Cyprianus, S. (12)

Cyprianus, S. (12)

12S. Cyprianus, Ep. M. et Eccl. Doct. (14. al. 16. Sept.). Dieser hl. Cyprian, mit seinem vollen Namen Thascius Cäcilius Cyprianus, Bischof von Karthago, Martyrer und Kirchenlehrer, stammte aus einer reichen Senatorsfamilie in Karthago, und verlegte sich frühzeitig auf die schönen Wissenschaften und die Beredsamkeit mit solchem Erfolge, daß er später in seiner Vaterstadt als öffentlicher Lehrer derselben auftreten konnte. Während dieser Zeit lebte Cyprian auf eine seiner edeln Geburt entsprechende Weise, und war schon bejahrt, als er das Heidenthum verließ und das Christenthum annahm. Es mag mehr als bloße Neugierde gewesen seyn, was ihn bewog, mit einem in seinem Hause wohnenden Priester, Cäcilius mit Namen, in näheren Umgang zu treten; jedenfalls machten die Worte dieses Priesters großen Eindruck auf sein empfängliches Gemüth und die Folge davon war, daß er nach längerem inneren Kampfe zum christlichen Glauben übertrat, und aus Dankbarkeit gegen jenen Priester den Taufnamen Cäcilius wählte. Nach seiner Bekehrung machte er sich sogleich mit dem größten Eifer an das Studium der heil. Schrift und der ganzen christlichen Religion, und besonders waren es die Schriften seines Landmannes Tertullian, deren Geist er sich zu eigen machte und die er so hoch schätzte, daß er jedesmal diesen Schriftsteller meinte, so oft er seinem Diener zurief: Da magistrum, d.h. »bring' mir meinen Lehrer.« Seine Kenntniß und Wissenschaft nicht minder, als die Heiligkeit seines Wandels erwarben ihm hohe Bewunderung und Verehrung bei Priester und Volk, die denn auch in ihn drangen, die Priesterwürde anzunehmen, ja, die ihn nach dem Tode des Bischofs Donatus von Karthago einstimmig – nur einige ältere Priester waren dagegen – zu ihrem Bischofe erwählten, um das Jahr 248. So heilverkündend diese Wahl für die christliche Kirche war, so demüthigend war sie für die Heiden, welche nur zu sehr die Kraft seines Wortes kannten. Als daher um das Jahr 250 unter Decius die Christenverfolgung wieder begann, schrie das Volk im Amphitheater rachedürstend: »Cyprian vor die Löwen!« »Cyprian vor die Thiere!« Denn seine Bekehrung und sein Eifer in der Verbreitung des Glaubens hatten ihm bei den Heiden diesen Haß zugezogen, und sie nannten ihn, um ihn zu beschimpfen, statt Cyprianus nie anders als Coprianus (vom Griech. κόπρος = Koth). Doch er entzog sich ihrer Wuth durch die Flucht, nicht aus Furcht, sondern aus christlicher Klugheit, um sich in dieser stürmischen Zeit seiner Heerde zu erhalten und sie wider innere und äußere Feinde zu beschützen. Sein Lebensgeschichtschreiber Pontius wenigstens erzählt, und der hl. Cyprian selbst versichert es (Ep. 10), er habe nur in Folge einer himmlischen Erscheinung, deren er mehrere in seinem Leben hatte, die Flucht ergriffen. Wenn er auch dem Leibe nach abwesend war, so war er doch allzeit im Geiste bei seinen Gläubigen und schrieb, wie wir aus seinen hinterlassenen Briefen ersehen, von dem Orte seines Aufenthaltes aus häufig an die Geistlichen und Laien, sie ermahnend, klöstend, ihnen auch Verweise gebend und sie ermunternd. Von zwei Seiten drohte nämlich damals der christlichen Einheit der Rechtgläubigen das Verderben: von Außen durch den Montanismus, der an die Stelle der apostolischen Succession eine Succession der außerordentlichen Geistesgaben setzte und eben damit erstere, als der höhern Weihe entbehrend, verwarf;59 von Innen durch die Novatianer, welche das erste Beispiel von Gegenbischöfen gegen einen rechtmäßig gewählten Bischof aufstellten und ihren friedenstörenden Ehrgeiz je nach Umständen bald durch rigoristische Grundsätze, bald durch Vertheidigung einer grundsatzlosen Milde und Nachsicht beschönigten. Mit aller Kraft seines reichen Geistes trat nun der hl. Cyprian wider diese Feinde des Glaubens auf, und that in seiner herrlichen Schrift »De unitate Ecclesiae«, die es verdient, von jedem Geistlichen gelesen und studirt zu werden, schlagend dar: »Der kann Gott nicht zum Vater haben, wer die Kirche nicht zur Mutter hat« (de unit. Eccles. c. 6); »wer von der Mutterkirche sich trennt, ist ausgeschlossen von dem Gnadenstrome des Heiles; er ist ein Fremdling, ein Unheiliger, ein Feind« (l. c. cap. 5 et 6); »das Fundament dieser Einheit ist von Christus selbst gesetzt, indem er den Stuhl Petri zum Anfangspunkte der christlichen Einheit, die römische Kirche zur ›Ecclesia principalis‹ machte, aus der die priesterliche Einheit hervorgegangen« (Ep. 59). Der Episkopat ist dem hl. Cyprian Einer, wovon jeder einzelne Bischof einen Theil bildet, verbunden mit dem Ganzen (Episcopatus unus est, cujus a singulis in solidum pars tenetur). Nach diesen Principien, die, wie bemerkt, in der oben genannten wichtigsten seiner Schriften niedergelegt sind, dachte, schrieb und handelte Cyprian als Bischof wider die Neuerungen und das Schisma. Eben so energisch trat er gegen den Laxismus auf, der durch einige Martyrer in die Kirche eingebracht werden wollte. Er sagte den Martyrern, die eigenmächtig die Erlaubniß zur Wiederaufnahme der vom Glauben Abgefallenen (Lapsi) in die Kirche ertheilten: »Keiner kann Martyrer seyn, der nicht in der Kirche ist« d.h. den Kirchengesetzen sich unterwirft (de unit. Eccles. c. 14. c. 20–30), und indem er auf der einen Seite der leichtfertigen Wiederaufnahme die längstbestehenden Satzungen der Kirche entgegenhielt, ließ er auf der andern Seite, ohne sich zu widersprechen, gegenüber dem von den Schismatikern verlangten Rigorismus, der alle Hoffnung auf Wiederaufnahme und Erbarmen abschnitt, die ganze Milde der Kirche gegen Reumüthige walten. Die höchst interessante Schrift »de Lapsis« behandelt diesen Gegenstand mit eben so großer Gründlichkeit als Wärme, und mehrere seiner Briefe beziehen sich darauf. Diesen seinen Grundsätzen getreu, setzte er dann Alles in Bewegung, um die afrikanischen Bischöfe zur Einmüthigkeit des Verfahrens in Sachen der Kirchendisciplin sowohl, als in der der Schismatiker zu gewinnen, und wirkte in diesem Sinne auf mehreren Synoden. Noch war die Einigkeit nicht ganz hergestellt, als sich unserm Heiligen eine außerordentliche Gelegenheit darbot, sich der ganzen Gemeinde, ja selbst den Heiden in Karthago als einen wahren christlichen Bischof zu zeigen. Bald nach seiner Rückkehr aus der Verborgenheit im Jahre 252 war nämlich eine Pest ausgebrochen, die mit furchtbarer Gewalt zahlreiche Opfer in jener Stadt forderte. Während Alles floh, was fliehen konnte, und Niemand die Krankenpflege übernehmen wollte, empfahl der Heilige seiner Gemeinde eindringlich die christliche Liebe, die sich selbst auf die Heiden ausdehnen müsse. Sein Wort fand empfänglichen Boden in den Gemüthern, und man sah bald so rührende Beispiele der Hingebung und Aufopferung, daß selbst die Heiden voll Begeisterung für solche brüderliche Liebe waren. Die Einstellung der Verfolgung unter Valerian benützte der hl. Cyprian, die Ruhe im Innern der Kirche wiederherzustellen, und hielt vom J. 253–256 mehrere Synoden, um zu diesem Ziele zu gelangen. Da fügte es sich nun aber, daß er, der für die Erhaltung der kirchlichen Einigkeit so viel gethan, sich selbst veranlaßt glaubte, mit dem Bischofe der »Ecclesia principalis«, mit Papst Stephan nämlich, einen lebhaften Kampf über die Gültigkeit der Ketzertaufe zu beginnen. Während sich die römische Kirche für die Gültigkeit dieser Taufen aussprach, ohne einen andern Grund anführen zu können, als die allerdings sehr bedeutenden Momente der Praxis und der Tradition, konnte es der hl. Cyprian nicht fassen, daß Häretiker das mitzutheilen vermöchten, was sie selbst nicht haben, nämlich den Glauben und die Gabe des hl. Geistes. Nicht jede Tradition, meinte Cyprian, sei ein gültiger Beweggrund dazu, sondern nur die, welche mit dem Ursprung und dem Haupte der Wahrheit übereinstimme; eine kirchliche Gewohnheit ohne diese Wahrheit sei eben nichts, als ein veralteter Irrthum (Ep. 70. cap. 9. 10). Man sieht, der hl. Cyprian forschte nach einem dogmatischen Grunde, konnte aber das Wahre, das erst später ins kirchliche Bewußtsein eintrat, nicht finden; weßhalb man es ihm nicht verargen kann, wenn er von seinem Standpunkte aus der Meinung war, er habe hier seinen Amtsgenossen, wie einst Paulus den Petrus, eines Bessern zu belehren, was er freilich bisweilen mit einer Gereiztheit that, daß man versucht seyn möchte, mit Liebermann (Institut. Theol. ed. VI. Tom. IV. pag. 222) zu sagen, man vermisse hier in Cyprian den Cyprian (jam Cyprianum in Cypriano quaerat). Doch diese Makel in seinem Leben tilgte er wieder aus, theils durch seine zwei letztverfaßten Schriften de bono patientiae u. de livore et zelo, theils dadurch, daß er sich unter Stephans Nachfolger in ein besseres Verhältniß mit Rom, mit dem er immer in Kirchengemeinschaft war und blieb, setzte, und im besten Einvernehmen mit dieser Kirche lebte. Eine so ruhmvolle Laufbahn sollte durch ein noch ruhmvolleres Ende verherrlicht werden. In der Folge der Valerianischen Verfolgung (der 8. allgemeinen Christenverfolgung) wurde Cyprian im Jahre 257 nach Curubis, einer kleinen Stadt etwa eine Tagreise von Kartha go am lybischen Meere, verbannt, wo er am 13. oder 14. Sept. desselben Jahres ankam. Zwar wurde die Verbannung bald wieder aufgehoben; allein kurz nach seiner Rückkehr zog ihn der Proconsul Maximus vor Gericht und ließ ihn nach dem Verhör gefangen nach Septi bei Karthago bringen, wo das Todesurtheil der Enthauptung an ihm vollzogen werden sollte. Die ganze Gemeinde begleitete ihn und wollte mit ihm sterben. Auf der Richtstätte angekommen, betete Cyprian nochmals, verhüllte sich selbst die Augen und ließ dem Scharfrichter noch 25 Goldstücke ausbezahlen. Die Christen aber breiteten Leintücher um ihn her, um sein Blut aufzufangen. Mit zitternder Hand führte der Scharfrichter das Schwert, und das ehrwürdige Haupt fiel am 14. Sept. 258. Um seine Leiche dem Spotte und der Mißhandlung der Heiden zu entziehen, trugen sie die Gläubigen auf ein nahe gelegenes Feld und bestatteten sie bei Nacht mit großer Feierlichkeit an der Straße von Mappale. In der Folge erbaute man zwei Kirchen zu seiner Ehre, eine auf seinem Grabe (die Mappalia). und die andere an dem Orte, wo er enthauptet worden, und diese wurde Mensa Cypriana genannt, weil sich der Heilige daselbst Gott zum Opfer gebracht hatte. Sein Fest ist im Mart. Rom. am 14. Sept. als seinem Todestage verzeichnet; allein seit dem 5. Jahrhundert feiert es die Kirche im allgemeinen Mart. Rom. sowohl, als in dem besondern für die Benedictiner, sowie im römischen Brevier, mit dem des hl. Papstes Cornelius am 16. September. Gesandte Karls des Großen, die aus Persien über Karthago zurückkehrten, erhielten von dem mohammedanischen Könige in Afrika die Erlaubniß, das Grab des hl. Cyprian, das sehr vernachlässigt war, zu eröffnen und die Reliquien des Heiligen mit sich nach Frankreich zu nehmen, wo sie im Jahre 802 oder 806 zu Arles beigesetzt wurden, später aber nach Lyon, und unter Karl dem Kahlen in die Abteikirche des hl. Papstes Cornelius zu Compiegne kamen. Einen Theil derselben brachte man nachher in die Stiftskirche von Rosnay bei Oudenarde in Flandern. – Die besten Ausgaben seiner Schriften mit den 81 Briefen sind die von Baluzius 1710 und Maranus 1726 in Paris erschienenen. Auf Kirchenbildern wird er dargestellt als Bischof und Kirchenlehrer, mit einem Schwerte, dem Zeichen seines Martyriums.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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