Vincentius Lerin, S. (22)

Vincentius Lerin, S. (22)

22S. Vincentius Lerin. Conf. (24. al. 26., 28. Mai, 18. Nov.) Der hl. Vincentius von Lerinum wird von Einigen als Bruder des hl. Bischofes Lupus von Troyes ausgegeben; hienach wäre er zu Toul im heutigen Lothringen geboren. Geschichtliche Anhaltspunkte gibt es für diese Annahme nicht. Wir kennen ihn nur als Mönch und Priester zu Lerinum, wo er um das Jahr 434 sein berühmtes Buch: commonitorium adv. Haer. (Gedenkschrift oder Warnung gegen die Ketzereien) herausgab. Aus demselben lernen wir aber den heiligen Mann und dessen Grundsätze besser kennen, als aus der ausführlichsten Lebensbeschreibung, weßhalb wir aus mehrfachen Gründen einen zum großen Theile wörtlichen Auszug aus demselben nicht unterlassen dürfen. Wo er geboren war, welchem Beruf er sich ursprünglich gewidmet hatte, ist unbekannt. Auch daß er früher Soldat gewesen, wie Manche behauptet haben, ist ungewiß. Er nennt sich selbst einen Fremdling, der dem Kriegsdienste dieser Welt entflohen, allen Eitelkeiten und vergänglichen Vergnügungen, die er als traurige Verirrungen beklagt, Lebewohl gesagt habe, um dem Dienste Christi, als einer seiner geringsten Diener in der Einsamkeit des Klosters zu obliegen. Hier studirte, schrieb und betete er mit allem Eifer für das Heil seiner Seele, für die Verbreitung und die Einheit des Glaubens, für die Bekehrung der Ketzer und Sünder. Aus seiner Schrift klingt als Grundton die Ueberzeugung: wer nicht der katholischen Kirche und dem reinen unverfälschten Glauben anhängt, welchen sie lehrt, leidet ewigen Schaden. Da nun zu seiner Zeit die Wunden, welche die seit Arius entstandenen Ketzereien der Kirche Gottes geschlagen hatten, jeden Tag neu aufgerissen werden konnten, beschrieb er zunächst zu seiner eigenen Belehrung und beständigen Erinnerung die Merkmale, an welchen man die Wahrheit des kathol. Glaubens und die falschen Lehren der Häretiker gleichsam wie an einer sichern und allgemeinen Regel erkennt, und bediente sich dabei des Rathes und der Beihilfe der frömmsten und gelehrtesten Männer seiner Zeit. Die von ihm aufgestellte Regel, um die Trugschlüsse der Ketzer aufzufinden, ihre Schlingen zu vermeiden, und im Glauben rein und unversehrt zu verharren, ist zweifach: man muß sich erstens nach den Aussprüchen des göttlichen Gesetzes und zweitens nach der überlieferten Lehre (traditio) der kath. Kirche richten (Cap. 1.) Der Canon der heil. Schriften für sich allein, setzt er (Cap. 2.) hinzu, kann nicht Glaubensregel sein, weil dieselben verschiedener Auslegung unterliegen, und die Ketzer, die hierin den Marktschreiern und Giftmischern ähnlich sind, die Gewohnheit haben, haufenweise Schrifttexte auch für ihre falschen Behauptungen anzuführen, um dieselben annehmbar zu machen, wofür er zahlreiche Beispiele aus seiner Zeit namhaft macht. Nur die Auslegung durch die Kirche, als einer Autorität, welcher Niemand widersprechen kann, sichert das rechte Verständniß der heil. Schriften. Da jedoch in der Kirche selbst zu seiner Zeit über manche wichtige Fragen, hinsichtlich welcher die Kirche nicht endgiltig entschieden (definirt) hatte, noch Streitigkeiten obwalteten, fügt er (Cap. 3) hinzu: »Man muß mit großer Mühe darauf bedacht sein, zu ergreifen und festzuhalten, was immer, was überall, was von Allen geglaubt worden ist. Was die Gesammtheit festhält, ist wahrhaft und zuverlässig katholisch, wie der Name selbst erkennen läßt. Also werden wir katholisch sein, wenn wir der Gesammtheit, dem Alterthum und der Gemeinsamkeit folgen. Der Gesammtheit folgen wir, wenn wir nur allein denjenigen Glauben als den wahren bekennen, welchen die ganze auf dem Erdkreise verbreitete Kirche bekennt; dem Alterthume, wenn wir an der Auslegung festhalten, welche unsere Heiligen und die Altväter unsers Glaubens in klarer Weise gegeben haben; der Gemeinsamkeit folgen wir, wenn wir bei Erforschung des Alterthumes dasjenige suchen, was alle heiligen Priester und Lehrer, oder doch fast alle, als Glaubenswahrheit erklärt haben.« Wie aber, wenn auch diese Regel nicht mehr Stich hält, und die Spaltung so groß wird, daß die ganze Kirche davon ergriffen ist? oder wenn das Alterthum, weil die aufgeworfene Frage völlig neu ist, keine Antwort zu ertheilen vermag? In diesem Falle bleiben die Concilien, welche wie der siebenarmige Leuchter im jüdischen Tempel, die sieben Gaben des heil. Geistes ausstrahlen, und den Spätern eine vollkommen klare Entscheidung geben, die sichern Zeugen des von Alters her überlieferten Glaubens. (Cap. 4–9.) Umgekehrt sind Neuerungen, wo sie immer auftauchen mögen, sichere Kennzeichen des Irrthumes, besonders wenn sie den Entscheidungen des apostolischen Stuhles sich entgegen stellen. Selbst Beschlüsse von Particular-Concilien haben hiegegen nichts zu bedeuten. (Cap. 10.) Wer aber mittelst Verkündung neuer Lehren vom katholischen Glauben wissentlich abweicht, ist ein Ketzer, und wer die ketzerische Lehre glaubt und verkündet, was Gott zur Prüfung der Rechtgläubigen manchmal zuläßt, kann nicht selig werden. Wenn also was immer für eine wichtige neue Frage auftaucht, so darf sie nicht nach eigenem Ermessen entschieden, sondern muß nach dem Ausspruche des göttlichen Gesetzes auf Entscheidung des kirchlichen Lehramtes endgiltig behandelt werden (cui tamen non ingenio proprio, sed divinae legis autoritate, ecclesiastici magisterio documento satisfaciendum est). Nachdem der Heilige die hauptsächlichsten Ketzereien und Ketzer der ältern und seiner Zeit aufgezählt hat, weist er (Cap. 23) noch darauf hin, daß auch gelehrte, im Dienste der Kirche ergraute und bisher hoch angesehene Männer noch in den letzten Jahren ihres Lebens zu einer Secte abfallen, oder eine Ketzerei aufrichten können (ein trauriges Beispiel liegt in unserer Zeit leider so nahe); hiebei müsse man sich merken, daß alle wahren Katholiken diese Lehrer gerne annehmen, so lange sie mit der katholischen Kirche vereinigt sind, aber niemals diese Kirche verlassen dürfen, wenn die Lehrer es thun. Auch über den Fortschritt oder besser die Fortbildung des Glaubensinhaltes spricht er mit dankenswerther und äußerst lehrreicher Ausführlichkeit, und sagt unter Anderm, daß unser Glaube ein Monstrum wäre, wenn er außer den in der ursprünglichen Offenbarung enthaltenen Wahrheiten auch andere von Menschen erdachte Meinungen als Glaubenswahrheiten in sich aufnehmen würde, wie der Mensch, welchem außer den ursprünglich seiner Natur zugehörigen Gliedern noch andere hinzuwachsen würden. Was aber schon damals die Neuerer an den Beschlüssen der Concilien ausstellten, daß sie bisher unerhörte »neue Dogmen« verkündeten, weist er mit Entschiedenheit zurück: wenn auch die Ausdrücke neu klingen, so sei in denselben doch nur der alte, unveränderte Glaubensinhalt zum bessern Verständnisse gebracht, und was bisher nur in der Ueberlieferung verschlossen war, durch schriftliche Feststellung zum Dogma erhoben. Es ist in der That eine grotze Unverschämtheit der jüngsten Glaubensneuerer gewesen, daß sie es wagten, diesen hl. Vincentius so zu sagen zu ihrem Vormanne zu machen, indem sie seine Worte: »Was immer, was überall, was von Allen« ihres ursprünglichen Sinnes entkleideten, und von den übrigen Ausführungen des hl. Lehrers, besonders von seinen Hinweisungen auf die Entscheidungen der Concilien so gut wie keine Notiz nahmen. Setzen wir hinzu, daß derselbe von den jeweiligen Aussprüchen des hl. Stuhles mit größter Ehrfurcht redet, und sie höher stellt, als die Aussprüche von Particular-Concilien; daß er die Ehre und das Lob der heil. Gottesmutter Maria mit großem Enthusiasmus verkündet; daß er überall seine Schrifterklärung mit den Aussprüchen der heiligen Väter verbindet und erhärtet, so steht sein Bild als eines der größten Bekenner und Vertheidiger des kathol. Glaubens so ehrwürdig vor uns da, daß wir die Verdächtigung der Lutheraner und Jansenisten, er habe der Semipelagianischen Secte zugeneigt, einer Berücksichtigung nicht mehr werth halten dürfen. Sein Todesjahr ist nicht bekannt, fällt aber noch in die erste Hälfte des 5. Jahrh. Die Proprien von Frejus und Nancy feiern sein Andenken am 28., das Mart. Rom. und die übrigen am 24. Mai.



http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.

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