Johannes Eleemosynarius, S. (9)

Johannes Eleemosynarius, S. (9)

9S. Johannes Eleemosynarius, Patriarcha. (23. al. 28. 30. Jan.) Dieser Heilige, wegen seiner großen Freigebigkeit gegen Hilfsbedürftige jeder Art mit dem Ehrentitel »der Almosengeber« (Eleemosynarius, Ελεήμων) ausgezeichnet, wurde zu Amathus, einer Stadt auf der Insel Cypern, geboren. Seinen Vater nennt der Metaphrast Epiphanius; den Namen der Mutter hat derselbe nicht angegeben. Früh trat er in den Ehestand, weil er der einzige Sohn einer edlen und reichen Familie war. Da ihm aber der Tod seine Gemahlin und seine Kinder entrissen hatte, entschloß er sich, der Welt gänzlich zu entsagen. Er vertheilte seine Güter unter die Armen und weihte sich ganz dem Tugendleben; der Ruf seiner Heiligkeit drang bald durchs ganze Morgenland und war Ursache, daß ihn die Kirche von Alexandria in Aegypten zu ihrem Hirten erwählte im Jahre 606 (nach But. 608). Kaum hatte er den Patriarchenstuhl bestiegen, als er »seine Herren«, so pflegte er die Armen zu nennen, in der ganzen Stadt aufzeichnen ließ; es fanden sich 7000 an der Zahl, die er Alle unter seinen Schutz nahm, und für deren Bedürfnisse er sorgte. Am Tage seiner Weihe ließ er eine strenge Verordnung ergehen gegen unrechtes Maaß und Gewicht, wodurch nur die Armen benachtheiligt würden; verbot seinen Dienern, irgend ein Geschenk anzunehmen, und gestattete von da an jeden Mittwoch und Freitag allgemeinen Zutritt zu ihm, damit ihm Jedermann sein Anliegen vortragen könne. Von den großen Einkünften seiner Kirche errichtete er mehrere Armen- und Wohlthätigkeitsanstalten, sorgte für den Unterhalt des Klerus und zu gering dotirter Bischöfe und behielt für sich nicht einmal eine ordentliche Bettdecke, sondern gab Alles an die Hilfesuchenden hin. Ein reicher Alexandriner verehrte ihm daher einst eine werthvolle Decke. Aber nur eine einzige Nacht bediente sich der Patriarch dere selben; denn er konnte nicht schlafen, gefoltert von dem Gedanken an so viele Unglückliche und im Elende Schmachtende, denen Alles abgehe, während er so reichlich und vornehm ruhe. Des andern Tages ließ er die Decke verkaufen und das Geld den Armen geben. Noch zweimal machte jener Reiche, derdie Decke selbst immer kaufte, dem Heiligen ein Geschenk damit, und noch zweimal verkaufte sie dieser und sagte zuletzt: »Wir wollen doch sehen, wer von uns Beiden ermüden wird.« Indeß beschränkte der hl. Patriarch seine Liebe nicht blos auf sein Bisthum, sondern verbreitete seine Wohlthaten über unendlich viele unglückliche Unterthanen des morgenländischen Reiches, die sich nach Aegypten geflüchtet hatten, um der Wuth der Perser zu entgehen. Er ließ auch nach Jerusalem, welches von Ungläubigen ganz ausgeplündert worden, beträchtliche Geldsummen, große Wein-und Getreideladungen nebst anderm Bedarf zur Unterstützung der Nothleidenden abgehen, wobei er zugleich ägyptische Handwerksleute zur Wiedererbauung der Kirchen mitschickte. Ebenso gab er zwei Bischöfen und einem Abte nebst einem andern frommen Manne den Auftrag, sich nach Persien zu begeben, um dort die Gefangenen loszukaufen. So viele Liebeswerke erheischten offenbar auch außerordentliche Mittel, zu denen ihm aber die göttliche Vorsehung oft gegen alle menschliche Berechnung immer wieder neue Quellen eröffnete. Auf Vorstellungen über zu große Mildthätigkeit erwiderte er: »Wenn Andere ihr Blut für Menschen vergossen haben, soll ich nicht gerne wenigstens Almosen geben?« Auch kannte seine übergroße Milde nicht sobald eine Schranke in seiner Wohlthätigkeit. Nachforschungen über die Verhältnisse des Bittenden, über seine Würdigkeit, über die Angemessenheit einer Hilfe stellte er nicht leicht an. Als daher einst auch Solche um ein Almosen sich einstellten, welche goldenen Schmuck an sich trugen, und die mit der Spende beauftragten Diener ihm dieses anzeigten, sprach er: »Wollt ihr des demüthigen Johannes, ja, wollt ihr Christi Spender seyn, so leistet ohne diesen Spähersinn dem göttlichen Befehle Folge: ›Gib einem Jeden, der dich bittet.‹« (Luk. 6, 30.) Treffend vergleicht ihn daher der Metaphrast (von dem die Bollandisten gleichfalls ein Leben des hl. Patriarchen mittheilen, das sie an ein von dem Bischofe Leontius von Neapolis auf Cypern nach dem mündlichen Zeugnisse des Mennas, der beim hl. Patriarchen Hausmeister war, verfaßtes Leben anschließen) mit dem Nil, dem wohlthätigen Flusse des Landes, über welches der Heilige seinen Segen verbreitete. Ganz besonders zeichnete sich Johannes als Friedensstifter aus. Ein vornehmer Alexandriner wollte sich nicht herbeilassen, mit seinem Feinde Frieden zu stiften. Der Heilige ließ idn zu sich kommen, zog sich mit ihm und einem einzigen Diener zur Neffe in seine Hauskapelle zurück, las die hl. Messe bis zu den Worten des Pater noster: Dimitte nobis debita nostra..., ließ diese aber den Feindseligen allein sagen und kehrte sich dann um mit den Worten: »Sieh, was du sagst in dieser ernsten Stunde!« So war der Friede wieder hergestellt. Wie sehr er selbst den Frieden liebte, davon gab er vielfache Beweise. Einst war er gegen einen angesehenen Mann, Namens Niketas, im gerechten Zorne entbrannt. Als es Abend wurde, schickte Johannes einen Priester an ihn und ließ ihm sagen: »Verehrter Herr! die Sonne ist im Untergehen.« Niketas begriff diese Mahnung, eilte zum hl. Johannes, und Beide versöhnten sich noch vor Sonnen-Untergang mit einander. Liebloses Urtheil, Ohrenbläserei etc. fand bei dem Heiligen keine Huld; falsche Angebereien ließ er an denen, die sie verübten, gerade so strafen, als im Gegenfalle der Angeklagte gestraft worden wäre. Strenge wachte der hl. Patriarch über die Rechtgläubigkeit seiner Bisthumsangehörigen und über würdige Abhaltung des Gottesdienstes. Man dürfe, lehrte er, nie in eine Gemeinschaft mit den Häretikern sich einlassen, wenn man auch, durch die Lage der Noth von der Gemeinschaft der katholischen Kirche abgeschnitten, dann alles gemeinsamen Verbandes lebenslänglich beraubt seyn sollte, ja sogar sterben müßte, gleichwie eine Gattin, weil der Gatte abwesend ist, nicht einen andern heiraten darf. Als er eines Tages vernahm, daß mehrere Personen nach Verlesung des Evangeliums aus der Kirche gingen, um sich draußen zu unterhalten, ging er ihnen nach, setzte sich mitten unter dieselben und sagte zu den Betroffenen: »Wo die Schafe sind, muß auch der Hirt seyn« –, und damit war auch der Mißbrauch bald abgestellt. – Als die Perser Alexandria bedrohten, lud der dortige Statthalter Niketas den Heiligen ein, mit ihm nach Constantinopel zum Kaiser zu reisen; allein in Rhodus hatte der Patriarch ein Gesicht, das ihm seinen nahen Tod verkündete. Er begab sich daher nach Cypern und starb darauf zu Amathunt am 11. Nov. 616 (nach But. 619), also nicht zu Alexandria, wo er sein Grab sich hatte zubereiten und bei gewissen Feierlichkeiten sich hatte zurufen lassen: »Herr, dein Grab ist unvollendet, laß es ausführen; denn du weißt nicht, wann der Dieb kommen wird.« Der Leib des heil. Patriarchen wurde in der Folge nach Constantinopel gebracht, wo er lange aufbewahrt wurde; da schenkte ihn der türkische Sultan dem Könige von Ungarn, Mathias Hunniad, der ihn in seiner Hofkapelle zu Ofen (Buda) beisetzte. Im J. 1530 wurde er nach Tall bei Preßburg (Posonium) und im J. 632 in die Kathedrale von Preßburg übersetzt. Ein Bein des rechten Armes befand sich bei den Eremiten vom hl. Paulus zu Neustadt in Oesterreich. Der ganze linke Arm fehlt, wie auch ein Theil vom rechten. Kaiser Matthias bekam einen Finger auf seine Bitte zum Geschenke und gab ihn in das Profeßhaus der Jesuiten zu Wien. Eine Partikel von der Haut dieses Fingers erhielt im J. 1631 der Abt zu Lissies (Laetium) im Hennegau. Einige Reliquien von ihm, z.B. ein Finger, kamen am 25. Jänner 1587 (Jan. II. 612) nach Lissabon. – Johannes war der vorletzte katholische Patriarch von Alexandria. Die Griechen verehren ihn am 23. Jan., auf welchen Tag die Uebertragung seiner Reliquien gesetzt wird, sowie auch am 12. Nov. Das Mart. Rom. gedenkt seiner gleichfalls am 23. Jan. Bei Butler (II. 241) findet sich seine Lebensbeschreibung am 30. Jan. Die Griechen verehren ihn, wie gesagt, auch am 12. Nov., obwohl der Heilige am 11. Nov. starb, weil sie nämlich an diesem letzten Tage den heil. Mennas feiern. Einige Martyrologien nennen ihn am 13. Juli. Auf bildlichen Darstellungen trägt St. Johannes einen Beutel in der Hand, seine Freigebigkeit anzeigend. Zu bemerken ist noch, daß die Johanniter oder Malteser, auch »Hospitaliter« genannt, obwohl nicht von diesem hl. Johannes gestiftet, doch ursprünglich von ihm als ihrem vorzüglichsten Patrone den Namen erhielten, weil nach den zuverlässigsten und ältesten Quellen, nämlich nach V. Jacobus53 und Guilielmus45, die Kapelle ihres Hospitals in Jerusalem unserm Heiligen geweiht war. Einige Spätere wollten, wie die Bollandisten versichern, mit Unrecht, dem hl. Johannes dem Täufer das Patronat jener Kapelle zuschreiben. In der Folge bekannten sich dann allerdings die Ritter zu dem hl. Johannes dem Täufer als ihrem Patrone, da dieser Heilige bekannter und angesehener ist, und bei veränderter Richtung des Ordens auch der ursprüngliche Patron nicht mehr so nahe lag. Außer den zwei schon genannten Leben des Heiligen schrieben ein solches die beiden mit einander innig verbundenen Männer Johannes Moschus, der bekannte Verfasser des »pratum spirituale«, und der hl. Sophronius, der nachmal. Patriarch von Jerusalem; doch ist es nach den Bollandisten zweifelhaft, ob diese Lebensbeschreibung noch irgendwo vorhanden sei, jedenfalls sei sie nie herausgegeben worden. Beide waren die Freunde des hl. Patriarchen Johannes und unterstützten ihn besonders gegen die Ketzer mit ihrem weisen Beirathe. (II. 495–535.)



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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