- Leonardus, S. (4)
4S. Leonardus, (15. Oct. al. 26. Nov.), ein Bekenner und Abt zu Corbigny (Corbiniacum) der Diöcese Autun (Augustodunum), welcher oft mit seinem Zeitgenossen, dem hl. Eremiten Leonardus5 von Limoges, verwechselt wurde, war im Lande der Tongern geboren, verließ aber aus Liebe zu Gott sein Vaterland und wanderte an einen einsamen Ort in der Diöcese Mans (in Cenomanensium ditione), wo er sich an der Sarte niederließ und vom hl. Bischof Innocentius von Mans unterstützt, ein Kloster erbaute, das den Namen Vandoeuvre (Vendopera) de Bois erhielt. Es gesellten sich viele Männer zu ihm, welche unter seiner Leitung leben wollten. Beim Bau des Klosters und der Kirche, welche zur Ehre des hl. Apostels Petrus eingeweiht wurde, fehlten weder den Mönchen noch den Arbeitern das Brod und die nothwendigen Lebensmittel, obschon kein Brod daselbst gebacken, und nicht einmal ein Backofen errichtet worden war; denn die gottesfürchtigen Nachbarn brachten Alles im Ueberfluß herbei. Als nach 3 Jahren der Bau vollendet war, strömten viele Edle und Unedle herbei, die ihre Besitzungen verkauft, den Erlös den Armen gegeben hatten und, was ihnen noch übrig geblieben, dem hl. §eonardus brachten, um in Gemeinschaft mit ihm unter der hl. Regel zu leben. Wegen dieses großen Zuflusses ward aber der hl. Abt beim König Chlotar I. angeklagt, als berede er die Kinder und Diener, ihre Eltern und Dienstherrn zu verlassen und sich seinem Dienste zu ergeben. Der König schickte nun Commissäre (Apocrisiarios) nach Vendoeuvre, um die Sache zu untersuchen. Bei ihrer Ankunft war io eben auch ein Jüngling aus edlem Geschlechte, der zum Kriegsdienste tauglich gewesen wäre, erschienen, der aus Neigung zu einem gemeinschaftlichen, religiösen Leben sein Hab und Gut verkauft, den größern Theil davon den Armen gegeben und das Uebrige zu den Füßen des hl. Leonardus niedergelegt hatte. Als die königlichen Gesandten dieses sahen, sprachen sie untere einander: »Nun sehen wir es selbst, daß das, was man dem Könige über diesen Sklavenmäckler (de mangone) berichtet hat, sich wirklich so verhält«. »Warum«, redeten sie den hl. Leonardus an, »vernichtest du das Frankreich, und beredest du die Leute, das Ihrige zu verachten und dem Könige seine Soldaten zu entziehen?« Leonardus erwiederte: »Ich entziehe dem Könige seine Soldaten nicht, noch zerstöre ich das Frankreich, wohl aber lehre ich die Menschen, ihren Besitz gering zu achten«. Die Abgeordneten aber sagten hierauf: »Folgt dir und deinen Gefährten nicht schon die ganze Landschaft nach, und wenn ihr es so forttreibt, so wird euch bald das ganze Königreich Clothars angehören«. Leonardus antwortete: »Dieses Reich gehört unserm Herrn Christus, der uns durch sein eigenes Blut erlöst hat«. Ihm erwiederten hierauf dir Gesandten: »Gehört dieses Reich nicht auch unserm Herrn90 Chlothar?« Gern hätte sie den Heiligen in ihren Reden fangen mögen; aber ihre Geschosse der Hinterlist prallten an dem Schilde der Wahrheit ab. »O liebste Brüder!« sprach er, »habt ihr nicht gelesen, daß der Herr zu Einem sprach: ›Gehe hin, verkaufe Alles, was du hast, und gib es den Armen, und komm' und folge mir nach.‹ Und anderswo sagt die Wahrheit: ›Wer immer Vater, Mutter, Weib und Kinder, Brüder, Schwestern, Häuser oder Aecker um meinetwillen verläßt, wird es hundertfach erhalten, und das ewige Leben besitzen.‹ Wenn ich also predige und lehre, was unser Herr Jesus Christus zu lehren befohlen hat, was klaget ihr mich nun an?« Auf diese Worte hin wußten die Commissäre nichts zu erwiedern. Sie statteten dem König treuen Bericht ab über das, was sie gesehen und gehört hatten. Clothar dankte Gott dafür und ließ dem Heiligen namhafte Geschenke überbringen, und so geschah es, daß sich sein Kloster immer mehr erweiterte. Der hl. Leonardus war sehr beredt und sehr belesen in der hl. Schrift. Sehr Vieles hielt auf ihn der hl. Bischof Domnolus, der Nachfolger des hl. Innocentius auf dem Stuhle zu Mans, der ihn eigens in einer Angelegenheit zu seinem Freunde, dem hl. Bischof Germanus, nach Paris schickte. – Der hl. Leonardus erreichte ein hohes Alter. Er starb unter der Regierung Chilperichs zmischen den Jahren 565–570 und ward vom Bischofe Domnolus in seinem Kloster begraben. Bei seiner Begräbniß erhielten mehrere Blinde, welche den Sarg berührten, das Gesicht. – Der hl. Leib ruhte beinahe 300 Jahre zu Vandoeuvre, wurde aber dann nach Corbigny in der Diöcese Autun übertragen, welche Abtei auch später den Namen des Heiligen erhielt. Dort wird das Fest des Heiligen, wahrscheinlich zum Gedächtniß der Translation am 26. Nov. feierlich begangen. Dieser hl. Leonardus wird bildlich dargestellt im Klostergewande von einer Schlange umwickelt; dennsein Leben berichtet, daß während der Heilige in seiner Zelle betete, eine Schlange an ihm hinaufkroch, die ihn aber durchaus nicht beschädigte, ja nicht einmal im Gebete störte, wohl aber alsbald todt aus seinem Busen fiel. Von dort ansei das Kloster von keiner Schlange mehr heimgesucht worden. Im Mart. Rom. ist sein Name nicht enthalten. Die Bollandisten behandeln ihn am 15. Oct. (VII. 45–49).
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858. 1858.