbury, selbst ein frommer und gelehrter Kirchenfürst, ließ sich so sehr gegen ihn einnehmen, daß er seine Resignation verlangte. Daß nämlich der Erzbischof, wie Einige sagen, sich aus Willfährigkeit gegen den König Wilhelm den Eroberer zu diesem Verlangen hätte bestimmen lassen, wird von Mabillon aus den triftigsten Gründen in Zweifel gezogen. Es müssen also auf der betreffenden Synode, welche im J. 1074 oder 1078 abgehalten wurde, Klagen gegen den Heiligen vorgebracht worden sein, über welche wir keine Kenntniß haben. Der heil. Wulstanus erwiederte diese Demüthigung mit Berufung der Regelmäßigkeit seiner Wahl, und Gott lohnte seine Ergebenheit durch ein Wunder, das seine Wiedereinsetzung zur Folge hatte. Auch den übrigen Concilien, welche damals in England gehalten wurden, hat der heil. Wulftanus beigewohnt. und in denselben nicht bloß durch fleckenlosen Wandel und christliche Einfalt geleuchtet, sondern er gab seinen Mitbischöfen auch ein Beispiel regen Eifers für die Aufrechthaltung der Kirchenzucht und die Vertheidigung der kirchlichen Rechte. Gegen die Priesterehen schritt er so strenge ein, daß er den Betroffenen nur die Wahl ließ, entweder ihre Pfründen oder ihre Weiber zu verlassen. Das in seiner Kirche von ihm eingeführte förmliche Keuschheitsgelübde der Geistlichen wurde auf dem Concil zu Winchester allen Ordinanden des Landes zur Pflicht gemacht. Es war vielleicht ein Fehler, daß er die Bildungsmittel der Alten verschmähte, aber in theologischen und kirchenrechtlichen Fragen konnte er so gut Auskunft geben wie jeder andere. Auch schrieb er ein schönes und gutes Latein, wie aus seinen noch vorhandenen Briefen ersichtlich ist. Auf ähnliche Weise ließ er weltliche Gebäude Schaden leiden, während er Kirchen und Klöstern mit dem größten Aufwande zu Hilfe kam. Er selbst hielt noch im J. 1092 zu Worester eine Diöcesansynode, um dasjenige zu verbessern und zu ergänzen, was die von ihm getroffenen Anordnungen etwa noch zu wünschen übrig gelassen hätten. Ungeachtet seiner großen Demuth war er gleichwohl am Platze, wenn seine bischöflichen Rechte angetastet wurden, wie es der Erzbischof Lanfranc von Canterbury und Aldred von York mehrmals versuchten. Ebenso ist es ein Beweis seiner Sorgfalt und klugen Vorsicht, daß er ein genaues Inventar des Vermögens seiner Kirche anfertigen ließ, damit dieselbe nicht durch nachlässige Verwaltung oder durch die Habsucht ungerechter Menschen in Nachtheil kommen könnte. Er selbst vermehrte durch ansehnliche Geschenke die Güter und Einkünfte des Klosters der Kathedralkirche, und bezweckte dabei, wie er selbst schreibt, nicht bloß die Hauptkirche des Bisthums sowohl was den Bau als die Ausschmückung anlangte, zu verschönern, sondern auch den Gottesdienst durch Mehrung der Kirchendiener zu heben, weßhalb er ein neues Kloster erbaute und die Zahl der Brüder, die beim Antritte seines Bisthumes zwölf kaum überstiegen hatte, auf fünfzig vermehrte. Dieses Werk wurde von ihm im J. 1088 vollendet. Er verstand es vollkommen, in seinem Hause den Glanz des Hoflebens mit der geistlichen Armuth des Evangeliums zu vereinigen, indem er von jenem nichts, von dieser Alles sich zueignete. Doch vermied er sorgfältig Alles was eher schmutzig und auffallend, als Gott wohlgefällige Armuth war; so daß, wenn auch aller Prunk fehlte, doch an gefälligem Anstande nichts abging (ut totum deesaet pompae, et nihil desideraretur gratiae). Sehr viele Kirchen des Bisthums hat er neu gebaut. Einem Mönch von Evesham, Namens Egelrich, welcher am Sterben lag, gab er durch sein Gebet die Gesundheit wieder. Auch König Wilhelm der Eroberer ward ihm so gewogen, daß er ihm einen großen Theil der seiner Kirche entzogenen Güter zurückstellte. Wenn er sein Bisthum bereiste, was beinahe ununterbrochen der Fall war, feierte er täglich die hl. Messe, wohnte gewöhnlich zwei andern Messen bei, und hielt eine zu den Herzen sprechende Anrede an das Volk. Was Ermüdung sei, schien er gar nicht zu wissen, denn manchmal hörte er den ganzen Tag nicht auf zu firmen, so daß die Zahl der Firmlinge öfter 2000 überstieg. Während die dienstleistenden Priester ihren Anstrengungen erlagen, arbeitete er fort bis in die späte Nacht. Zu Brichston (Bristol?) an der Meeresküste, wo sich ein schmachvoller Menschenhandel nach Irland eingebürgert hatte, blieb er mehrere Monate bis es ihm nach unsäglichen Mühen gelang, das Uebel zu beseitigen. Die Büßer, welche zu ihm kamen, um zu beichten, nahm er mit der zärtlichsten Liebe auf; sein Ruf als Beichtvater war so groß, daß von weiter Ferne her sich Beichtende bei ihm einfanden, die er dann nicht selten, nachdem sie mit Gott versöhnt waren, in sein Haus aufnahm. Die Uebung so großer Liebe hatte er durch lange Uebung in der Selbstverläugnung und durch große Strenge gegen sich selbst erlernt. Schon als Vorstand des Klosters hatte er ein Beispiel seltener Lebensstrenge gegeben: an drei Tagen in der Woche enthielt er sich damals von jeder Speise, an drei andern genoß er nur Brod und Wasser, an Sonntagen aber bildeten Fische und Wein seine Mahlzeit. Desto größer war allzeit seine Milde gegen Arme jeder Art. Er hatte mit den Sündern so großes Mitleid, daß er im Beichtstuhle nicht selten heftig zu weinen anfing. Wer einen Armen hart zurückwies, wurde strenger bestraft, als wenn er dem Bischofe selbst eine Unbill zugefügt hätte. Dafür stand er nicht bloß beim Vslke, sondern auch bei dem Könige, ja sogar bei ausländischen Fürsten, im größten Ansehen. Der hl. Bischof führte den Hirtenstab bis in das hohe Alter von 87 Jahren. Seine Grabstätte erhielt er in der Kathedrale von Worcester; von Innocenz III wurde er im J. 1003 canonisirt. Auf Abbildungen sieht man Scenen aus seinem Leben, am öftesten das Stabwunder auf dem Grabsteine des heiligen Königs Eduard, dem allein er seinen Hirtenstab zurückgeben wollte. Er stieß denselben in den Stein, der alsbald so weich schien wie Wachs, und sich das Hineinstecken gerne gefallen ließ. Aber Niemand als der Heilige konnte ihn wieder herausziehen, worauf er als Bischof bestätiget wurde. Auch das andere Wunder, daß von seinem Finger der bischöfliche Ring nicht wegzubringen war, als er beerdiget werden sollte, beweist, daß er als rechtmäßiger und heil. Bischof von Worcester anzusehen ist. Oefter ist er auch dargestellt wie die Sonne seine Leiche beleuchtet; sie soll dieselbe 30 Tage lang beschienen haben.
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.