Bartholomæus, S. (1)

Bartholomæus, S. (1)

1S. Bartholomæus, Apostolus (24. al. 25. Aug.) Hebr. Bar-Tholmai = Sohn des Tholmai oder Thalmai (des Furchenreichen, oder nach Hieronymus des über den Wassern schwebenden). – Der hl. Bartholomäus war einer der zwölf Apostel, welche der Herr sich auserwählt hatte, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß er identisch sei mit Uathanael (Geschenk Gottes), von dem der Herr bei Joh. 1, 47 sagt: »Dieser ist ein wahrer Israelite, in welchem kein Falsch ist.« Die Ansichten darüber waren nicht immer die gleichen, indem sowohl der hl. Augustin (Tract. 7. in Joh.) als auch der hl. Gregor der Große (In Job. lib. 33, c. 16) dafür halten, Nathanael sei kein Apostel gewesen, sondern habe höchstens den 72 Jüngern des Herrn angehört. Allein die genaue Untersuchung der Stelle bei Joh. 1,41–47, verglichen mit Matth. 10, 3 und Joh. 21, 1 ff. im Zusammenhalte mit der allg. Ueberlieferung sowohl der morgen- als abendländischen Kirche legt unwiderleglich dar, daß der hl. Nathanael der Apostel gewesen, welcher bei Johannes mit seinem eigentlichen Namen, bei den übrigen Evangelisten aber mit seinem Beinamen Bartholomäus aufgeführt wird (Mtth. 10, 3; Marc. 3,18; Luc. 6,14; Apstg. 1, 13). Wie aus Joh. 21,2 hervorgeht, war der hl. Bartholomäus aus Kana in Galiläa gebürtig; ob er aber auch, wie einige andere Apostel, das Fischerhandwerk, oder ein anderes Gewerbe – etwa wie einige Griechen wollen, das eines Landmanns oder Gärtners – betrieben habe, ist ebenso wenig gewiß, als es ungewiß ist, wer seine Eltern gewesen. Nach Joh. 21, 2 war er übrigens einer von denen, welche auf die Einladung des Petrus mit ihm zum Fischen gingen, wo ihnen dann Jesus am Meere von Tiberias erschien. Die Legende hat nicht verfehlt, unserm hl. Apostel eine vornehme Abkunft zu geben. Er soll der Sohn des syrischen (sollte doch heißen, ägyptischen) Königs Ptolomäus gewesen seyn, weßhalb er auch einen Purpurmantel getragen haben soll. Da habe ihm der Herr einst, als er die eitle Zier nicht ablegen wollte, vorausgesagt, er werde einmal seine eigene Haut als blutigen Mantel umlegen. Derlei Erdichtungen existiren viele, die mehr oder minder von einem Pseudo-Abdias herrühren, der sich für einen Bischof von Babylon ausgab und von den Aposteln selbst consecrirt seyn wollte (Vgl. Bellarm. de Script. Eccles. pag. 69. edit. 1613). Diese Dichtung von der edlen Abkunft unsers Heiligen ist offenbar aus der falschen Namensdeutung entstanden (man nahm Tholmai für Ptolomäus) und entbehrt allen Grundes, wie nicht minder die andere, die sich bei griechischen Schriftstellern findet, sein Vater habe Sosthenes und seine Mutter Urinia geheißen. Einige, wie z.B. der hl. Augustin, halten ihn im Hinblick auf Joh. 1, 41 ff. für einen Gesetzeskundigen, und das war er wohl auch, nur nicht in dem Sinne vom »schriftgelehrt«, und es dürfte sehr wahrscheinlich seyn, daß er vor seiner Berufung dem Schülerkreise des hl. Täufers Johannes angehört habe. Der wievielte unter den zum Apostolate Berufenen er gewesen sei, ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben; wenn die Apostel der Reihenfolge nach aufgezählt werden, erscheint er immer als der sechste (Matth. 10, 3; Marc. 3, 18; Luc. 6, 14) und nur Apstg. 1, 13 als der siebente. Von Einigen wird er als der vierte der Berufenen angesehen. Von seiner Berufung bis zu jenem Ereignisse am See Tiberias nach der Auferstehung Christi (Joh. 21,2) lesen wir nichts mehr von ihm in der hl. Schrift; denn daß er Einer der zwei Jünger war, die nach Emmaus gingen, ist rein aus der Luft gegriffen. Nach der Himmelfahrt seines Herrn und Meisters blieb er mit den übrigen Aposteln 12 Jahre lang in Palästina und predigte den Juden das Evangelium; dann aber theilten sich die Apostel und unser Heiliger kam in die fernsten Gegenden des Orients. So gewiß dieses ist, so unsicher sind die Angaben über die Länder, in welche der hl. Bartholomäus die Leuchte des Evangeliums getragen hat. Halten wir an den übereinstimmenden Ueberlieferungen fest, so tauchen vorzüglich drei Länder als Schauplatz seiner apostolischen Thätigkeit hervor, nämlich Indien, Phrygien mit Ly kaonien und Großarmenien. Was die letzten zwei betrifft, so ist ihre Bezeichnung von selbst klar, nicht so aber die des ersten; denn unter Indien verstanden die Alten nicht blos das Land innerhalb des Ganges (das heutige Vorderindien, das bei ihnen India orientalis war), sondern auch Arabien und zuweilen Persien, das daher India inferior seu interior hieß. Sehen wir uns aber in Bezug auf unseren Apostel die Nachrichten über Indien recht an, so hat es den Anschein, als ob beide gemeint seyen, jedoch so, daß das eigentliche Indien oder India orientalis vorzüglich darunter verstanden wird. Denn man liest bei Eusebius, daß der hl. Pantänus, als er zu Anfang des 3. Jahrhunderts nach Indien kam, um die Braminen zu widerlegen, daselbst noch frische Spuren des Christenthums fand, und daß man ihm eine Abschrift des Matthäus-Evangeliums in hebräischer Sprache vorzeigte, mit der Versicherung, es sei vom hl. Bartholomäus in dieses Land gebracht worden, als er daselbst den Glauben gepredigt habe. Wenn wir uns eine Route seiner apostol. Reisen auf Grund jener sichern Ueberlieferung und anderweitiger Nachrichten von andern Ländern, wie Arabien, Huziten, Nabathäa u.s.w., welche er durchzogen haben soll, bilden; so dürfte sie höchst wahrscheinlich im Folgenden bestehen: Nach seiner Trennung von den übrigen Aposteln zog er südlich von Palästina nach Nabathäa, welche das wüste und peträische Arabien umfaßte, hinab in das glückliche Arabien zu den Homeriten (einst Saba), an der Südspitze dieses Landes, überall das Evangelium verkündend, doch ohne besondern Aufenthalt. Von da schiffte er über in das eigentliche Indien, und daß er hier länger verweilt habe, zeigt obige Stelle aus Eusebius vom hl. Pantänus; denn die frischen Spuren des Christenthums in diesem Lande, welche dieser Heilige nach fast 300 Jahren noch fand, lassen schließen, daß hier der Apostel eine wohlgegliederte Gemeinde gegründet habe, was aber in kurzer Zeit nicht möglich gewesen wäre. Nachdem er aber längere Zeit in Indien thätig gewesen, wendete er seinen Lauf wieder nordwestlich nach Kleinasien hinauf, wo er in Hieropolis (Phrygien) mit dem aus Scythien kommenden Philippus zusammentraf, wie bestimmte Nachrichten verbürgen, und zwar, wie zu vermuthen steht (die armenischen Schriftsteller behaupten es ganz bestimmt), durch das Land der Huziten am persischen Golf (Sinus persicus), durch Persien, Babylonien, Mesopotamien, Assyrien und Kleinasien. In Verbindung mit Philippus predigte er nun einige Zeit in Phrygien, wurde mit diesem gefänglich eingezogen und ans Kreuz geschlagen, aber durch die Gläubigen wieder befreit, während sein hl. Gefährte den Martyrtod starb. Von da zog er durch Lykaonien und Kleinarmenien nach Großarmenien, bekehrte diese Völkerschaften, gründete Kirchen und setzte Bischöfe ein; aber hier ward seiner Thätigkeit auch ein Ziel gesetzt. Nach dem Brev. Rom. war die Veranlassung seines Martyrtodes diese: Die Bekehrung des Königs Polymius und seiner Gemahlin, so wie überdieß von 12 Städten (Civitates), erregte den Neid der Götzenpriester, die den Bruder des Königs, Astyages mit Namen, wider den Apostel so einnahmen, daß dieser den Befehl gab, demselben bei lebendigem Leibe die Haut abzuziehen und ihn dann zu enthaupten. Nach den Mittheilungen unserer Gewährsmänner läßt sich diese Angabe des röm. Breviers, soweit sie den König und überhaupt die Veranlassung betrifft, nicht historisch rechtfertigen, und so gewiß es sich erweisen läßt, daß in der Hautabziehung und der Enthauptung seine Marter bestanden habe (die Griechen behaupten, er sei gekreuzigt worden), so wahrscheinlich ist es nach Allem, daß er nicht eigentlich in Armenien, wo er so viel gethan für die Ausbreitung und Befestigung des Reiches Gottes, gemartert worden, sondern im Gebiete von Albana, Albanien (heutige Kaukasus-Provinz am kaspischen Meere) und zwar in der Stadt Albanopolis.5 Wie so Manches im Leben unseres Heiligen, ist auch die Zeit seines Martyrtodes ungewiß; man hält es jedoch für wahrscheinlich, daß er denselben im Jahre 71 n. Chr. erlitten habe. – Schriften sind von ihm nicht auf uns gekommen, doch hat man ehemals unter seinem Namen ein Evangelium gehabt (Hieron. Prol. in Script.), das aber vom Papst Gelasius zu den Apokryphen gerechnet worden. Ein Ausspruch bei Dionysius Areopagita: Hac ratione divus Bartholomæus ait, et copiosam esse theologiam et minimam, atque Evangelium magnum et amplum, et rursus concisum (Dionys. Areop. edit. Corder. tom. 2. p. 3.) hat einige kathol. Theologen auf die Vermuthung geführt, der hl. Bartholomäus habe auch Schriften oder Briefe verfaßt; was übrigens wohl möglich gewesen wäre. – Seinen hl. Leib betreffend, wurde er von den Gläubigen in Albanopolis zur Erde bestattet, und kam etwa i. J. 507 oder 508 nach Dara (Anastasiopolis) in Mesopotamien, wohin sie Kaiser Anastasius, der Gründer dieser Stadt, brachte und wo später Kaiser Iustin einen prachtvollen Tempel erbaute. Als aber später die Perser unter Kosroes in's Reich einfielen und die Stadt Dara eroberten, schleppten sie den heil. Leib mit sich fort und warfen ihn ins Meer, auf welchem er wunderbarer Weise auf eine der äolischen Inseln (zwischen Sicilien und Italien) und zwar auf die Insel Lipara kam. Was das Meerwerfen anbelangt, so ist allerdings in Mesopotamien, wo der heil. Leib zuletzt war, kein Meer, in das sie ihn hätten werfen können; allein von gleichzeitigen Schriftstellern wissen wir, daß die Perser unter ihrem Könige Kosroes bis Antiochia und das Mittelmer vordrangen, wo sie denn allerdings ein Meer vor sich hatten, um ihre Rache an den Reliquien des hl. Bartholomäus auszulassen. Auf der Insel Lipara blieb der heil. Leib bis zum Jahre 839, wo die Saracenen sich der Insel bemächtigten und die Reliquien unseres Heiligen zerstreuten. Aber sie wurden auf wunderbare Weise gesammelt, indem der heil. Apostel einem Mönche erschien und die Orte zeigte, wo sie zerstreut lagen, und kamen in demselben Jahre nach Benevent, wo sie mit eigenen Kirche, später in der Kathedrale, beigesetzt wurden. Wo die heil. Gebeine jetzt sind, ob zu Benevent, oder zu Rom, wohin sie nach Baronius (dem Mart. Rom. et Brev.) im J. 983 kamen, darüber besteht zwischen beiden Städten schon seit langem ein Streit und vielleicht heut zu Tage noch. Die Römer behaupten, Kaiser Otto II. (nach Andern, z.B. röm. Brev., Otto III.) habe den heil. Leib den Beneventanern genommen und nach Rom gebracht, wo er auf einer Insel der Tiber beigesetzt wurde. Die von Benevent läugnen nicht, daß der Kaiser den heil. Leib von ihnen verlangt habe, aber sie behaupten zugleich, daß sie den Kaiser getäuscht und ihm die Gebeine des hl. Paulinus von Nola statt der des hl. Bartholomäus gegeben haben. Die Bolland., welche die Ansichten beider Parteien einer genauen, höchst einläßlichen Untersuchung unterwerfen, kommen zum Resultate, daß beide Parteien recht haben dürften, indem sowohl in Rom als in Benevent Reliquien des hl. Apostels sich finden mögen. In der Folge erhielten mehrere andere Orte Englands, Spaniens und Deutschlands Reliquien. So sollen auf dem Berge Andechs in Bayern vom heil. Bartholomäus ein Arm und einige Gebeine seyn (Buc. Sacrarium Benedictinum, pag. 22). Was die Verehrung desselben anbelangt, so ist sie eine allgemeine in der ganzen Kirche; nur wird sein Andenken von verschiedenen Völkern an verschiedenen Tagen gefeiert. Die Armenier feiern sein Fest am 25. Febr. und 8. Dec.; die Kopten und Aethiopieram 18. Juni; die Griechen zugleich mit dem des hl. Barnabas am 11. Juni, und halten diesen Tag für seinen Todestag; dagegen feiern sie am 25. Aug. seine Uebertragung nach der Insel Lipara; die Lateiner endlich feiern es bald am 24. bald am 25. Aug. (im Mart. Rom. am 24. Aug., und im Brevier wird bemerkt, daß sein Fest zu Rom am 25. August gefeiert werde), wahrscheinlich als dem Tage der Uebertragung auf die äolische Insel Lipara. Was die Beneventaner angeht, so feiern sie das Andenken der Uebertragung der heil. Ueberreste am 25. Oct. und zwar mit einer Octav. – Der Pseudo-Abdias beschreibt in seiner Apostg. VIII, 2. den hl. Bartholomäus als einen schwarz- und krausköpfigen Mann im weißen Gewande mit Purpurstreifen (was auf seine erdichtete Abkunft Bezug haben möchte). Nach Schröckh's Kirchengeschichte (28. 206) gilt der hl. Bartholomäus als Patron oder Advocatus der Sünder; denn der unter allen Martyrern das Grausamste und Schmerzlichste erlitten, übe die erhabenste Großmuth, indem er vor allem für die Sünder bitte. Noch sei der sonderbaren Deutung des Kalendertags unseres Heiligen erwähnt, die demselben hie und da gegeben werden will. »Da dieser Kalendertag (24. Aug.)«, schreibt Menzel (I. 112), »mit dem 14. Sonntage nach Trinitatis als dem ›Sonntage der Dankbarkeit‹, dem großen Dankfeste nach der vollendeten Aerndte, zusammenfällt, haben Einige unziemlich die abgezogene Haut des Heiligen zum Sinnbild des abgeschnittenen Getreides, welches der Erde durch die Sichel gleichsam abgezogen werde, machen wollen.« Endlich wird er auf kirchlichen Gemälden etc. dargestellt mit einem Messer in der Hand, als dem Werkzeuge, womit er geschunden wurde.



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